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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VII. Neuere Zeit. Westph. Fr. 1648.

IX.

Am Cammergerichte fehlt es seitdem nicht an
Beyspielen, daß Sachen dieser Art von da an
den Reichstag verwiesen sind. Vom Reichs-
hofrathe ist meines Wissens noch kein Fall vor-
gekommen. Und doch sollte man da wohl erwar-
ten können, daß die sechs evangelischen Reichs-
hofräthe mehrmalen Ursache gehabt haben möchten,
sich der Mehrheit der übrigen Stimmen zu wider-
setzen. Es mag aber auch hier wohl seltener vor-
kommen, daß von den sechs evangelischen Reichs-
hofräthen nicht einer oder der andere den Stimmen
der übrigen beytreten sollte. Oder man sucht viel-
leicht auch sonst zwischen beiderley Meynungen
eine Vereinigung zu treffen; wo nicht die Sache
gar liegen bleibt, und also gar keinen Ausgang
gewinnt.


X.

Endlich kam noch bey Gelegenheit des Reichs-
hofraths in den Friedenshandlungen vor, daß, wenn
ehedem auch wichtige Sachen vom Kaiser außer
dem Cammergerichte zur Erörterung genommen
wären, solches mit Zuziehung einer gewissen An-
zahl Fürsten geschehen sey, wie Max der I. in der
Baiern-Landshutischen Erbfolgssache noch ein solches
Fürstenrecht gehalten, auch selbst Rudolf der II.
noch 1580. bey Entscheidung eines Streits zwi-
schen dem Churfürsten von Trier und der Stadt
Trier ein Gutachten der Churfürsten erfordert hat-
te (w). Dieses Herkommen ließ sich allerdings
nicht widersprechen; die kaiserlichen Minister tha-
ten also auch nicht, als wenn sie dasselbe bey
Seite setzen oder entkräften wollten. Sie schienen

viel-
(w) Hontheim hist. Treuir. diplom. tom.
3. p.
132.
VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.

IX.

Am Cammergerichte fehlt es ſeitdem nicht an
Beyſpielen, daß Sachen dieſer Art von da an
den Reichstag verwieſen ſind. Vom Reichs-
hofrathe iſt meines Wiſſens noch kein Fall vor-
gekommen. Und doch ſollte man da wohl erwar-
ten koͤnnen, daß die ſechs evangeliſchen Reichs-
hofraͤthe mehrmalen Urſache gehabt haben moͤchten,
ſich der Mehrheit der uͤbrigen Stimmen zu wider-
ſetzen. Es mag aber auch hier wohl ſeltener vor-
kommen, daß von den ſechs evangeliſchen Reichs-
hofraͤthen nicht einer oder der andere den Stimmen
der uͤbrigen beytreten ſollte. Oder man ſucht viel-
leicht auch ſonſt zwiſchen beiderley Meynungen
eine Vereinigung zu treffen; wo nicht die Sache
gar liegen bleibt, und alſo gar keinen Ausgang
gewinnt.


X.

Endlich kam noch bey Gelegenheit des Reichs-
hofraths in den Friedenshandlungen vor, daß, wenn
ehedem auch wichtige Sachen vom Kaiſer außer
dem Cammergerichte zur Eroͤrterung genommen
waͤren, ſolches mit Zuziehung einer gewiſſen An-
zahl Fuͤrſten geſchehen ſey, wie Max der I. in der
Baiern-Landshutiſchen Erbfolgsſache noch ein ſolches
Fuͤrſtenrecht gehalten, auch ſelbſt Rudolf der II.
noch 1580. bey Entſcheidung eines Streits zwi-
ſchen dem Churfuͤrſten von Trier und der Stadt
Trier ein Gutachten der Churfuͤrſten erfordert hat-
te (w). Dieſes Herkommen ließ ſich allerdings
nicht widerſprechen; die kaiſerlichen Miniſter tha-
ten alſo auch nicht, als wenn ſie daſſelbe bey
Seite ſetzen oder entkraͤften wollten. Sie ſchienen

viel-
(w) Hontheim hiſt. Treuir. diplom. tom.
3. p.
132.
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[110/0152] VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648. Am Cammergerichte fehlt es ſeitdem nicht an Beyſpielen, daß Sachen dieſer Art von da an den Reichstag verwieſen ſind. Vom Reichs- hofrathe iſt meines Wiſſens noch kein Fall vor- gekommen. Und doch ſollte man da wohl erwar- ten koͤnnen, daß die ſechs evangeliſchen Reichs- hofraͤthe mehrmalen Urſache gehabt haben moͤchten, ſich der Mehrheit der uͤbrigen Stimmen zu wider- ſetzen. Es mag aber auch hier wohl ſeltener vor- kommen, daß von den ſechs evangeliſchen Reichs- hofraͤthen nicht einer oder der andere den Stimmen der uͤbrigen beytreten ſollte. Oder man ſucht viel- leicht auch ſonſt zwiſchen beiderley Meynungen eine Vereinigung zu treffen; wo nicht die Sache gar liegen bleibt, und alſo gar keinen Ausgang gewinnt. Endlich kam noch bey Gelegenheit des Reichs- hofraths in den Friedenshandlungen vor, daß, wenn ehedem auch wichtige Sachen vom Kaiſer außer dem Cammergerichte zur Eroͤrterung genommen waͤren, ſolches mit Zuziehung einer gewiſſen An- zahl Fuͤrſten geſchehen ſey, wie Max der I. in der Baiern-Landshutiſchen Erbfolgsſache noch ein ſolches Fuͤrſtenrecht gehalten, auch ſelbſt Rudolf der II. noch 1580. bey Entſcheidung eines Streits zwi- ſchen dem Churfuͤrſten von Trier und der Stadt Trier ein Gutachten der Churfuͤrſten erfordert hat- te (w). Dieſes Herkommen ließ ſich allerdings nicht widerſprechen; die kaiſerlichen Miniſter tha- ten alſo auch nicht, als wenn ſie daſſelbe bey Seite ſetzen oder entkraͤften wollten. Sie ſchienen viel- (w) Hontheim hiſt. Treuir. diplom. tom. 3. p. 132.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/152>, abgerufen am 21.11.2024.