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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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5) Rkrieg u. Ryßw. Fr. 1685-1697.
schaft zu Ryßwick selbst erkläret habe, daß die Clau-
sel nur von wenigen vom Könige selbst erbauten
und dotirten Kirchen zu verstehen sey.

Nichts desto weniger gab der Kaiser die Rati-XII.
fication hernach dennoch unbedingt von sich, ohne
jener Nachschrift einmal Erwehnung zu thun. Als
aber darüber die Sache selbst zu Regensburg von
neuem zur Sprache kam, gab es zwischen beiden
Religionstheilen so heftige Aeusserungen, daß man
endlich rathsam fand solche beiderseits gegenseitig
zurückzunehmen, und daß doch zuletzt der ganze
Reichstag damals in Unthätigkeit hierüber gerieth.
Das einzige, womit der evangelische Religions-
theil am Ende hingehalten wurde, bestand darin,
daß man wahrscheinlich voraussehen konnte, es
würde nächstens über die Spanische Succession von
neuem zum Kriege mit Frankreich kommen, da
dann der ganze Ryßwickische Friede, und mit dem-
selben auch die Clausel des vierten Artikels von selb-
sten wegfallen würde.

Inzwischen ergab sich aus einem Verzeichnisse,XIII.
das der Französische Gesandte von Chamois (1699.)
zu Regensburg bekannt machte, daß es nicht etwa
nur um die von Frankreich dotirten Kirchen galt,
deren an der Zahl doch nur 29. waren, sondern
um 1922. Orte, deren Religionszustand unter
dem Schutz dieser Clausel verändert wurde. Man
begnügte sich jetzt nicht mit dem buchstäblichen Sinn
der Clausel: die catholische Religion an den resti-
tuirten Orten zu laßen, wie sie jetzt sey; sondern
man zog diese letzteren Worte auf die ganze Zeit
des vorhergegangenen Krieges zurück. Wo auch

in
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. U

5) Rkrieg u. Ryßw. Fr. 1685-1697.
ſchaft zu Ryßwick ſelbſt erklaͤret habe, daß die Clau-
ſel nur von wenigen vom Koͤnige ſelbſt erbauten
und dotirten Kirchen zu verſtehen ſey.

Nichts deſto weniger gab der Kaiſer die Rati-XII.
fication hernach dennoch unbedingt von ſich, ohne
jener Nachſchrift einmal Erwehnung zu thun. Als
aber daruͤber die Sache ſelbſt zu Regensburg von
neuem zur Sprache kam, gab es zwiſchen beiden
Religionstheilen ſo heftige Aeuſſerungen, daß man
endlich rathſam fand ſolche beiderſeits gegenſeitig
zuruͤckzunehmen, und daß doch zuletzt der ganze
Reichstag damals in Unthaͤtigkeit hieruͤber gerieth.
Das einzige, womit der evangeliſche Religions-
theil am Ende hingehalten wurde, beſtand darin,
daß man wahrſcheinlich vorausſehen konnte, es
wuͤrde naͤchſtens uͤber die Spaniſche Succeſſion von
neuem zum Kriege mit Frankreich kommen, da
dann der ganze Ryßwickiſche Friede, und mit dem-
ſelben auch die Clauſel des vierten Artikels von ſelb-
ſten wegfallen wuͤrde.

Inzwiſchen ergab ſich aus einem Verzeichniſſe,XIII.
das der Franzoͤſiſche Geſandte von Chamois (1699.)
zu Regensburg bekannt machte, daß es nicht etwa
nur um die von Frankreich dotirten Kirchen galt,
deren an der Zahl doch nur 29. waren, ſondern
um 1922. Orte, deren Religionszuſtand unter
dem Schutz dieſer Clauſel veraͤndert wurde. Man
begnuͤgte ſich jetzt nicht mit dem buchſtaͤblichen Sinn
der Clauſel: die catholiſche Religion an den reſti-
tuirten Orten zu laßen, wie ſie jetzt ſey; ſondern
man zog dieſe letzteren Worte auf die ganze Zeit
des vorhergegangenen Krieges zuruͤck. Wo auch

in
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. U
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[305/0347] 5) Rkrieg u. Ryßw. Fr. 1685-1697. ſchaft zu Ryßwick ſelbſt erklaͤret habe, daß die Clau- ſel nur von wenigen vom Koͤnige ſelbſt erbauten und dotirten Kirchen zu verſtehen ſey. Nichts deſto weniger gab der Kaiſer die Rati- fication hernach dennoch unbedingt von ſich, ohne jener Nachſchrift einmal Erwehnung zu thun. Als aber daruͤber die Sache ſelbſt zu Regensburg von neuem zur Sprache kam, gab es zwiſchen beiden Religionstheilen ſo heftige Aeuſſerungen, daß man endlich rathſam fand ſolche beiderſeits gegenſeitig zuruͤckzunehmen, und daß doch zuletzt der ganze Reichstag damals in Unthaͤtigkeit hieruͤber gerieth. Das einzige, womit der evangeliſche Religions- theil am Ende hingehalten wurde, beſtand darin, daß man wahrſcheinlich vorausſehen konnte, es wuͤrde naͤchſtens uͤber die Spaniſche Succeſſion von neuem zum Kriege mit Frankreich kommen, da dann der ganze Ryßwickiſche Friede, und mit dem- ſelben auch die Clauſel des vierten Artikels von ſelb- ſten wegfallen wuͤrde. XII. Inzwiſchen ergab ſich aus einem Verzeichniſſe, das der Franzoͤſiſche Geſandte von Chamois (1699.) zu Regensburg bekannt machte, daß es nicht etwa nur um die von Frankreich dotirten Kirchen galt, deren an der Zahl doch nur 29. waren, ſondern um 1922. Orte, deren Religionszuſtand unter dem Schutz dieſer Clauſel veraͤndert wurde. Man begnuͤgte ſich jetzt nicht mit dem buchſtaͤblichen Sinn der Clauſel: die catholiſche Religion an den reſti- tuirten Orten zu laßen, wie ſie jetzt ſey; ſondern man zog dieſe letzteren Worte auf die ganze Zeit des vorhergegangenen Krieges zuruͤck. Wo auch in XIII. P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. U

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/347>, abgerufen am 24.11.2024.