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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VIII. Folgen d. Westph. Fr. 1648-1657.
da nicht an Klagen der Bürgerschaft, daß der Stadt-
rath meist aus Personen, die mit einander verwandt
oder verschwägert wären, bestände; daß gemeine
Stadtgüter zum Theil zu Privatvortheilen ver-
wandt würden; daß keine richtige Rechnung ge-
schähe u. s. w. Um alles das hatte bisher selten
ein Landesherr sich mit Nachdruck bekümmern dür-
fen, so lange jede Stadt selbst ihre Wehr und
Waffen hatte, und durch Verbindung mit der
Hanse oder anderen Städten sich in einer gewissen
Unabhängigkeit zu erhalten wußte. Doch diese
Umstände hatten sich nun mit den Zeiten des drey-
ßigjährigen Krieges und Westphälischen Friedens
gar sehr geändert. Viele Städte hatten sich schon
zur Abhängigkeit von ihren Landesherren bequemen
müßen; andere wurden nach und nach noch immer
mehr dazu genöthiget. Und dabey gewannen nun
allerdings viele Städte für ihre innere Aufnahme,
wenn eine billige Landesherrschaft nur in der Absicht,
sie wieder empor zu bringen, sich um ihre innere
Wirthschaft bekümmerte.


XIII.

Unser Göttingen kann selbst davon ein Bey-
spiel abgeben. Erst im Jahre 1664. nahm Her-
zog Christian Ludewig das der Stadt versetzt gewe-
sene Gerichtsschulzenamt, wie auch Zoll, Münze
und Wechsel, nach geschehener Einlösung wieder in
Besitz. Hernach erkannte Herzog Johann Friede-
rich im Jahre 1677. eine Commission über Klage
der Gilden wegen übler Verwaltung der Stadt-
kämmerey, wegen ungleicher Eintheilung der ge-
meinen Beschwerden, wegen schlechter Einrichtung
des Brauwesens, wegen übler Besetzung der Raths-

stellen

VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
da nicht an Klagen der Buͤrgerſchaft, daß der Stadt-
rath meiſt aus Perſonen, die mit einander verwandt
oder verſchwaͤgert waͤren, beſtaͤnde; daß gemeine
Stadtguͤter zum Theil zu Privatvortheilen ver-
wandt wuͤrden; daß keine richtige Rechnung ge-
ſchaͤhe u. ſ. w. Um alles das hatte bisher ſelten
ein Landesherr ſich mit Nachdruck bekuͤmmern duͤr-
fen, ſo lange jede Stadt ſelbſt ihre Wehr und
Waffen hatte, und durch Verbindung mit der
Hanſe oder anderen Staͤdten ſich in einer gewiſſen
Unabhaͤngigkeit zu erhalten wußte. Doch dieſe
Umſtaͤnde hatten ſich nun mit den Zeiten des drey-
ßigjaͤhrigen Krieges und Weſtphaͤliſchen Friedens
gar ſehr geaͤndert. Viele Staͤdte hatten ſich ſchon
zur Abhaͤngigkeit von ihren Landesherren bequemen
muͤßen; andere wurden nach und nach noch immer
mehr dazu genoͤthiget. Und dabey gewannen nun
allerdings viele Staͤdte fuͤr ihre innere Aufnahme,
wenn eine billige Landesherrſchaft nur in der Abſicht,
ſie wieder empor zu bringen, ſich um ihre innere
Wirthſchaft bekuͤmmerte.


XIII.

Unſer Goͤttingen kann ſelbſt davon ein Bey-
ſpiel abgeben. Erſt im Jahre 1664. nahm Her-
zog Chriſtian Ludewig das der Stadt verſetzt gewe-
ſene Gerichtsſchulzenamt, wie auch Zoll, Muͤnze
und Wechſel, nach geſchehener Einloͤſung wieder in
Beſitz. Hernach erkannte Herzog Johann Friede-
rich im Jahre 1677. eine Commiſſion uͤber Klage
der Gilden wegen uͤbler Verwaltung der Stadt-
kaͤmmerey, wegen ungleicher Eintheilung der ge-
meinen Beſchwerden, wegen ſchlechter Einrichtung
des Brauweſens, wegen uͤbler Beſetzung der Raths-

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[204/0246] VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657. da nicht an Klagen der Buͤrgerſchaft, daß der Stadt- rath meiſt aus Perſonen, die mit einander verwandt oder verſchwaͤgert waͤren, beſtaͤnde; daß gemeine Stadtguͤter zum Theil zu Privatvortheilen ver- wandt wuͤrden; daß keine richtige Rechnung ge- ſchaͤhe u. ſ. w. Um alles das hatte bisher ſelten ein Landesherr ſich mit Nachdruck bekuͤmmern duͤr- fen, ſo lange jede Stadt ſelbſt ihre Wehr und Waffen hatte, und durch Verbindung mit der Hanſe oder anderen Staͤdten ſich in einer gewiſſen Unabhaͤngigkeit zu erhalten wußte. Doch dieſe Umſtaͤnde hatten ſich nun mit den Zeiten des drey- ßigjaͤhrigen Krieges und Weſtphaͤliſchen Friedens gar ſehr geaͤndert. Viele Staͤdte hatten ſich ſchon zur Abhaͤngigkeit von ihren Landesherren bequemen muͤßen; andere wurden nach und nach noch immer mehr dazu genoͤthiget. Und dabey gewannen nun allerdings viele Staͤdte fuͤr ihre innere Aufnahme, wenn eine billige Landesherrſchaft nur in der Abſicht, ſie wieder empor zu bringen, ſich um ihre innere Wirthſchaft bekuͤmmerte. Unſer Goͤttingen kann ſelbſt davon ein Bey- ſpiel abgeben. Erſt im Jahre 1664. nahm Her- zog Chriſtian Ludewig das der Stadt verſetzt gewe- ſene Gerichtsſchulzenamt, wie auch Zoll, Muͤnze und Wechſel, nach geſchehener Einloͤſung wieder in Beſitz. Hernach erkannte Herzog Johann Friede- rich im Jahre 1677. eine Commiſſion uͤber Klage der Gilden wegen uͤbler Verwaltung der Stadt- kaͤmmerey, wegen ungleicher Eintheilung der ge- meinen Beſchwerden, wegen ſchlechter Einrichtung des Brauweſens, wegen uͤbler Beſetzung der Raths- ſtellen

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/246>, abgerufen am 24.11.2024.