Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das II. Capitel Dieses wird sonderlich an den Spani-schen Sitten getadelt/ daß sie ihre Gravi- tät auf so verdrießliche Manier mit prächtigen Worten und Geberden hal- ten. Wiewohl die mit ihnen viel umbgan- gen/ berichten/ daß diese verhassete Gravi- tät nicht so wohl aus Hoffarth ihres Ge- müthes herkomme/ als aus ihrer melan- cholischen complexion, und übler Ge- wohnheit/ u. daß sie nicht viel mit fremb- den Nationen conversiren. Sie erwei- sen ins gemein einen grossen Eifer in ihrem Catholischen Glauben/ und den höchsten Abscheu für allen Religionen/ so dersel- ben zuwider sind. Sie sind auch we- nig geschickt oder geneigt zu solchen Kün- sten/ die schwere Arbeit erfordern/ als da ist Ackerbau und Handwercke; daher die- se Dinge bey ihnen viel durch Frembde verrichtet werden. Und berichtet man/ daß in Madrit allein bey 40000. Frantzo- sen sich sollen befinden/ meistens Kaufleu- te/ Künstler/ Handwercker/ und Tage- löhner/ die sich für Burgundier pflegen auszugeben/ umb den Haß gegen die Frantzösische Nation zuvermeyden. Und lässet der Spanische Hochmuth nicht zu/ sich mit so geringen Sachen zu bemühen; Da ihnen doch nicht schwer fällt die gan- tze Zeit ihres Lebens in einem Castell auf der
Das II. Capitel Dieſes wird ſonderlich an den Spani-ſchen Sitten getadelt/ daß ſie ihre Gravi- taͤt auf ſo verdrießliche Manier mit praͤchtigen Worten und Geberden hal- ten. Wiewohl die mit ihnen viel umbgan- gen/ berichten/ daß dieſe verhaſſete Gravi- taͤt nicht ſo wohl aus Hoffarth ihres Ge- muͤthes herkomme/ als aus ihrer melan- choliſchen complexion, und uͤbler Ge- wohnheit/ u. daß ſie nicht viel mit fremb- den Nationen converſiren. Sie erwei- ſen ins gemein einen gꝛoſſen Eifer in ihꝛem Catholiſchen Glauben/ und den hoͤchſten Abſcheu fuͤr allen Religionen/ ſo derſel- ben zuwider ſind. Sie ſind auch we- nig geſchickt oder geneigt zu ſolchen Kuͤn- ſten/ die ſchwere Arbeit erfordern/ als da iſt Ackerbau und Handwercke; daher die- ſe Dinge bey ihnen viel durch Frembde verrichtet werden. Und beꝛichtet man/ daß in Madrit allein bey 40000. Frantzo- ſen ſich ſollen befinden/ meiſtens Kaufleu- te/ Kuͤnſtler/ Handwercker/ und Tage- loͤhner/ die ſich fuͤr Burgundier pflegen auszugeben/ umb den Haß gegen die Frantzoͤſiſche Nation zuvermeyden. Und laͤſſet der Spaniſche Hochmuth nicht zu/ ſich mit ſo geringen Sachen zu bemuͤhen; Da ihnen doch nicht ſchwer faͤllt die gan- tze Zeit ihres Lebens in einem Caſtell auf der
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Das II. Capitel
Dieſes wird ſonderlich an den Spani-
ſchen Sitten getadelt/ daß ſie ihre Gravi-
taͤt auf ſo verdrießliche Manier mit
praͤchtigen Worten und Geberden hal-
ten. Wiewohl die mit ihnen viel umbgan-
gen/ berichten/ daß dieſe verhaſſete Gravi-
taͤt nicht ſo wohl aus Hoffarth ihres Ge-
muͤthes herkomme/ als aus ihrer melan-
choliſchen complexion, und uͤbler Ge-
wohnheit/ u. daß ſie nicht viel mit fremb-
den Nationen converſiren. Sie erwei-
ſen ins gemein einen gꝛoſſen Eifer in ihꝛem
Catholiſchen Glauben/ und den hoͤchſten
Abſcheu fuͤr allen Religionen/ ſo derſel-
ben zuwider ſind. Sie ſind auch we-
nig geſchickt oder geneigt zu ſolchen Kuͤn-
ſten/ die ſchwere Arbeit erfordern/ als da
iſt Ackerbau und Handwercke; daher die-
ſe Dinge bey ihnen viel durch Frembde
verrichtet werden. Und beꝛichtet man/
daß in Madrit allein bey 40000. Frantzo-
ſen ſich ſollen befinden/ meiſtens Kaufleu-
te/ Kuͤnſtler/ Handwercker/ und Tage-
loͤhner/ die ſich fuͤr Burgundier pflegen
auszugeben/ umb den Haß gegen die
Frantzoͤſiſche Nation zuvermeyden. Und
laͤſſet der Spaniſche Hochmuth nicht zu/
ſich mit ſo geringen Sachen zu bemuͤhen;
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