Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Clavieristen insbesondere.
das Mezzo forte durch Verdoppelung der Octaven im Basse; das Forte
durch eben dieses, und wenn man noch in der linken Hand einige zum
Accorde gehörige Consonanzen mitnimmt; das Fortissimo aber, durch
geschwinde Brechungen der Accorde von unten herauf, durch eben diese
Verdoppelung der Octaven, und der Consonanzen, in der linken Hand,
und durch einen heftigern und stärkern Anschlag, hervor gebracht werden.
Auf einem Clavicymbal mit zweyen Clavieren, hat man über dieses noch
den Vortheil, zum Pianissimo sich des obersten Claviers bedienen zu kön-
nen. Auf einem Pianoforte aber, kann alles erfoderliche am allerbe-
quemsten bewerkstelliget werden: denn dieses Jnstrument hat vor allem,
was man Clavier neunet, die zum guten Accompagnement nöthigen Eigen-
schaften am meisten in sich: und kömmt dabey blos auf den Spieler und
seine Beurtheilung an. Auf einem guten Clavichord hat es zwar eben
dieselbe Beschaffenheit im Spielen, nicht aber in Ansehung der Wirkung;
weil das Fortissimo mangelt.

18. §.

Wie auf einem jeden Jnstrumente der Ton auf verschiedene Art her-
vor gebracht werden kann; so verhält es sich auch gleichergestalt mit dem
Clavicymbal: ungeachtet man glauben sollte, daß es bey diesem Jnstru-
mente nicht auf den Spieler, sondern nur auf das Jnstrument allein an-
käme. Dennoch giebt es die Erfahrung, daß wenn das Jnstrument bald
von dem einen, bald von den andern gespielet wird, der Ton von dem
einem besser als von dem andern heraus gebracht wird. Die Ursache da-
von muß folglich auf den Anschlag, den ein jeder verschieden hat, an-
kommen: ob derselbe, bey einem jeden Finger mit gleicher Kraft und
Nachdruck, und mit dem rechten Gewichte geschieht; ob man den Sey-
ten die gehörige Zeit gönnet, daß sie ihren Schwung ungehindert machen
können; oder ob man die Finger mit allzugroßer Gelassenheit niederdrücket,
und ihnen nicht, durch einen Schneller, eine gewisse Kraft giebt, daß
die Seyten, um den Ton länger auszuhalten, in eine länger anhalten-
de Zitterung versetzet werden können; um den Fehler, so dieses Jnstru-
ment von Natur hat, daß sich die Töne nicht, wie auf andern Jnstru-
menten, an einander verbinden, so viel als möglich ist zu vermeiden. Es
kömmt auch viel darauf an, ob man mit einem Finger stärker als mit dem
andern stößt. Dieses kann daraus folgen, wenn man sich gewöhnet hat,
einige Finger einwärts zu beugen, andere aber gerade auszustrecken: wel-
ches nicht nur eine ungleiche Stärke im Spielen verursachet; sondern

auch

Von dem Clavieriſten insbeſondere.
das Mezzo forte durch Verdoppelung der Octaven im Baſſe; das Forte
durch eben dieſes, und wenn man noch in der linken Hand einige zum
Accorde gehoͤrige Conſonanzen mitnimmt; das Fortiſſimo aber, durch
geſchwinde Brechungen der Accorde von unten herauf, durch eben dieſe
Verdoppelung der Octaven, und der Conſonanzen, in der linken Hand,
und durch einen heftigern und ſtaͤrkern Anſchlag, hervor gebracht werden.
Auf einem Clavicymbal mit zweyen Clavieren, hat man uͤber dieſes noch
den Vortheil, zum Pianiſſimo ſich des oberſten Claviers bedienen zu koͤn-
nen. Auf einem Pianoforte aber, kann alles erfoderliche am allerbe-
quemſten bewerkſtelliget werden: denn dieſes Jnſtrument hat vor allem,
was man Clavier neunet, die zum guten Accompagnement noͤthigen Eigen-
ſchaften am meiſten in ſich: und koͤmmt dabey blos auf den Spieler und
ſeine Beurtheilung an. Auf einem guten Clavichord hat es zwar eben
dieſelbe Beſchaffenheit im Spielen, nicht aber in Anſehung der Wirkung;
weil das Fortiſſimo mangelt.

18. §.

Wie auf einem jeden Jnſtrumente der Ton auf verſchiedene Art her-
vor gebracht werden kann; ſo verhaͤlt es ſich auch gleichergeſtalt mit dem
Clavicymbal: ungeachtet man glauben ſollte, daß es bey dieſem Jnſtru-
mente nicht auf den Spieler, ſondern nur auf das Jnſtrument allein an-
kaͤme. Dennoch giebt es die Erfahrung, daß wenn das Jnſtrument bald
von dem einen, bald von den andern geſpielet wird, der Ton von dem
einem beſſer als von dem andern heraus gebracht wird. Die Urſache da-
von muß folglich auf den Anſchlag, den ein jeder verſchieden hat, an-
kommen: ob derſelbe, bey einem jeden Finger mit gleicher Kraft und
Nachdruck, und mit dem rechten Gewichte geſchieht; ob man den Sey-
ten die gehoͤrige Zeit goͤnnet, daß ſie ihren Schwung ungehindert machen
koͤnnen; oder ob man die Finger mit allzugroßer Gelaſſenheit niederdruͤcket,
und ihnen nicht, durch einen Schneller, eine gewiſſe Kraft giebt, daß
die Seyten, um den Ton laͤnger auszuhalten, in eine laͤnger anhalten-
de Zitterung verſetzet werden koͤnnen; um den Fehler, ſo dieſes Jnſtru-
ment von Natur hat, daß ſich die Toͤne nicht, wie auf andern Jnſtru-
menten, an einander verbinden, ſo viel als moͤglich iſt zu vermeiden. Es
koͤmmt auch viel darauf an, ob man mit einem Finger ſtaͤrker als mit dem
andern ſtoͤßt. Dieſes kann daraus folgen, wenn man ſich gewoͤhnet hat,
einige Finger einwaͤrts zu beugen, andere aber gerade auszuſtrecken: wel-
ches nicht nur eine ungleiche Staͤrke im Spielen verurſachet; ſondern

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0249" n="231"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Clavieri&#x017F;ten insbe&#x017F;ondere.</hi></fw><lb/>
das Mezzo forte durch Verdoppelung der Octaven im Ba&#x017F;&#x017F;e; das Forte<lb/>
durch eben die&#x017F;es, und wenn man noch in der linken Hand einige zum<lb/>
Accorde geho&#x0364;rige <hi rendition="#fr">Con&#x017F;onanzen</hi> mitnimmt; das Forti&#x017F;&#x017F;imo aber, durch<lb/>
ge&#x017F;chwinde Brechungen der Accorde von unten herauf, durch eben die&#x017F;e<lb/>
Verdoppelung der Octaven, und der Con&#x017F;onanzen, in der linken Hand,<lb/>
und durch einen heftigern und &#x017F;ta&#x0364;rkern An&#x017F;chlag, hervor gebracht werden.<lb/>
Auf einem Clavicymbal mit zweyen Clavieren, hat man u&#x0364;ber die&#x017F;es noch<lb/>
den Vortheil, zum Piani&#x017F;&#x017F;imo &#x017F;ich des ober&#x017F;ten Claviers bedienen zu ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Auf einem Pianoforte aber, kann alles erfoderliche am allerbe-<lb/>
quem&#x017F;ten bewerk&#x017F;telliget werden: denn die&#x017F;es Jn&#x017F;trument hat vor allem,<lb/>
was man Clavier neunet, die zum guten Accompagnement no&#x0364;thigen Eigen-<lb/>
&#x017F;chaften am mei&#x017F;ten in &#x017F;ich: und ko&#x0364;mmt dabey blos auf den Spieler und<lb/>
&#x017F;eine Beurtheilung an. Auf einem guten Clavichord hat es zwar eben<lb/>
die&#x017F;elbe Be&#x017F;chaffenheit im Spielen, nicht aber in An&#x017F;ehung der Wirkung;<lb/>
weil das Forti&#x017F;&#x017F;imo mangelt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>18. §.</head><lb/>
            <p>Wie auf einem jeden Jn&#x017F;trumente der Ton auf ver&#x017F;chiedene Art her-<lb/>
vor gebracht werden kann; &#x017F;o verha&#x0364;lt es &#x017F;ich auch gleicherge&#x017F;talt mit dem<lb/>
Clavicymbal: ungeachtet man glauben &#x017F;ollte, daß es bey die&#x017F;em Jn&#x017F;tru-<lb/>
mente nicht auf den Spieler, &#x017F;ondern nur auf das Jn&#x017F;trument allein an-<lb/>
ka&#x0364;me. Dennoch giebt es die Erfahrung, daß wenn das Jn&#x017F;trument bald<lb/>
von dem einen, bald von den andern ge&#x017F;pielet wird, der Ton von dem<lb/>
einem be&#x017F;&#x017F;er als von dem andern heraus gebracht wird. Die Ur&#x017F;ache da-<lb/>
von muß folglich auf den An&#x017F;chlag, den ein jeder ver&#x017F;chieden hat, an-<lb/>
kommen: ob der&#x017F;elbe, bey einem jeden Finger mit gleicher Kraft und<lb/>
Nachdruck, und mit dem rechten Gewichte ge&#x017F;chieht; ob man den Sey-<lb/>
ten die geho&#x0364;rige Zeit go&#x0364;nnet, daß &#x017F;ie ihren Schwung ungehindert machen<lb/>
ko&#x0364;nnen; oder ob man die Finger mit allzugroßer Gela&#x017F;&#x017F;enheit niederdru&#x0364;cket,<lb/>
und ihnen nicht, durch einen Schneller, eine gewi&#x017F;&#x017F;e Kraft giebt, daß<lb/>
die Seyten, um den Ton la&#x0364;nger auszuhalten, in eine la&#x0364;nger anhalten-<lb/>
de Zitterung ver&#x017F;etzet werden ko&#x0364;nnen; um den Fehler, &#x017F;o die&#x017F;es Jn&#x017F;tru-<lb/>
ment von Natur hat, daß &#x017F;ich die To&#x0364;ne nicht, wie auf andern Jn&#x017F;tru-<lb/>
menten, an einander verbinden, &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich i&#x017F;t zu vermeiden. Es<lb/>
ko&#x0364;mmt auch viel darauf an, ob man mit einem Finger &#x017F;ta&#x0364;rker als mit dem<lb/>
andern &#x017F;to&#x0364;ßt. Die&#x017F;es kann daraus folgen, wenn man &#x017F;ich gewo&#x0364;hnet hat,<lb/>
einige Finger einwa&#x0364;rts zu beugen, andere aber gerade auszu&#x017F;trecken: wel-<lb/>
ches nicht nur eine ungleiche Sta&#x0364;rke im Spielen verur&#x017F;achet; &#x017F;ondern<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0249] Von dem Clavieriſten insbeſondere. das Mezzo forte durch Verdoppelung der Octaven im Baſſe; das Forte durch eben dieſes, und wenn man noch in der linken Hand einige zum Accorde gehoͤrige Conſonanzen mitnimmt; das Fortiſſimo aber, durch geſchwinde Brechungen der Accorde von unten herauf, durch eben dieſe Verdoppelung der Octaven, und der Conſonanzen, in der linken Hand, und durch einen heftigern und ſtaͤrkern Anſchlag, hervor gebracht werden. Auf einem Clavicymbal mit zweyen Clavieren, hat man uͤber dieſes noch den Vortheil, zum Pianiſſimo ſich des oberſten Claviers bedienen zu koͤn- nen. Auf einem Pianoforte aber, kann alles erfoderliche am allerbe- quemſten bewerkſtelliget werden: denn dieſes Jnſtrument hat vor allem, was man Clavier neunet, die zum guten Accompagnement noͤthigen Eigen- ſchaften am meiſten in ſich: und koͤmmt dabey blos auf den Spieler und ſeine Beurtheilung an. Auf einem guten Clavichord hat es zwar eben dieſelbe Beſchaffenheit im Spielen, nicht aber in Anſehung der Wirkung; weil das Fortiſſimo mangelt. 18. §. Wie auf einem jeden Jnſtrumente der Ton auf verſchiedene Art her- vor gebracht werden kann; ſo verhaͤlt es ſich auch gleichergeſtalt mit dem Clavicymbal: ungeachtet man glauben ſollte, daß es bey dieſem Jnſtru- mente nicht auf den Spieler, ſondern nur auf das Jnſtrument allein an- kaͤme. Dennoch giebt es die Erfahrung, daß wenn das Jnſtrument bald von dem einen, bald von den andern geſpielet wird, der Ton von dem einem beſſer als von dem andern heraus gebracht wird. Die Urſache da- von muß folglich auf den Anſchlag, den ein jeder verſchieden hat, an- kommen: ob derſelbe, bey einem jeden Finger mit gleicher Kraft und Nachdruck, und mit dem rechten Gewichte geſchieht; ob man den Sey- ten die gehoͤrige Zeit goͤnnet, daß ſie ihren Schwung ungehindert machen koͤnnen; oder ob man die Finger mit allzugroßer Gelaſſenheit niederdruͤcket, und ihnen nicht, durch einen Schneller, eine gewiſſe Kraft giebt, daß die Seyten, um den Ton laͤnger auszuhalten, in eine laͤnger anhalten- de Zitterung verſetzet werden koͤnnen; um den Fehler, ſo dieſes Jnſtru- ment von Natur hat, daß ſich die Toͤne nicht, wie auf andern Jnſtru- menten, an einander verbinden, ſo viel als moͤglich iſt zu vermeiden. Es koͤmmt auch viel darauf an, ob man mit einem Finger ſtaͤrker als mit dem andern ſtoͤßt. Dieſes kann daraus folgen, wenn man ſich gewoͤhnet hat, einige Finger einwaͤrts zu beugen, andere aber gerade auszuſtrecken: wel- ches nicht nur eine ungleiche Staͤrke im Spielen verurſachet; ſondern auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/249
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/249>, abgerufen am 21.11.2024.