Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

Des ersten Buchs
und er sich derselben zu unter-
werffen fähig sey? Und endlich/
wer einen andern damit belegen
könne? Pflicht
oder Verbindlig-
keit
heisset demnach in gemein ein
Band derer Rechte/ vermittelst dessen
man sich genöthigt befindet/ etwas zu
thun/ oder zu unterlassen. Denn es
wird unserer Freyheit dadurch gleich-
sam ein Zaum angeleget/ daß/ da der
Wille schon de Facto einen andern
Weg gehen können/ er sich dennoch
hiedurch/ als durch eine innerliche
Fihlung dermassen gerühret befin-
det/ daß er selbst erkennen muß/ er
habe unrecht gethan/ weil er seine
Actiones der vorgeschriebenen
N[o]rm nicht gemäß angestellet/ und
geschehe ihm dannenhero eben recht/
dafern ihm deßwegen etwas Böses
widerführe; sintemal er solches/ wenn
er der Richtschnur Folge geleistet/
leichtlich Umgang nehmen können.

§. 4.

Des erſten Buchs
und er ſich derſelben zu unter-
werffen faͤhig ſey? Und endlich/
wer einen andern damit belegen
koͤnne? Pflicht
oder Verbindlig-
keit
heiſſet demnach in gemein ein
Band derer Rechte/ vermittelſt deſſen
man ſich genoͤthigt befindet/ etwas zu
thun/ oder zu unterlaſſen. Denn es
wird unſerer Freyheit dadurch gleich-
ſam ein Zaum angeleget/ daß/ da der
Wille ſchon de Facto einen andern
Weg gehen koͤnnen/ er ſich dennoch
hiedurch/ als durch eine innerliche
Fihlung dermaſſen geruͤhret befin-
det/ daß er ſelbſt erkennen muß/ er
habe unrecht gethan/ weil er ſeine
Actiones der vorgeſchriebenen
N[o]rm nicht gemaͤß angeſtellet/ und
geſchehe ihm dannenhero eben recht/
dafern ihm deßwegen etwas Boͤſes
widerfuͤhre; ſintemal er ſolches/ weñ
er der Richtſchnur Folge geleiſtet/
leichtlich Umgang nehmen koͤnnen.

§. 4.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0110" n="46"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des er&#x017F;ten Buchs</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">und er &#x017F;ich der&#x017F;elben zu unter-<lb/>
werffen fa&#x0364;hig &#x017F;ey? Und endlich/<lb/>
wer einen andern damit belegen<lb/>
ko&#x0364;nne? Pflicht</hi> oder <hi rendition="#fr">Verbindlig-<lb/>
keit</hi> hei&#x017F;&#x017F;et demnach in gemein ein<lb/>
Band derer Rechte/ vermittel&#x017F;t de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
man &#x017F;ich geno&#x0364;thigt befindet/ etwas zu<lb/>
thun/ oder zu unterla&#x017F;&#x017F;en. Denn es<lb/>
wird un&#x017F;erer Freyheit dadurch gleich-<lb/>
&#x017F;am ein Zaum angeleget/ daß/ da der<lb/>
Wille &#x017F;chon <hi rendition="#aq">de Facto</hi> einen andern<lb/>
Weg gehen ko&#x0364;nnen/ er &#x017F;ich dennoch<lb/>
hiedurch/ als durch eine innerliche<lb/>
Fihlung derma&#x017F;&#x017F;en geru&#x0364;hret befin-<lb/>
det/ daß er &#x017F;elb&#x017F;t erkennen muß/ er<lb/>
habe unrecht gethan/ weil er &#x017F;eine<lb/><hi rendition="#aq">Actiones</hi> der vorge&#x017F;chriebenen<lb/>
N<supplied>o</supplied>rm nicht gema&#x0364;ß ange&#x017F;tellet/ und<lb/>
ge&#x017F;chehe ihm dannenhero eben recht/<lb/>
dafern ihm deßwegen etwas Bo&#x0364;&#x017F;es<lb/>
widerfu&#x0364;hre; &#x017F;intemal er &#x017F;olches/ weñ<lb/>
er der Richt&#x017F;chnur Folge gelei&#x017F;tet/<lb/>
leichtlich Umgang nehmen ko&#x0364;nnen.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 4.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0110] Des erſten Buchs und er ſich derſelben zu unter- werffen faͤhig ſey? Und endlich/ wer einen andern damit belegen koͤnne? Pflicht oder Verbindlig- keit heiſſet demnach in gemein ein Band derer Rechte/ vermittelſt deſſen man ſich genoͤthigt befindet/ etwas zu thun/ oder zu unterlaſſen. Denn es wird unſerer Freyheit dadurch gleich- ſam ein Zaum angeleget/ daß/ da der Wille ſchon de Facto einen andern Weg gehen koͤnnen/ er ſich dennoch hiedurch/ als durch eine innerliche Fihlung dermaſſen geruͤhret befin- det/ daß er ſelbſt erkennen muß/ er habe unrecht gethan/ weil er ſeine Actiones der vorgeſchriebenen Norm nicht gemaͤß angeſtellet/ und geſchehe ihm dannenhero eben recht/ dafern ihm deßwegen etwas Boͤſes widerfuͤhre; ſintemal er ſolches/ weñ er der Richtſchnur Folge geleiſtet/ leichtlich Umgang nehmen koͤnnen. §. 4.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/110
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/110>, abgerufen am 22.12.2024.