Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das XII. Capitel mehrentheils aus ungereimten/ undtheils unverschämten Fabeln. Zwar wol- ten einige Gelehrte etwas vernünftiger vom Göttlichen Wesen/ und Zustand der Seelen raisonniren. Allein es war ein so unvollkommen/ zweifelhaftig und ü- bel gegründet Wesen/ daß sie endlich nicht wusten/ woran sie waren. Die meisten sahen wohl/ daß ein Mensch sich der Tu- gend befleissen solte. Aber man wuste von keiner weitern Wirckung deroselben/ als daß man in dem Bürgerlichen Leben Ehre und Nutz davon haben könte. Denn was die Poeten von Belohnung der Tu- gend/ und Straffen der Bösen nach dem Tode vorgaben/ das hielten die so für die Klügsten wolten angesehen seyn für ein Gedicht/ das gemeine Volck damit zu schrecken und im Zaum zu halten. Der Rest vom Volck lebte so in Tag hinein/ und war bey dem/ was die Heyden Religi- on hiessen/ gar keine Unterrichtung/ oder gewisse Abfassung der Puncten/ so von Göttlichen Dingen zu wissen sind. Es kahm auch der meiste Gottesdienst an auf Opfre/ Ceremonien, und gewisse Feyertage/ die aber mehr in Spiel und Uppigkeit/ als Betrachtung Göttlicher Sachen zugebracht wurden. So daß man aus sothaner Heidnischer Re- ligi-
Das XII. Capitel mehrentheils aus ungereimten/ undtheils unverſchaͤmten Fabeln. Zwar wol- ten einige Gelehrte etwas vernuͤnftiger vom Goͤttlichen Weſen/ und Zuſtand der Seelen raiſonniren. Allein es war ein ſo unvollkommen/ zweifelhaftig und uͤ- bel gegruͤndet Weſen/ daß ſie endlich nicht wuſten/ woran ſie waren. Die meiſten ſahen wohl/ daß ein Menſch ſich der Tu- gend befleiſſen ſolte. Aber man wuſte von keiner weitern Wirckung deroſelbẽ/ als daß man in dem Buͤrgerlichen Leben Ehre und Nutz davon haben koͤnte. Denn was die Poeten von Belohnung der Tu- gend/ und Straffen der Boͤſen nach dem Tode vorgaben/ das hielten die ſo fuͤr die Kluͤgſten wolten angeſehen ſeyn fuͤr ein Gedicht/ das gemeine Volck damit zu ſchrecken und im Zaum zu halten. Der Reſt vom Volck lebte ſo in Tag hinein/ und war bey dem/ was die Heyden Religi- on hieſſen/ gar keine Unterrichtung/ oder gewiſſe Abfaſſung der Puncten/ ſo von Goͤttlichen Dingen zu wiſſen ſind. Es kahm auch der meiſte Gottesdienſt an auf Opfre/ Ceremonien, und gewiſſe Feyertage/ die aber mehr in Spiel und Uppigkeit/ als Betrachtung Goͤttlicher Sachen zugebracht wurden. So daß man aus ſothaner Heidniſcher Re- ligi-
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Das XII. Capitel
mehrentheils aus ungereimten/ und
theils unverſchaͤmten Fabeln. Zwar wol-
ten einige Gelehrte etwas vernuͤnftiger
vom Goͤttlichen Weſen/ und Zuſtand der
Seelen raiſonniren. Allein es war ein
ſo unvollkommen/ zweifelhaftig und uͤ-
bel gegruͤndet Weſen/ daß ſie endlich nicht
wuſten/ woran ſie waren. Die meiſten
ſahen wohl/ daß ein Menſch ſich der Tu-
gend befleiſſen ſolte. Aber man wuſte
von keiner weitern Wirckung deroſelbẽ/
als daß man in dem Buͤrgerlichen Leben
Ehre und Nutz davon haben koͤnte. Denn
was die Poeten von Belohnung der Tu-
gend/ und Straffen der Boͤſen nach dem
Tode vorgaben/ das hielten die ſo fuͤr die
Kluͤgſten wolten angeſehen ſeyn fuͤr ein
Gedicht/ das gemeine Volck damit zu
ſchrecken und im Zaum zu halten. Der
Reſt vom Volck lebte ſo in Tag hinein/
und war bey dem/ was die Heyden Religi-
on hieſſen/ gar keine Unterrichtung/ oder
gewiſſe Abfaſſung der Puncten/ ſo von
Goͤttlichen Dingen zu wiſſen ſind. Es
kahm auch der meiſte Gottesdienſt an
auf Opfre/ Ceremonien, und gewiſſe
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