Am Cammergerichte fehlt es seitdem nicht an Beyspielen, daß Sachen dieser Art von da an den Reichstag verwiesen sind. Vom Reichs- hofrathe ist meines Wissens noch kein Fall vor- gekommen. Und doch sollte man da wohl erwar- ten können, daß die sechs evangelischen Reichs- hofräthe mehrmalen Ursache gehabt haben möchten, sich der Mehrheit der übrigen Stimmen zu wider- setzen. Es mag aber auch hier wohl seltener vor- kommen, daß von den sechs evangelischen Reichs- hofräthen nicht einer oder der andere den Stimmen der übrigen beytreten sollte. Oder man sucht viel- leicht auch sonst zwischen beiderley Meynungen eine Vereinigung zu treffen; wo nicht die Sache gar liegen bleibt, und also gar keinen Ausgang gewinnt.
X.
Endlich kam noch bey Gelegenheit des Reichs- hofraths in den Friedenshandlungen vor, daß, wenn ehedem auch wichtige Sachen vom Kaiser außer dem Cammergerichte zur Erörterung genommen wären, solches mit Zuziehung einer gewissen An- zahl Fürsten geschehen sey, wie Max der I. in der Baiern-Landshutischen Erbfolgssache noch ein solches Fürstenrecht gehalten, auch selbst Rudolf der II. noch 1580. bey Entscheidung eines Streits zwi- schen dem Churfürsten von Trier und der Stadt Trier ein Gutachten der Churfürsten erfordert hat- te (w). Dieses Herkommen ließ sich allerdings nicht widersprechen; die kaiserlichen Minister tha- ten also auch nicht, als wenn sie dasselbe bey Seite setzen oder entkräften wollten. Sie schienen
viel-
(w)Hontheimhist. Treuir. diplom. tom. 3. p. 132.
VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
IX.
Am Cammergerichte fehlt es ſeitdem nicht an Beyſpielen, daß Sachen dieſer Art von da an den Reichstag verwieſen ſind. Vom Reichs- hofrathe iſt meines Wiſſens noch kein Fall vor- gekommen. Und doch ſollte man da wohl erwar- ten koͤnnen, daß die ſechs evangeliſchen Reichs- hofraͤthe mehrmalen Urſache gehabt haben moͤchten, ſich der Mehrheit der uͤbrigen Stimmen zu wider- ſetzen. Es mag aber auch hier wohl ſeltener vor- kommen, daß von den ſechs evangeliſchen Reichs- hofraͤthen nicht einer oder der andere den Stimmen der uͤbrigen beytreten ſollte. Oder man ſucht viel- leicht auch ſonſt zwiſchen beiderley Meynungen eine Vereinigung zu treffen; wo nicht die Sache gar liegen bleibt, und alſo gar keinen Ausgang gewinnt.
X.
Endlich kam noch bey Gelegenheit des Reichs- hofraths in den Friedenshandlungen vor, daß, wenn ehedem auch wichtige Sachen vom Kaiſer außer dem Cammergerichte zur Eroͤrterung genommen waͤren, ſolches mit Zuziehung einer gewiſſen An- zahl Fuͤrſten geſchehen ſey, wie Max der I. in der Baiern-Landshutiſchen Erbfolgsſache noch ein ſolches Fuͤrſtenrecht gehalten, auch ſelbſt Rudolf der II. noch 1580. bey Entſcheidung eines Streits zwi- ſchen dem Churfuͤrſten von Trier und der Stadt Trier ein Gutachten der Churfuͤrſten erfordert hat- te (w). Dieſes Herkommen ließ ſich allerdings nicht widerſprechen; die kaiſerlichen Miniſter tha- ten alſo auch nicht, als wenn ſie daſſelbe bey Seite ſetzen oder entkraͤften wollten. Sie ſchienen
viel-
(w)Hontheimhiſt. Treuir. diplom. tom. 3. p. 132.
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VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
Am Cammergerichte fehlt es ſeitdem nicht an
Beyſpielen, daß Sachen dieſer Art von da an
den Reichstag verwieſen ſind. Vom Reichs-
hofrathe iſt meines Wiſſens noch kein Fall vor-
gekommen. Und doch ſollte man da wohl erwar-
ten koͤnnen, daß die ſechs evangeliſchen Reichs-
hofraͤthe mehrmalen Urſache gehabt haben moͤchten,
ſich der Mehrheit der uͤbrigen Stimmen zu wider-
ſetzen. Es mag aber auch hier wohl ſeltener vor-
kommen, daß von den ſechs evangeliſchen Reichs-
hofraͤthen nicht einer oder der andere den Stimmen
der uͤbrigen beytreten ſollte. Oder man ſucht viel-
leicht auch ſonſt zwiſchen beiderley Meynungen
eine Vereinigung zu treffen; wo nicht die Sache
gar liegen bleibt, und alſo gar keinen Ausgang
gewinnt.
Endlich kam noch bey Gelegenheit des Reichs-
hofraths in den Friedenshandlungen vor, daß, wenn
ehedem auch wichtige Sachen vom Kaiſer außer
dem Cammergerichte zur Eroͤrterung genommen
waͤren, ſolches mit Zuziehung einer gewiſſen An-
zahl Fuͤrſten geſchehen ſey, wie Max der I. in der
Baiern-Landshutiſchen Erbfolgsſache noch ein ſolches
Fuͤrſtenrecht gehalten, auch ſelbſt Rudolf der II.
noch 1580. bey Entſcheidung eines Streits zwi-
ſchen dem Churfuͤrſten von Trier und der Stadt
Trier ein Gutachten der Churfuͤrſten erfordert hat-
te (w). Dieſes Herkommen ließ ſich allerdings
nicht widerſprechen; die kaiſerlichen Miniſter tha-
ten alſo auch nicht, als wenn ſie daſſelbe bey
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/152>, abgerufen am 21.11.2024.
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