Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das VII. Capitel Zeit/ da ihre Renommee in der bestenFlor war/ hätten gute Conduite, oder Begierde gehabt grosse Conquesten zu- machen/ wäre es ihnen unschwer gewe- sen/ die Franche Comte und ein groß Stück der Lombardie an sich zubringen. Aber daß sie ihr Gebiete nicht weiter er- strecket/ war Ursach theils ihr vergnüg- tes Gemüth/ und daß sie nicht begehret an- dern Leuten das ihrige zu nehmen; theils auch ihre Regierungs-Form, so zu gros- sen resoluten Anschlägen gantz unge- schickt ist. Denn in jeder Canton insonder- heit ist meists eine democratische Regie- rung/ und stehet die höchste Gewalt bey den Zünften/ da je unverständiger einer ist/ je mehr verharret er auf seiner Mei- nung/ und hält andern Rath für verdäch- tig. Jhr allgemein Bündnüß aber ist nur zur Defension angesehen/ und wie die unter ihnen entstandene Uneinig- keiten möchten beygeleget werden. So werden sie auch durch Unterschied der Religion zertheilet/ in dem einige der Päbstischen/ die meisten der Reformirten Religion zugethan sind/ und zwar daß jede Partey in höchstem Grad ob ihrer Religion eyfert. So daß es unmög- lich scheinet/ so viel harte Köpffe un- ter
Das VII. Capitel Zeit/ da ihre Renommée in der beſtenFlor war/ haͤtten gute Conduite, oder Begierde gehabt groſſe Conqueſten zu- machen/ waͤre es ihnen unſchwer gewe- ſen/ die Franche Comté und ein groß Stuͤck der Lombardie an ſich zubringen. Aber daß ſie ihr Gebiete nicht weiter er- ſtrecket/ war Urſach theils ihr vergnuͤg- tes Gemuͤth/ uñ daß ſie nicht begehret an- dern Leuten das ihrige zu nehmen; theils auch ihre Regierungs-Form, ſo zu groſ- ſen reſoluten Anſchlaͤgen gantz unge- ſchickt iſt. Denn in jeder Canton inſonder- heit iſt meiſts eine democratiſche Regie- rung/ und ſtehet die hoͤchſte Gewalt bey den Zuͤnften/ da je unverſtaͤndiger einer iſt/ je mehr verharret er auf ſeiner Mei- nung/ und haͤlt andern Rath fuͤr veꝛdaͤch- tig. Jhr allgemein Buͤndnuͤß aber iſt nur zur Defenſion angeſehen/ und wie die unter ihnen entſtandene Uneinig- keiten moͤchten beygeleget werden. So werden ſie auch durch Unterſchied der Religion zertheilet/ in dem einige der Paͤbſtiſchen/ die meiſten der Reformirten Religion zugethan ſind/ und zwar daß jede Partey in hoͤchſtem Grad ob ihrer Religion eyfert. So daß es unmoͤg- lich ſcheinet/ ſo viel harte Koͤpffe un- ter
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Das VII. Capitel
Zeit/ da ihre Renommée in der beſten
Flor war/ haͤtten gute Conduite, oder
Begierde gehabt groſſe Conqueſten zu-
machen/ waͤre es ihnen unſchwer gewe-
ſen/ die Franche Comté und ein groß
Stuͤck der Lombardie an ſich zubringen.
Aber daß ſie ihr Gebiete nicht weiter er-
ſtrecket/ war Urſach theils ihr vergnuͤg-
tes Gemuͤth/ uñ daß ſie nicht begehret an-
dern Leuten das ihrige zu nehmen; theils
auch ihre Regierungs-Form, ſo zu groſ-
ſen reſoluten Anſchlaͤgen gantz unge-
ſchickt iſt. Denn in jeder Canton inſonder-
heit iſt meiſts eine democratiſche Regie-
rung/ und ſtehet die hoͤchſte Gewalt bey
den Zuͤnften/ da je unverſtaͤndiger einer
iſt/ je mehr verharret er auf ſeiner Mei-
nung/ und haͤlt andern Rath fuͤr veꝛdaͤch-
tig. Jhr allgemein Buͤndnuͤß aber iſt
nur zur Defenſion angeſehen/ und wie
die unter ihnen entſtandene Uneinig-
keiten moͤchten beygeleget werden. So
werden ſie auch durch Unterſchied der
Religion zertheilet/ in dem einige der
Paͤbſtiſchen/ die meiſten der Reformirten
Religion zugethan ſind/ und zwar daß
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