mals zu Augsburg versammelten Churfürsten (1690.) den Vorschlag, für den Herzog Ernst Au- gust zu Hannover und dessen Nachkommenschaft eine neunte Chur zu errichten; womit zugleich der Vorschlag in Verbindung kam, zu Erhaltung des bisherigen Religionsverhältnisses unter den Chur- fürsten auch die Krone Böhmen zum völligen Be- sitz der nach und nach derselben entzogen gewesenen churfürstlichen Rechte wieder zuzulaßen.
III.
Nach zwey Tractaten, die hierüber am 22. März 1692. der Kaiser mit den damaligen Höfen zu Zelle und Hannover geschlossen hatte, machte der Kaiser am 27. May 1692. die Sache den Chur- fürsten förmlich kund, und ertheilte am 9. (19.) Dec. 1692. dem Freyherrn Otto von Grote und Christophen von Limbach, als Bevollmächtigten des neuen Churfürsten, die feierliche Belehnung zu Wien. Allein nun äußerte sich selbst von Sei- ten der Churfürsten von Trier, Cölln und Pfalz- noch mehr aber von den meisten Mitgliedern des Reichsfürstenraths, und selbst von Seiten des Hau- ses Braunschweig-Wolfenbüttel ein lauter Wider- spruch über den andern gegen diese neue Chur. So gar errichteten die meisten altfürstlichen Häuser nebst einigen geistlichen Fürsten eine eigne Fürsten- verein unter dem Namen der wider die neunte Chur correspondirenden Fürsten. Das mit darunter be- griffene Haus Würtenberg machte noch eine beson- dere Beschwerde daraus, daß dem neuen Churfür- sten auch als ein neues Erzamt das Reichserzpan- neramt beygelegt werden sollte, von welchem das Haus Würtenberg behauptete, daß es schon sein Eigenthum sey.
Auf
IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711.
mals zu Augsburg verſammelten Churfuͤrſten (1690.) den Vorſchlag, fuͤr den Herzog Ernſt Au- guſt zu Hannover und deſſen Nachkommenſchaft eine neunte Chur zu errichten; womit zugleich der Vorſchlag in Verbindung kam, zu Erhaltung des bisherigen Religionsverhaͤltniſſes unter den Chur- fuͤrſten auch die Krone Boͤhmen zum voͤlligen Be- ſitz der nach und nach derſelben entzogen geweſenen churfuͤrſtlichen Rechte wieder zuzulaßen.
III.
Nach zwey Tractaten, die hieruͤber am 22. Maͤrz 1692. der Kaiſer mit den damaligen Hoͤfen zu Zelle und Hannover geſchloſſen hatte, machte der Kaiſer am 27. May 1692. die Sache den Chur- fuͤrſten foͤrmlich kund, und ertheilte am 9. (19.) Dec. 1692. dem Freyherrn Otto von Grote und Chriſtophen von Limbach, als Bevollmaͤchtigten des neuen Churfuͤrſten, die feierliche Belehnung zu Wien. Allein nun aͤußerte ſich ſelbſt von Sei- ten der Churfuͤrſten von Trier, Coͤlln und Pfalz- noch mehr aber von den meiſten Mitgliedern des Reichsfuͤrſtenraths, und ſelbſt von Seiten des Hau- ſes Braunſchweig-Wolfenbuͤttel ein lauter Wider- ſpruch uͤber den andern gegen dieſe neue Chur. So gar errichteten die meiſten altfuͤrſtlichen Haͤuſer nebſt einigen geiſtlichen Fuͤrſten eine eigne Fuͤrſten- verein unter dem Namen der wider die neunte Chur correſpondirenden Fuͤrſten. Das mit darunter be- griffene Haus Wuͤrtenberg machte noch eine beſon- dere Beſchwerde daraus, daß dem neuen Churfuͤr- ſten auch als ein neues Erzamt das Reichserzpan- neramt beygelegt werden ſollte, von welchem das Haus Wuͤrtenberg behauptete, daß es ſchon ſein Eigenthum ſey.
Auf
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IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711.
mals zu Augsburg verſammelten Churfuͤrſten
(1690.) den Vorſchlag, fuͤr den Herzog Ernſt Au-
guſt zu Hannover und deſſen Nachkommenſchaft
eine neunte Chur zu errichten; womit zugleich der
Vorſchlag in Verbindung kam, zu Erhaltung des
bisherigen Religionsverhaͤltniſſes unter den Chur-
fuͤrſten auch die Krone Boͤhmen zum voͤlligen Be-
ſitz der nach und nach derſelben entzogen geweſenen
churfuͤrſtlichen Rechte wieder zuzulaßen.
Nach zwey Tractaten, die hieruͤber am 22.
Maͤrz 1692. der Kaiſer mit den damaligen Hoͤfen
zu Zelle und Hannover geſchloſſen hatte, machte
der Kaiſer am 27. May 1692. die Sache den Chur-
fuͤrſten foͤrmlich kund, und ertheilte am 9. (19.)
Dec. 1692. dem Freyherrn Otto von Grote und
Chriſtophen von Limbach, als Bevollmaͤchtigten
des neuen Churfuͤrſten, die feierliche Belehnung
zu Wien. Allein nun aͤußerte ſich ſelbſt von Sei-
ten der Churfuͤrſten von Trier, Coͤlln und Pfalz-
noch mehr aber von den meiſten Mitgliedern des
Reichsfuͤrſtenraths, und ſelbſt von Seiten des Hau-
ſes Braunſchweig-Wolfenbuͤttel ein lauter Wider-
ſpruch uͤber den andern gegen dieſe neue Chur. So
gar errichteten die meiſten altfuͤrſtlichen Haͤuſer
nebſt einigen geiſtlichen Fuͤrſten eine eigne Fuͤrſten-
verein unter dem Namen der wider die neunte Chur
correſpondirenden Fuͤrſten. Das mit darunter be-
griffene Haus Wuͤrtenberg machte noch eine beſon-
dere Beſchwerde daraus, daß dem neuen Churfuͤr-
ſten auch als ein neues Erzamt das Reichserzpan-
neramt beygelegt werden ſollte, von welchem das
Haus Wuͤrtenberg behauptete, daß es ſchon ſein
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/372>, abgerufen am 27.07.2024.
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