Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das I. Capitel nicht anders bändigen und im Gehorsamhalten kan/ als durch Zuthun anderer Menschen. Worauß ein Vernünfftiger leichtlich schliessen kan/ warumb ein Kö- nig/ der nur über eine einzige volckreiche Stadt herrschet/ also bald in Gefahr ste- het seinen Staat zu verlieren/ wenn seine Regierung den Bürgern mißfällt/ oder andere sich bey selbigen insinuiren; es sey denn/ dz er eine starcke garde von Außlän- dern/ oder ein fest Schloß habe. Welches doch sehr verhaßte/ und zum Theil unsi- chere Mittel sind. Denn wenn in einem solchen Staat der Regent verhaßt wird/ so ergeust sich der Haß stracks durch alle Bürger/ weil sie beysammen wohnen/ und leichtlich wider ihn sich vereinigen können. Aber wo das Volck zerstreuet wohnet/ ist es dem Regenten leicht so viele auff seiner Seite zu haben/ damit er die malconten- ten unterdrucken kan. Welche auch derent- wegen mehr zu befahren sind/ weil sie so bald nicht zusammen kommen/ und sich verei- nigen können. Absonderlich aber ist es ge- fährlich seine Unterthanen alle an einem Ort zu haben/ wenn dieselbe von wildem Geist/ und in Waffen geübet sind. Denn das giebet die gemeine Vernunfft/ dz wer einen andern zwingen will/ mehr Kräffte als dieser haben müsse. Doch ist gewiß/ dz diese
Das I. Capitel nicht anders baͤndigen und im Gehorſamhalten kan/ als durch Zuthun anderer Menſchen. Worauß ein Vernuͤnfftiger leichtlich ſchlieſſen kan/ warumb ein Koͤ- nig/ der nur uͤber eine einzige volckreiche Stadt herrſchet/ alſo bald in Gefahr ſte- het ſeinen Staat zu verlieren/ wenn ſeine Regierung den Buͤrgern mißfaͤllt/ oder andere ſich bey ſelbigen inſinuiren; es ſey denn/ dz er eine ſtarcke garde von Außlaͤn- dern/ oder ein feſt Schloß habe. Welches doch ſehr verhaßte/ und zum Theil unſi- chere Mittel ſind. Denn wenn in einem ſolchen Staat der Regent verhaßt wird/ ſo ergeuſt ſich der Haß ſtracks durch alle Buͤrger/ weil ſie beyſam̃en wohnen/ und leichtlich wideꝛ ihn ſich veꝛeinigen koͤnnen. Aber wo das Volck zerſtreuet wohnet/ iſt es dem Regenten leicht ſo viele auff ſeiner Seite zu haben/ damit er die malconten- ten unterdruckẽ kan. Welche auch derent- wegen mehr zu befahren ſind/ weil ſie ſo bald nicht zuſam̃en kom̃en/ und ſich verei- nigen koͤnnen. Abſonderlich aber iſt es ge- faͤhrlich ſeine Unterthanen alle an einem Ort zu haben/ wenn dieſelbe von wildem Geiſt/ und in Waffen geuͤbet ſind. Denn das giebet die gemeine Vernunfft/ dz wer einen andern zwingen will/ mehr Kraͤffte als dieſer haben muͤſſe. Doch iſt gewiß/ dz dieſe
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Das I. Capitel
nicht anders baͤndigen und im Gehorſam
halten kan/ als durch Zuthun anderer
Menſchen. Worauß ein Vernuͤnfftiger
leichtlich ſchlieſſen kan/ warumb ein Koͤ-
nig/ der nur uͤber eine einzige volckreiche
Stadt herrſchet/ alſo bald in Gefahr ſte-
het ſeinen Staat zu verlieren/ wenn ſeine
Regierung den Buͤrgern mißfaͤllt/ oder
andere ſich bey ſelbigen inſinuiren; es ſey
denn/ dz er eine ſtarcke garde von Außlaͤn-
dern/ oder ein feſt Schloß habe. Welches
doch ſehr verhaßte/ und zum Theil unſi-
chere Mittel ſind. Denn wenn in einem
ſolchen Staat der Regent verhaßt wird/
ſo ergeuſt ſich der Haß ſtracks durch alle
Buͤrger/ weil ſie beyſam̃en wohnen/ und
leichtlich wideꝛ ihn ſich veꝛeinigen koͤnnen.
Aber wo das Volck zerſtreuet wohnet/ iſt
es dem Regenten leicht ſo viele auff ſeiner
Seite zu haben/ damit er die malconten-
ten unterdruckẽ kan. Welche auch derent-
wegen mehr zu befahren ſind/ weil ſie ſo
bald nicht zuſam̃en kom̃en/ und ſich verei-
nigen koͤnnen. Abſonderlich aber iſt es ge-
faͤhrlich ſeine Unterthanen alle an einem
Ort zu haben/ wenn dieſelbe von wildem
Geiſt/ und in Waffen geuͤbet ſind. Denn
das giebet die gemeine Vernunfft/ dz wer
einen andern zwingen will/ mehr Kraͤffte
als dieſer haben muͤſſe. Doch iſt gewiß/ dz
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