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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Des XVII. Hauptstücks. VI. Abschnitt.
se Regel ist vernünftig und gut; wenn sie nur allezeit beobachtet würde.
Denn es thut eine viel bessere Wirkung, wenn die begleitenden Stimmen
auf dem Flügel, unter der Hauptstimme, als wenn solche mit der Ober-
stimme, oder wohl gar über derselben, genommen werden. Wenn die
Alten das Accompagnement um eine Octave höher haben wollten; so setz-
ten sie anstatt der Terze, Quarte, Quinte, u. s. w. die Decime, Undeci-
me, und Duodecime, über den Baß. Da aber zwischen diesen Ziffern
kein solcher Unterschied zu machen ist, als zwischen der Secunde und No-
ne; so kann auch solches von ihnen nicht ganz und gar ohne Ursache ge-
schehen seyn. Aus oben gesagten Ursachen, darf man einen Violoncel-
listen, wenn er Solo spielet, nicht so, wie einen Violinisten, begleiten.
Bey dem erstern muß man mit der rechten Hand alles in der Tiefe spielen:
und soferne der Baß, von dem Componisten, aus Unwissenheit etwan zu
hoch gesetzet wäre, und die Hauptstimme überstiege; so kann man densel-
ben ebenfalls eine Octave tiefer spielen: damit die Quinten nicht in Quar-
ten verwandelt werden. Bey Begleitung der Violine, welche einen großen
Umfang der Töne hat, muß der Accompagnist Achtung geben, ob
der Violinist viel in der äußersten Tiefe, oder sehr hoch zu spielen habe:
damit er weder die Tiefe übersteige, noch bey der äußersten Höhe zu weit
entfernet sey.

22. §.

Wenn der Baß in langsamen Stücken etliche Noten auf einerley
Tone zu wiederholen hat, welche mit , u. d. gl. beziffert sind, da
denn vermuthlich die Hauptstimme die obersten Ziffern in ihrem Gesange
hat: so klingt es sehr gut, wenn der Accompagnist die obersten Ziffern in
der Tiefe spielet, und folglich die Terzen, so beyde Stimmen gegen einan-
der machen, in Sexten verwandelt. Solches wird nicht nur harmoniö-
ser klingen, sondern auch mehr einem Trio als Solo ähnlich werden.
Will er aber nur die untersten Ziffern spielen, und die, welche die Haupt-
stimme hat, gar weg lassen; so ist es noch besser. Wenn er solches bey
allen dergleichen Gelegenheiten beobachtet, und im Accompagnement die
zweyte Stimme zur obersten, und die oberste zur untersten machet; so
wird die Hauptstimme niemals verdunkelt: und der Solospieler bekömmt
dadurch seine gehörige Freyheit. Geschieht aber das Gegentheil, so möch-
te es scheinen, als wollte der Accompagnist das Stück mit dem Solospieler
im Unison spielen.

23. §. Mit

Des XVII. Hauptſtuͤcks. VI. Abſchnitt.
ſe Regel iſt vernuͤnftig und gut; wenn ſie nur allezeit beobachtet wuͤrde.
Denn es thut eine viel beſſere Wirkung, wenn die begleitenden Stimmen
auf dem Fluͤgel, unter der Hauptſtimme, als wenn ſolche mit der Ober-
ſtimme, oder wohl gar uͤber derſelben, genommen werden. Wenn die
Alten das Accompagnement um eine Octave hoͤher haben wollten; ſo ſetz-
ten ſie anſtatt der Terze, Quarte, Quinte, u. ſ. w. die Decime, Undeci-
me, und Duodecime, uͤber den Baß. Da aber zwiſchen dieſen Ziffern
kein ſolcher Unterſchied zu machen iſt, als zwiſchen der Secunde und No-
ne; ſo kann auch ſolches von ihnen nicht ganz und gar ohne Urſache ge-
ſchehen ſeyn. Aus oben geſagten Urſachen, darf man einen Violoncel-
liſten, wenn er Solo ſpielet, nicht ſo, wie einen Violiniſten, begleiten.
Bey dem erſtern muß man mit der rechten Hand alles in der Tiefe ſpielen:
und ſoferne der Baß, von dem Componiſten, aus Unwiſſenheit etwan zu
hoch geſetzet waͤre, und die Hauptſtimme uͤberſtiege; ſo kann man denſel-
ben ebenfalls eine Octave tiefer ſpielen: damit die Quinten nicht in Quar-
ten verwandelt werden. Bey Begleitung der Violine, welche einen großen
Umfang der Toͤne hat, muß der Accompagniſt Achtung geben, ob
der Violiniſt viel in der aͤußerſten Tiefe, oder ſehr hoch zu ſpielen habe:
damit er weder die Tiefe uͤberſteige, noch bey der aͤußerſten Hoͤhe zu weit
entfernet ſey.

22. §.

Wenn der Baß in langſamen Stuͤcken etliche Noten auf einerley
Tone zu wiederholen hat, welche mit , u. d. gl. beziffert ſind, da
denn vermuthlich die Hauptſtimme die oberſten Ziffern in ihrem Geſange
hat: ſo klingt es ſehr gut, wenn der Accompagniſt die oberſten Ziffern in
der Tiefe ſpielet, und folglich die Terzen, ſo beyde Stimmen gegen einan-
der machen, in Sexten verwandelt. Solches wird nicht nur harmonioͤ-
ſer klingen, ſondern auch mehr einem Trio als Solo aͤhnlich werden.
Will er aber nur die unterſten Ziffern ſpielen, und die, welche die Haupt-
ſtimme hat, gar weg laſſen; ſo iſt es noch beſſer. Wenn er ſolches bey
allen dergleichen Gelegenheiten beobachtet, und im Accompagnement die
zweyte Stimme zur oberſten, und die oberſte zur unterſten machet; ſo
wird die Hauptſtimme niemals verdunkelt: und der Soloſpieler bekoͤmmt
dadurch ſeine gehoͤrige Freyheit. Geſchieht aber das Gegentheil, ſo moͤch-
te es ſcheinen, als wollte der Accompagniſt das Stuͤck mit dem Soloſpieler
im Uniſon ſpielen.

23. §. Mit
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[234/0252] Des XVII. Hauptſtuͤcks. VI. Abſchnitt. ſe Regel iſt vernuͤnftig und gut; wenn ſie nur allezeit beobachtet wuͤrde. Denn es thut eine viel beſſere Wirkung, wenn die begleitenden Stimmen auf dem Fluͤgel, unter der Hauptſtimme, als wenn ſolche mit der Ober- ſtimme, oder wohl gar uͤber derſelben, genommen werden. Wenn die Alten das Accompagnement um eine Octave hoͤher haben wollten; ſo ſetz- ten ſie anſtatt der Terze, Quarte, Quinte, u. ſ. w. die Decime, Undeci- me, und Duodecime, uͤber den Baß. Da aber zwiſchen dieſen Ziffern kein ſolcher Unterſchied zu machen iſt, als zwiſchen der Secunde und No- ne; ſo kann auch ſolches von ihnen nicht ganz und gar ohne Urſache ge- ſchehen ſeyn. Aus oben geſagten Urſachen, darf man einen Violoncel- liſten, wenn er Solo ſpielet, nicht ſo, wie einen Violiniſten, begleiten. Bey dem erſtern muß man mit der rechten Hand alles in der Tiefe ſpielen: und ſoferne der Baß, von dem Componiſten, aus Unwiſſenheit etwan zu hoch geſetzet waͤre, und die Hauptſtimme uͤberſtiege; ſo kann man denſel- ben ebenfalls eine Octave tiefer ſpielen: damit die Quinten nicht in Quar- ten verwandelt werden. Bey Begleitung der Violine, welche einen großen Umfang der Toͤne hat, muß der Accompagniſt Achtung geben, ob der Violiniſt viel in der aͤußerſten Tiefe, oder ſehr hoch zu ſpielen habe: damit er weder die Tiefe uͤberſteige, noch bey der aͤußerſten Hoͤhe zu weit entfernet ſey. 22. §. Wenn der Baß in langſamen Stuͤcken etliche Noten auf einerley Tone zu wiederholen hat, welche mit [FORMEL], u. d. gl. beziffert ſind, da denn vermuthlich die Hauptſtimme die oberſten Ziffern in ihrem Geſange hat: ſo klingt es ſehr gut, wenn der Accompagniſt die oberſten Ziffern in der Tiefe ſpielet, und folglich die Terzen, ſo beyde Stimmen gegen einan- der machen, in Sexten verwandelt. Solches wird nicht nur harmonioͤ- ſer klingen, ſondern auch mehr einem Trio als Solo aͤhnlich werden. Will er aber nur die unterſten Ziffern ſpielen, und die, welche die Haupt- ſtimme hat, gar weg laſſen; ſo iſt es noch beſſer. Wenn er ſolches bey allen dergleichen Gelegenheiten beobachtet, und im Accompagnement die zweyte Stimme zur oberſten, und die oberſte zur unterſten machet; ſo wird die Hauptſtimme niemals verdunkelt: und der Soloſpieler bekoͤmmt dadurch ſeine gehoͤrige Freyheit. Geſchieht aber das Gegentheil, ſo moͤch- te es ſcheinen, als wollte der Accompagniſt das Stuͤck mit dem Soloſpieler im Uniſon ſpielen. 23. §. Mit

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/252>, abgerufen am 22.11.2024.