Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
als daß man es gleichfalls bey den gött-
lichen Willen
und Verordnung be-
wenden lässet. Gleich wie aber die bür-
gerlichen Gesetze das Natürliche Recht/
als eine allgemeine und viel weitläuffti-
gere Disciplin praesupponiren/ also muß
man nicht flugs gedencken/ daß/ wenn
etwas in denen bürgerlichen Gesetzen ent-
halten ist/ davon die Natürlichen Rechte
nichts melden/ diese deßwegen wider je-
ne lauffen müsten. Gleicher gestalt/ wenn
in der Theologia morali ein und anders
aus göttlicher Offenbarung kund gethan
wird/ darauf sich unsere Vernunfft von
sich selbst nicht finden kan/ und also auch
das Jus Naturae, als eine Philosophi-
sche Disciplin, nichts davon weiß; So
wäre es sehr ungeräumt/ wenn man die-
se beyden Disciplinen deßwegen zusam-
men hetzen/ und eine Streitigkeit unter
ihnen gestatten wolte. Hinwiederum/
wenn man in der Lehre von natürlichen
Rechten/ nach Gutbefindung unserer
Vernunfft/ ie zuweilen etwas praesup-
ponir
et/ so muß es demjenigen/ was
etwa die heilige Schrifft disfalls deutli-

cher

Vorrede.
als daß man es gleichfalls bey den goͤtt-
lichen Willen
und Verordnung be-
wenden laͤſſet. Gleich wie aber die buͤr-
gerlichen Geſetze das Natuͤrliche Recht/
als eine allgemeine und viel weitlaͤuffti-
gere Diſciplin præſupponiren/ alſo muß
man nicht flugs gedencken/ daß/ wenn
etwas in denen buͤrgerlichen Geſetzen ent-
halten iſt/ davon die Natürlichen Rechte
nichts melden/ dieſe deßwegen wider je-
ne lauffen muͤſten. Gleicher geſtalt/ weñ
in der Theologiâ morali ein und anders
aus goͤttlicher Offenbarung kund gethan
wird/ darauf ſich unſere Vernunfft von
ſich ſelbſt nicht finden kan/ und alſo auch
das Jus Naturæ, als eine Philoſophi-
ſche Diſciplin, nichts davon weiß; So
waͤre es ſehr ungeraͤumt/ wenn man die-
ſe beyden Diſciplinen deßwegen zuſam-
men hetzen/ und eine Streitigkeit unter
ihnen geſtatten wolte. Hinwiederum/
wenn man in der Lehre von natuͤrlichen
Rechten/ nach Gutbefindung unſerer
Vernunfft/ ie zuweilen etwas præſup-
ponir
et/ ſo muß es demjenigen/ was
etwa die heilige Schrifft disfalls deutli-

cher
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0034"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
als daß man es gleichfalls bey <hi rendition="#fr">den go&#x0364;tt-<lb/>
lichen Willen</hi> und <hi rendition="#fr">Verordnung</hi> be-<lb/>
wenden la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Gleich wie aber die bu&#x0364;r-<lb/>
gerlichen Ge&#x017F;etze das Natu&#x0364;rliche Recht/<lb/>
als eine allgemeine und viel weitla&#x0364;uffti-<lb/>
gere <hi rendition="#aq">Di&#x017F;ciplin præ&#x017F;upponir</hi>en/ al&#x017F;o muß<lb/>
man nicht flugs gedencken/ daß/ wenn<lb/>
etwas in denen bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;etzen ent-<lb/>
halten i&#x017F;t/ davon die Natürlichen Rechte<lb/>
nichts melden/ die&#x017F;e deßwegen wider je-<lb/>
ne lauffen mu&#x0364;&#x017F;ten. Gleicher ge&#x017F;talt/ weñ<lb/>
in der <hi rendition="#aq">Theologiâ morali</hi> ein und anders<lb/>
aus go&#x0364;ttlicher Offenbarung kund gethan<lb/>
wird/ darauf &#x017F;ich un&#x017F;ere Vernunfft von<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht finden kan/ und al&#x017F;o auch<lb/>
das <hi rendition="#aq">Jus Naturæ,</hi> als eine <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophi-</hi><lb/>
&#x017F;che <hi rendition="#aq">Di&#x017F;ciplin,</hi> nichts davon weiß; So<lb/>
wa&#x0364;re es &#x017F;ehr ungera&#x0364;umt/ wenn man die-<lb/>
&#x017F;e beyden <hi rendition="#aq">Di&#x017F;ciplin</hi>en deßwegen zu&#x017F;am-<lb/>
men hetzen/ und eine Streitigkeit unter<lb/>
ihnen ge&#x017F;tatten wolte. Hinwiederum/<lb/>
wenn man in der Lehre von natu&#x0364;rlichen<lb/>
Rechten/ nach Gutbefindung un&#x017F;erer<lb/>
Vernunfft/ ie zuweilen etwas <hi rendition="#aq">præ&#x017F;up-<lb/>
ponir</hi>et/ <hi rendition="#g">&#x017F;o</hi> muß es demjenigen/ was<lb/>
etwa die heilige Schrifft disfalls deutli-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">cher</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0034] Vorrede. als daß man es gleichfalls bey den goͤtt- lichen Willen und Verordnung be- wenden laͤſſet. Gleich wie aber die buͤr- gerlichen Geſetze das Natuͤrliche Recht/ als eine allgemeine und viel weitlaͤuffti- gere Diſciplin præſupponiren/ alſo muß man nicht flugs gedencken/ daß/ wenn etwas in denen buͤrgerlichen Geſetzen ent- halten iſt/ davon die Natürlichen Rechte nichts melden/ dieſe deßwegen wider je- ne lauffen muͤſten. Gleicher geſtalt/ weñ in der Theologiâ morali ein und anders aus goͤttlicher Offenbarung kund gethan wird/ darauf ſich unſere Vernunfft von ſich ſelbſt nicht finden kan/ und alſo auch das Jus Naturæ, als eine Philoſophi- ſche Diſciplin, nichts davon weiß; So waͤre es ſehr ungeraͤumt/ wenn man die- ſe beyden Diſciplinen deßwegen zuſam- men hetzen/ und eine Streitigkeit unter ihnen geſtatten wolte. Hinwiederum/ wenn man in der Lehre von natuͤrlichen Rechten/ nach Gutbefindung unſerer Vernunfft/ ie zuweilen etwas præſup- poniret/ ſo muß es demjenigen/ was etwa die heilige Schrifft disfalls deutli- cher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/34
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/34>, abgerufen am 22.12.2024.