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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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1) Anfang des beständ. Reichst.
sitzen sollten, wann jene auf rothen saßen. End-
lich brachten die Fürsten es doch dahin, daß über-
all nur grüne Stühle gesetzt wurden. Als das
zum erstenmal geschah, erschien ein churfürstlicher
Gesandter mit einem rothen Mantel, den er wäh-
render Tafel so über den Stuhl zurückfallen ließ,
daß es doch so scheinen konnte, als ob er auf ei-
nem rothbeschlagenen Stuhle säße. Hernach be-
richtete er an seinen Hof, er glaube dadurch doch
den für die churfürstlichen Gesandten bisher herge-
brachten Vorzug gerettet zu haben. -- Eine an-
dere Distinction von der Art wurde darin gesucht,
daß churfürstlichen Gesandten der Stuhl auf den
Teppich gesetzt wurde, worauf der Principalcom-
missarius unter dem Baldachine saß; den fürstli-
chen nur auf den bloßen Boden des Zimmers, bis
endlich vermittelt wurde, daß den fürstlichen Ge-
sandten der Stuhl doch wenigstens noch auf die
Frangen des Teppichs gesetzt werden sollte.

Kam nun vollends noch etwa der Rang zwi-XV.
schen mehreren gebetenen Gästen in Collision, z.
B. zwischen geistlicher und weltlicher Fürsten Ge-
sandten, oder zwischen churfürstlichen Gesandten
vom ersten, und auswärtigen Gesandten vom zwey-
ten Range, oder zwischen Comitialgesandten und
dem Concommissarius, und so zwischen allerseiti-
gen Gemahlinnen; so gab es nicht selten die un-
angenehmsten Verlegenheiten für alle dabey inter-
essirte Theile. Unter andern entstanden selbst
über die Ordnung, in welcher die Gesundheiten
bey Tafel nach der ehemaligen Gewohnheit getrun-
ken werden sollten, große Mißhelligkeiten. Der
kaiserliche Hof ließ selbst einmal (1679.) bey eini-

gen

1) Anfang des beſtaͤnd. Reichst.
ſitzen ſollten, wann jene auf rothen ſaßen. End-
lich brachten die Fuͤrſten es doch dahin, daß uͤber-
all nur gruͤne Stuͤhle geſetzt wurden. Als das
zum erſtenmal geſchah, erſchien ein churfuͤrſtlicher
Geſandter mit einem rothen Mantel, den er waͤh-
render Tafel ſo uͤber den Stuhl zuruͤckfallen ließ,
daß es doch ſo ſcheinen konnte, als ob er auf ei-
nem rothbeſchlagenen Stuhle ſaͤße. Hernach be-
richtete er an ſeinen Hof, er glaube dadurch doch
den fuͤr die churfuͤrſtlichen Geſandten bisher herge-
brachten Vorzug gerettet zu haben. — Eine an-
dere Diſtinction von der Art wurde darin geſucht,
daß churfuͤrſtlichen Geſandten der Stuhl auf den
Teppich geſetzt wurde, worauf der Principalcom-
miſſarius unter dem Baldachine ſaß; den fuͤrſtli-
chen nur auf den bloßen Boden des Zimmers, bis
endlich vermittelt wurde, daß den fuͤrſtlichen Ge-
ſandten der Stuhl doch wenigſtens noch auf die
Frangen des Teppichs geſetzt werden ſollte.

Kam nun vollends noch etwa der Rang zwi-XV.
ſchen mehreren gebetenen Gaͤſten in Colliſion, z.
B. zwiſchen geiſtlicher und weltlicher Fuͤrſten Ge-
ſandten, oder zwiſchen churfuͤrſtlichen Geſandten
vom erſten, und auswaͤrtigen Geſandten vom zwey-
ten Range, oder zwiſchen Comitialgeſandten und
dem Concommiſſarius, und ſo zwiſchen allerſeiti-
gen Gemahlinnen; ſo gab es nicht ſelten die un-
angenehmſten Verlegenheiten fuͤr alle dabey inter-
eſſirte Theile. Unter andern entſtanden ſelbſt
uͤber die Ordnung, in welcher die Geſundheiten
bey Tafel nach der ehemaligen Gewohnheit getrun-
ken werden ſollten, große Mißhelligkeiten. Der
kaiſerliche Hof ließ ſelbſt einmal (1679.) bey eini-

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[267/0309] 1) Anfang des beſtaͤnd. Reichst. ſitzen ſollten, wann jene auf rothen ſaßen. End- lich brachten die Fuͤrſten es doch dahin, daß uͤber- all nur gruͤne Stuͤhle geſetzt wurden. Als das zum erſtenmal geſchah, erſchien ein churfuͤrſtlicher Geſandter mit einem rothen Mantel, den er waͤh- render Tafel ſo uͤber den Stuhl zuruͤckfallen ließ, daß es doch ſo ſcheinen konnte, als ob er auf ei- nem rothbeſchlagenen Stuhle ſaͤße. Hernach be- richtete er an ſeinen Hof, er glaube dadurch doch den fuͤr die churfuͤrſtlichen Geſandten bisher herge- brachten Vorzug gerettet zu haben. — Eine an- dere Diſtinction von der Art wurde darin geſucht, daß churfuͤrſtlichen Geſandten der Stuhl auf den Teppich geſetzt wurde, worauf der Principalcom- miſſarius unter dem Baldachine ſaß; den fuͤrſtli- chen nur auf den bloßen Boden des Zimmers, bis endlich vermittelt wurde, daß den fuͤrſtlichen Ge- ſandten der Stuhl doch wenigſtens noch auf die Frangen des Teppichs geſetzt werden ſollte. Kam nun vollends noch etwa der Rang zwi- ſchen mehreren gebetenen Gaͤſten in Colliſion, z. B. zwiſchen geiſtlicher und weltlicher Fuͤrſten Ge- ſandten, oder zwiſchen churfuͤrſtlichen Geſandten vom erſten, und auswaͤrtigen Geſandten vom zwey- ten Range, oder zwiſchen Comitialgeſandten und dem Concommiſſarius, und ſo zwiſchen allerſeiti- gen Gemahlinnen; ſo gab es nicht ſelten die un- angenehmſten Verlegenheiten fuͤr alle dabey inter- eſſirte Theile. Unter andern entſtanden ſelbſt uͤber die Ordnung, in welcher die Geſundheiten bey Tafel nach der ehemaligen Gewohnheit getrun- ken werden ſollten, große Mißhelligkeiten. Der kaiſerliche Hof ließ ſelbſt einmal (1679.) bey eini- gen XV.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/309>, abgerufen am 24.11.2024.