Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das I. Capitel
ger/ derer das Schwerdt geschonet/ sehr
grausam handirten/ welche aber Thrasi-
bulus
durch Hülffe der vertriebenen Bür-
ger verjagete/ und die Stadt in die vorige
Freyheit setzte. Nach der Zeit hat Athen
sich zwar wieder erholet/ doch daß es nie-
mahls wieder zu der vorigen Höhe gelan-
get; ward auch hernach/ als es sich wider
Philippum aufflehnen wolte/ von diesem
hart gezüchtiget. Hat also Athen durch
ungereimte Regiersucht ihr Unglück ü-
ber sich gezogen/ und daß es mehr Länder
mit seiner Herrschafft begreiffen wolte/
als es zu behaupten vermochte: Zumahl
sich dero Bürgerschafft nicht viel über ze-
hen tausend Mann erstreckte/ und es dar-
zu das Bürgerrecht an andere gar spar-
sam verlehnete. Denn durch so wenige
Mannschafft lassen sich grosse Länder
und Städte nicht im Zaum halten: und
da sie ein und andermahl einen Haupt-
streich bekamen/ lag ihre gantze Macht ü-
bern Hauffen. Angesehen sothane Städ-
te ins gemein mehr bequem sind sich zu
beschützen/ als grosse conquesten zu ma-
chen: und demnach am besten thun/ wenn
sie umb ihre Hanthierung sich beküm-
mern/ in frembde Händel sich nicht men-
gen/ noch andern das ihrige zu nehmen
suchen/ und im übrigen ihre Mauren und

Wälle

Das I. Capitel
ger/ derer das Schwerdt geſchonet/ ſehr
grauſam handirten/ welche aber Thraſi-
bulus
durch Huͤlffe der vertriebenen Buͤr-
ger verjagete/ und die Stadt in die vorige
Freyheit ſetzte. Nach der Zeit hat Athen
ſich zwar wieder erholet/ doch daß es nie-
mahls wieder zu der vorigen Hoͤhe gelan-
get; ward auch hernach/ als es ſich wider
Philippum aufflehnen wolte/ von dieſem
hart gezuͤchtiget. Hat alſo Athen durch
ungereimte Regierſucht ihr Ungluͤck uͤ-
ber ſich gezogen/ und daß es mehr Laͤnder
mit ſeiner Herrſchafft begreiffen wolte/
als es zu behaupten vermochte: Zumahl
ſich dero Buͤrgerſchafft nicht viel uͤber ze-
hen tauſend Mann erſtreckte/ und es dar-
zu das Buͤrgerrecht an andere gar ſpar-
ſam verlehnete. Denn durch ſo wenige
Mannſchafft laſſen ſich groſſe Laͤnder
und Staͤdte nicht im Zaum halten: und
da ſie ein und andermahl einen Haupt-
ſtreich bekamen/ lag ihre gantze Macht uͤ-
bern Hauffen. Angeſehen ſothane Staͤd-
te ins gemein mehr bequem ſind ſich zu
beſchuͤtzen/ als groſſe conqueſten zu ma-
chen: und demnach am beſten thun/ wenn
ſie umb ihre Hanthierung ſich bekuͤm-
mern/ in frembde Haͤndel ſich nicht men-
gen/ noch andern das ihrige zu nehmen
ſuchen/ und im uͤbrigen ihre Mauren und

Waͤlle
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0042" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
ger/ derer das Schwerdt ge&#x017F;chonet/ &#x017F;ehr<lb/>
grau&#x017F;am handirten/ welche aber <hi rendition="#aq">Thra&#x017F;i-<lb/>
bulus</hi> durch Hu&#x0364;lffe der vertriebenen Bu&#x0364;r-<lb/>
ger verjagete/ und die Stadt in die vorige<lb/>
Freyheit &#x017F;etzte. Nach der Zeit hat Athen<lb/>
&#x017F;ich zwar wieder erholet/ doch daß es nie-<lb/>
mahls wieder zu der vorigen Ho&#x0364;he gelan-<lb/>
get; ward auch hernach/ als es &#x017F;ich wider<lb/><hi rendition="#aq">Philippum</hi> aufflehnen wolte/ von die&#x017F;em<lb/>
hart gezu&#x0364;chtiget. Hat al&#x017F;o Athen durch<lb/>
ungereimte Regier&#x017F;ucht ihr Unglu&#x0364;ck u&#x0364;-<lb/>
ber &#x017F;ich gezogen/ und daß es mehr La&#x0364;nder<lb/>
mit &#x017F;einer Herr&#x017F;chafft begreiffen wolte/<lb/>
als es zu behaupten vermochte: Zumahl<lb/>
&#x017F;ich dero Bu&#x0364;rger&#x017F;chafft nicht viel u&#x0364;ber ze-<lb/>
hen tau&#x017F;end Mann er&#x017F;treckte/ und es dar-<lb/>
zu das Bu&#x0364;rgerrecht an andere gar &#x017F;par-<lb/>
&#x017F;am verlehnete. Denn durch &#x017F;o wenige<lb/>
Mann&#x017F;chafft la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich gro&#x017F;&#x017F;e La&#x0364;nder<lb/>
und Sta&#x0364;dte nicht im Zaum halten: und<lb/>
da &#x017F;ie ein und andermahl einen Haupt-<lb/>
&#x017F;treich bekamen/ lag ihre gantze Macht u&#x0364;-<lb/>
bern Hauffen. Ange&#x017F;ehen &#x017F;othane Sta&#x0364;d-<lb/>
te ins gemein mehr bequem &#x017F;ind &#x017F;ich zu<lb/>
be&#x017F;chu&#x0364;tzen/ als gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">conque&#x017F;t</hi>en zu ma-<lb/>
chen: und demnach am be&#x017F;ten thun/ wenn<lb/>
&#x017F;ie umb ihre Hanthierung &#x017F;ich beku&#x0364;m-<lb/>
mern/ in frembde Ha&#x0364;ndel &#x017F;ich nicht men-<lb/>
gen/ noch andern das ihrige zu nehmen<lb/>
&#x017F;uchen/ und im u&#x0364;brigen ihre Mauren und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wa&#x0364;lle</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0042] Das I. Capitel ger/ derer das Schwerdt geſchonet/ ſehr grauſam handirten/ welche aber Thraſi- bulus durch Huͤlffe der vertriebenen Buͤr- ger verjagete/ und die Stadt in die vorige Freyheit ſetzte. Nach der Zeit hat Athen ſich zwar wieder erholet/ doch daß es nie- mahls wieder zu der vorigen Hoͤhe gelan- get; ward auch hernach/ als es ſich wider Philippum aufflehnen wolte/ von dieſem hart gezuͤchtiget. Hat alſo Athen durch ungereimte Regierſucht ihr Ungluͤck uͤ- ber ſich gezogen/ und daß es mehr Laͤnder mit ſeiner Herrſchafft begreiffen wolte/ als es zu behaupten vermochte: Zumahl ſich dero Buͤrgerſchafft nicht viel uͤber ze- hen tauſend Mann erſtreckte/ und es dar- zu das Buͤrgerrecht an andere gar ſpar- ſam verlehnete. Denn durch ſo wenige Mannſchafft laſſen ſich groſſe Laͤnder und Staͤdte nicht im Zaum halten: und da ſie ein und andermahl einen Haupt- ſtreich bekamen/ lag ihre gantze Macht uͤ- bern Hauffen. Angeſehen ſothane Staͤd- te ins gemein mehr bequem ſind ſich zu beſchuͤtzen/ als groſſe conqueſten zu ma- chen: und demnach am beſten thun/ wenn ſie umb ihre Hanthierung ſich bekuͤm- mern/ in frembde Haͤndel ſich nicht men- gen/ noch andern das ihrige zu nehmen ſuchen/ und im uͤbrigen ihre Mauren und Waͤlle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/42
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/42>, abgerufen am 21.11.2024.