Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das XII. Capitel Man hat die Messe ohne Communican-ten eingeführet/ und sie für ein Opffer für Lebendige und Todte ausgeruffen/ da- mit Lebendige und Todte unter contribu- tion gesetzet würden. Denn nichts wich- tiges wird von jemand angefangen/ man lässet erst zu gutem Fortgang eine Messe lesen. Kein Vermögender stirbt/ der nicht eine quantität Messen für seine Seele zu lesen verordnet; worfür der Priester seine Gebühr haben muß. Hin- gegen da einmahl der Mißbrauch einge- rissen war/ daß die Layen ohne den Kelch communicirten/ machte man ein Gese- tze daraus. Und obschon die Einsetzung Christi/ und praxis Ecclesiae von so viel hundert Jahren am Tage liegt/ muste man doch hartnäckig darauff verhar- ren/ damit man nicht bekennete die Cle- risey hätte geirret; und damit sie in selbi- gem Sacrament einen Vorzug für den Layen hätten. Ja umb Gott und Men- schen desto frecher zu spotten/ reichen sie den Layen den ungesegneten Kelch; den sie mit einem gar schimpfflichen Worte den Spülkelch nennen/ gleich als wenn man etwas unreines gessen/ das man wieder abspülen müste. Aus der Ehe muste man auch ein Sacrament ma- chen/ wie übel es sich reimete/ damit die
Das XII. Capitel Man hat die Meſſe ohne Communican-ten eingefuͤhret/ und ſie fuͤr ein Opffer fuͤr Lebendige und Todte ausgeruffen/ da- mit Lebendige und Todte unter contribu- tion geſetzet wuͤrden. Denn nichts wich- tiges wird von jemand angefangen/ man laͤſſet erſt zu gutem Fortgang eine Meſſe leſen. Kein Vermoͤgender ſtirbt/ der nicht eine quantitaͤt Meſſen fuͤr ſeine Seele zu leſen verordnet; worfuͤr der Prieſter ſeine Gebuͤhr haben muß. Hin- gegen da einmahl der Mißbrauch einge- riſſen war/ daß die Layen ohne den Kelch communicirten/ machte man ein Geſe- tze daraus. Und obſchon die Einſetzung Chriſti/ und praxis Eccleſiæ von ſo viel hundert Jahren am Tage liegt/ muſte man doch hartnaͤckig darauff verhar- ren/ damit man nicht bekennete die Cle- riſey haͤtte geirret; und damit ſie in ſelbi- gem Sacrament einen Vorzug fuͤr den Layen haͤtten. Ja umb Gott und Men- ſchen deſto frecher zu ſpotten/ reichen ſie den Layen den ungeſegneten Kelch; den ſie mit einem gar ſchimpfflichen Worte den Spuͤlkelch nennen/ gleich als wenn man etwas unreines geſſen/ das man wieder abſpuͤlen muͤſte. Aus der Ehe muſte man auch ein Sacrament ma- chen/ wie uͤbel es ſich reimete/ damit die
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Das XII. Capitel
Man hat die Meſſe ohne Communican-
ten eingefuͤhret/ und ſie fuͤr ein Opffer fuͤr
Lebendige und Todte ausgeruffen/ da-
mit Lebendige und Todte unter contribu-
tion geſetzet wuͤrden. Denn nichts wich-
tiges wird von jemand angefangen/ man
laͤſſet erſt zu gutem Fortgang eine Meſſe
leſen. Kein Vermoͤgender ſtirbt/ der
nicht eine quantitaͤt Meſſen fuͤr ſeine
Seele zu leſen verordnet; worfuͤr der
Prieſter ſeine Gebuͤhr haben muß. Hin-
gegen da einmahl der Mißbrauch einge-
riſſen war/ daß die Layen ohne den Kelch
communicirten/ machte man ein Geſe-
tze daraus. Und obſchon die Einſetzung
Chriſti/ und praxis Eccleſiæ von ſo viel
hundert Jahren am Tage liegt/ muſte
man doch hartnaͤckig darauff verhar-
ren/ damit man nicht bekennete die Cle-
riſey haͤtte geirret; und damit ſie in ſelbi-
gem Sacrament einen Vorzug fuͤr den
Layen haͤtten. Ja umb Gott und Men-
ſchen deſto frecher zu ſpotten/ reichen ſie
den Layen den ungeſegneten Kelch; den
ſie mit einem gar ſchimpfflichen Worte
den Spuͤlkelch nennen/ gleich als wenn
man etwas unreines geſſen/ das man
wieder abſpuͤlen muͤſte. Aus der Ehe
muſte man auch ein Sacrament ma-
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