Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

und Beschreibung der Flöte traversiere.
große Neigung, so die Deutschen allezeit gegen die Blasinstrumente ge-
heget haben, hat verursachet, daß die Flöte traversiere nunmehr in
Deutschland eben so allgemein worden, als sie in Frankreich ist.

8. §.

Bis hieher hatte die Flöte noch immer nur eine Klappe. Nachdem
ich aber nach und nach die Eigenschaften dieses Jnstruments einsehen ler-
nete; befand ich, daß immer noch ein kleiner Mangel der Reinigkeit ge-
wißer Töne vorhanden war: welchem aber auf keine andere Art, als
durch Zusetzung der zwoyten Klappe, abgeholfen werden konnte. Jch
habe also diese zweyte Klappe im Jahr 1726. hinzugefüget.* Und also
ist hieraus diejenige Flöte traversiere entstanden, deren Abbildung man
Tab. I. Fig. 1. sehen kann.

9. §.

Jn den alten Zeiten, bestund die Flöte traversiere nur aus einem
Stücke, wie die noch heut zu Tage übliche Schweitzerpfeife, oder die soge-
nannte Querpfeife der Soldaten: nur war sie eine Octave tiefer als die
letztere. Als aber in Frankreich die eine Klappe hinzugefüget wurde,
um die Flöte, so wie andere Jnstrumente, zur Musik brauchbarer zu ma-
chen: so bekam diese Flöte zugleich, nicht nur von außen eine bessere Ge-
stalt; sondern sie wurde auch, um mehrerer Bequemlichkeit willen, in
drey Stücken getheilet, nämlich: ein Kopfstück, worinnen sich das Mund-
loch befindet; ein Mittelstück mit sechs Löchern; und das Füßgen, woran
die Klappe zu finden ist. Diese drey Stücken würden auch zulänglich ge-
wesen seyn: wenn man aller Orten einerley Stimmung hätte. Weil
aber der Ton, nach welchem man stimmet, so sehr verschieden ist; daß
nicht nur in einem jeden Lande, sondern auch mehrentheils in einer jeden
Provinz und Stadt, eine andere Stimmung, oder herrschender Ton,
eingeführet ist; zugeschweigen, daß der Clavicymbal, an eben demselben
Orte, durch unachtsame Stimmer, bald hoch, bald tief gestimmet wird:
so hat man, vor ohngefähr dreyßig Jahren, die Flöte mit mehrern Mittel-
stücken versehen. Man hat zu dem Ende das lange Mittelstück, mit
sechs Löchern, in zween Theile getheilet; um die Flöte bequemer bey sich
tragen zu können: und an statt eines, und zwar des obersten Stückes von
diesen zween Theilen, hat man zwey bis drey verfertiget, welche, weil im-
mer eines kürzer als das andere seyn muß, sich damals ohngefähr um

einen
* Die Ursache dieser zweyten Klappe erkläre ich weitläuftiger im 8. §. des III.
Hauptstückes.
D

und Beſchreibung der Floͤte traverſiere.
große Neigung, ſo die Deutſchen allezeit gegen die Blasinſtrumente ge-
heget haben, hat verurſachet, daß die Floͤte traverſiere nunmehr in
Deutſchland eben ſo allgemein worden, als ſie in Frankreich iſt.

8. §.

Bis hieher hatte die Floͤte noch immer nur eine Klappe. Nachdem
ich aber nach und nach die Eigenſchaften dieſes Jnſtruments einſehen ler-
nete; befand ich, daß immer noch ein kleiner Mangel der Reinigkeit ge-
wißer Toͤne vorhanden war: welchem aber auf keine andere Art, als
durch Zuſetzung der zwoyten Klappe, abgeholfen werden konnte. Jch
habe alſo dieſe zweyte Klappe im Jahr 1726. hinzugefuͤget.* Und alſo
iſt hieraus diejenige Floͤte traverſiere entſtanden, deren Abbildung man
Tab. I. Fig. 1. ſehen kann.

9. §.

Jn den alten Zeiten, beſtund die Floͤte traverſiere nur aus einem
Stuͤcke, wie die noch heut zu Tage uͤbliche Schweitzerpfeife, oder die ſoge-
nannte Querpfeife der Soldaten: nur war ſie eine Octave tiefer als die
letztere. Als aber in Frankreich die eine Klappe hinzugefuͤget wurde,
um die Floͤte, ſo wie andere Jnſtrumente, zur Muſik brauchbarer zu ma-
chen: ſo bekam dieſe Floͤte zugleich, nicht nur von außen eine beſſere Ge-
ſtalt; ſondern ſie wurde auch, um mehrerer Bequemlichkeit willen, in
drey Stuͤcken getheilet, naͤmlich: ein Kopfſtuͤck, worinnen ſich das Mund-
loch befindet; ein Mittelſtuͤck mit ſechs Loͤchern; und das Fuͤßgen, woran
die Klappe zu finden iſt. Dieſe drey Stuͤcken wuͤrden auch zulaͤnglich ge-
weſen ſeyn: wenn man aller Orten einerley Stimmung haͤtte. Weil
aber der Ton, nach welchem man ſtimmet, ſo ſehr verſchieden iſt; daß
nicht nur in einem jeden Lande, ſondern auch mehrentheils in einer jeden
Provinz und Stadt, eine andere Stimmung, oder herrſchender Ton,
eingefuͤhret iſt; zugeſchweigen, daß der Clavicymbal, an eben demſelben
Orte, durch unachtſame Stimmer, bald hoch, bald tief geſtimmet wird:
ſo hat man, vor ohngefaͤhr dreyßig Jahren, die Floͤte mit mehrern Mittel-
ſtuͤcken verſehen. Man hat zu dem Ende das lange Mittelſtuͤck, mit
ſechs Loͤchern, in zween Theile getheilet; um die Floͤte bequemer bey ſich
tragen zu koͤnnen: und an ſtatt eines, und zwar des oberſten Stuͤckes von
dieſen zween Theilen, hat man zwey bis drey verfertiget, welche, weil im-
mer eines kuͤrzer als das andere ſeyn muß, ſich damals ohngefaͤhr um

einen
* Die Urſache dieſer zweyten Klappe erklaͤre ich weitlaͤuftiger im 8. §. des III.
Hauptſtuͤckes.
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0043" n="25"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Be&#x017F;chreibung der Flo&#x0364;te traver&#x017F;iere.</hi></fw><lb/>
große Neigung, &#x017F;o die Deut&#x017F;chen allezeit gegen die Blasin&#x017F;trumente ge-<lb/>
heget haben, hat verur&#x017F;achet, daß die Flo&#x0364;te traver&#x017F;iere nunmehr in<lb/>
Deut&#x017F;chland eben &#x017F;o allgemein worden, als &#x017F;ie in Frankreich i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>8. §.</head><lb/>
            <p>Bis hieher hatte die Flo&#x0364;te noch immer nur eine Klappe. Nachdem<lb/>
ich aber nach und nach die Eigen&#x017F;chaften die&#x017F;es Jn&#x017F;truments ein&#x017F;ehen ler-<lb/>
nete; befand ich, daß immer noch ein kleiner Mangel der Reinigkeit ge-<lb/>
wißer To&#x0364;ne vorhanden war: welchem aber auf keine andere Art, als<lb/>
durch Zu&#x017F;etzung der zwoyten Klappe, abgeholfen werden konnte. Jch<lb/>
habe al&#x017F;o die&#x017F;e zweyte Klappe im Jahr 1726. hinzugefu&#x0364;get.<note place="foot" n="*">Die Ur&#x017F;ache die&#x017F;er zweyten Klappe erkla&#x0364;re ich weitla&#x0364;uftiger im 8. §. des <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
Haupt&#x017F;tu&#x0364;ckes.</note> Und al&#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t hieraus diejenige Flo&#x0364;te traver&#x017F;iere ent&#x017F;tanden, deren Abbildung man<lb/>
Tab. <hi rendition="#aq">I.</hi> Fig. 1. &#x017F;ehen kann.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>9. §.</head><lb/>
            <p>Jn den alten Zeiten, be&#x017F;tund die Flo&#x0364;te traver&#x017F;iere nur aus einem<lb/>
Stu&#x0364;cke, wie die noch heut zu Tage u&#x0364;bliche Schweitzerpfeife, oder die &#x017F;oge-<lb/>
nannte Querpfeife der Soldaten: nur war &#x017F;ie eine Octave tiefer als die<lb/>
letztere. Als aber in Frankreich die eine Klappe hinzugefu&#x0364;get wurde,<lb/>
um die Flo&#x0364;te, &#x017F;o wie andere Jn&#x017F;trumente, zur Mu&#x017F;ik brauchbarer zu ma-<lb/>
chen: &#x017F;o bekam die&#x017F;e Flo&#x0364;te zugleich, nicht nur von außen eine be&#x017F;&#x017F;ere Ge-<lb/>
&#x017F;talt; &#x017F;ondern &#x017F;ie wurde auch, um mehrerer Bequemlichkeit willen, in<lb/>
drey Stu&#x0364;cken getheilet, na&#x0364;mlich: ein Kopf&#x017F;tu&#x0364;ck, worinnen &#x017F;ich das Mund-<lb/>
loch befindet; ein Mittel&#x017F;tu&#x0364;ck mit &#x017F;echs Lo&#x0364;chern; und das Fu&#x0364;ßgen, woran<lb/>
die Klappe zu finden i&#x017F;t. Die&#x017F;e drey Stu&#x0364;cken wu&#x0364;rden auch zula&#x0364;nglich ge-<lb/>
we&#x017F;en &#x017F;eyn: wenn man aller Orten einerley Stimmung ha&#x0364;tte. Weil<lb/>
aber der Ton, nach welchem man &#x017F;timmet, &#x017F;o &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden i&#x017F;t; daß<lb/>
nicht nur in einem jeden Lande, &#x017F;ondern auch mehrentheils in einer jeden<lb/>
Provinz und Stadt, eine andere Stimmung, oder herr&#x017F;chender Ton,<lb/>
eingefu&#x0364;hret i&#x017F;t; zuge&#x017F;chweigen, daß der Clavicymbal, an eben dem&#x017F;elben<lb/>
Orte, durch unacht&#x017F;ame Stimmer, bald hoch, bald tief ge&#x017F;timmet wird:<lb/>
&#x017F;o hat man, vor ohngefa&#x0364;hr dreyßig Jahren, die Flo&#x0364;te mit mehrern Mittel-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;cken ver&#x017F;ehen. Man hat zu dem Ende das lange Mittel&#x017F;tu&#x0364;ck, mit<lb/>
&#x017F;echs Lo&#x0364;chern, in zween Theile getheilet; um die Flo&#x0364;te bequemer bey &#x017F;ich<lb/>
tragen zu ko&#x0364;nnen: und an &#x017F;tatt eines, und zwar des ober&#x017F;ten Stu&#x0364;ckes von<lb/>
die&#x017F;en zween Theilen, hat man zwey bis drey verfertiget, welche, weil im-<lb/>
mer eines ku&#x0364;rzer als das andere &#x017F;eyn muß, &#x017F;ich damals ohngefa&#x0364;hr um<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">einen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0043] und Beſchreibung der Floͤte traverſiere. große Neigung, ſo die Deutſchen allezeit gegen die Blasinſtrumente ge- heget haben, hat verurſachet, daß die Floͤte traverſiere nunmehr in Deutſchland eben ſo allgemein worden, als ſie in Frankreich iſt. 8. §. Bis hieher hatte die Floͤte noch immer nur eine Klappe. Nachdem ich aber nach und nach die Eigenſchaften dieſes Jnſtruments einſehen ler- nete; befand ich, daß immer noch ein kleiner Mangel der Reinigkeit ge- wißer Toͤne vorhanden war: welchem aber auf keine andere Art, als durch Zuſetzung der zwoyten Klappe, abgeholfen werden konnte. Jch habe alſo dieſe zweyte Klappe im Jahr 1726. hinzugefuͤget. * Und alſo iſt hieraus diejenige Floͤte traverſiere entſtanden, deren Abbildung man Tab. I. Fig. 1. ſehen kann. 9. §. Jn den alten Zeiten, beſtund die Floͤte traverſiere nur aus einem Stuͤcke, wie die noch heut zu Tage uͤbliche Schweitzerpfeife, oder die ſoge- nannte Querpfeife der Soldaten: nur war ſie eine Octave tiefer als die letztere. Als aber in Frankreich die eine Klappe hinzugefuͤget wurde, um die Floͤte, ſo wie andere Jnſtrumente, zur Muſik brauchbarer zu ma- chen: ſo bekam dieſe Floͤte zugleich, nicht nur von außen eine beſſere Ge- ſtalt; ſondern ſie wurde auch, um mehrerer Bequemlichkeit willen, in drey Stuͤcken getheilet, naͤmlich: ein Kopfſtuͤck, worinnen ſich das Mund- loch befindet; ein Mittelſtuͤck mit ſechs Loͤchern; und das Fuͤßgen, woran die Klappe zu finden iſt. Dieſe drey Stuͤcken wuͤrden auch zulaͤnglich ge- weſen ſeyn: wenn man aller Orten einerley Stimmung haͤtte. Weil aber der Ton, nach welchem man ſtimmet, ſo ſehr verſchieden iſt; daß nicht nur in einem jeden Lande, ſondern auch mehrentheils in einer jeden Provinz und Stadt, eine andere Stimmung, oder herrſchender Ton, eingefuͤhret iſt; zugeſchweigen, daß der Clavicymbal, an eben demſelben Orte, durch unachtſame Stimmer, bald hoch, bald tief geſtimmet wird: ſo hat man, vor ohngefaͤhr dreyßig Jahren, die Floͤte mit mehrern Mittel- ſtuͤcken verſehen. Man hat zu dem Ende das lange Mittelſtuͤck, mit ſechs Loͤchern, in zween Theile getheilet; um die Floͤte bequemer bey ſich tragen zu koͤnnen: und an ſtatt eines, und zwar des oberſten Stuͤckes von dieſen zween Theilen, hat man zwey bis drey verfertiget, welche, weil im- mer eines kuͤrzer als das andere ſeyn muß, ſich damals ohngefaͤhr um einen * Die Urſache dieſer zweyten Klappe erklaͤre ich weitlaͤuftiger im 8. §. des III. Hauptſtuͤckes. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/43
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/43>, abgerufen am 24.11.2024.