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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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3. §.

Wer davon Beweis verlanget, der stelle sich einen geschikten Clavierspieler vor, wenn er auf einem verstimmten Instrumente spielet; und bemerke, ob die Uneinigkeit der Stimmung einem feinen musikalischen Gehöre nicht mehr Beleidigung anthun wird, als ihm des Spielers gute Art zu spielen Vergnügen erwecket. Geschieht nun dieses bey einem einzigen Instrumente, wo die Verdoppelung der Töne nur aus zweenen Einklängen und höchstens zwoen Octaven besteht; was für eine üble Wirkung muß es nicht bey einer zahlreichen Musik thun, wo der Einklang so vielmal verdoppelt wird, wenn die Instrumente nicht mit einander übereinstimmen. Es ist zwar wahr, daß ein jeder von den Bogeninstrumentisten sein Instrument nach dem Gehöre spielet, und die Finger nach Gefallen, höher oder tiefer setzen kann: allein die unreine Stimmung wird doch dann und wann durch die bloßen Seyten, welche man nicht zu allen Zeiten vermeiden kann, besonders die tiefsten, auf einem jeden Instrumente verrathen. Ueberdieses ist zu vermuthen, daß derjenige, welcher sich so leichtsinnig gewöhnet, sein Instrument selten recht rein zu stimmen, auch nicht vermögend sey, dasselbe recht rein zu spielen: weil immer aus einem Uebel das andere entspringt. Wäre auch ein Violinist geschikt genug, durch Versetzung der Hände alles zu spielen, ohne die bloßen Seyten zu berühren: so kann er doch nicht vermeiden, die Quintensprünge mit einem Finger zu greifen. Sind nun die Seyten an und für sich nicht rein gestimmet: so bleiben diese Quintensprünge, in geschwinden Stücken, gleichfalls unrein.

4. §.

Um die Violine recht rein zu stimmen, halte ich dafür, daß man nicht übel thun würde, wenn man sich nach der Regel richtete, die bey Stimmung des Claviers beobachtet werden muß, nämlich: wenn man die Quinten, nicht, wie geschieht, ganz rein, oder wohl gar über sich schwebend, sondern vielmehr unter sich schwebend stimmete: damit die bloßen Seyten alle mit dem Claviere übereinträfen. Denn sofern man die Quinten alle scharf und rein stimmen will: so folget natürlicher Weise, daß von vier Seyten nur eine mit dem Claviere gleichlautend ist. Stimmet man aber das A zum Claviere rein, und läßt das E zum A ein wenig unter sich, das D zum A, und das G zum D aber, über sich schweben: so werden beyde Instrumente gegen einander übereinstimmen.

3. §.

Wer davon Beweis verlanget, der stelle sich einen geschikten Clavierspieler vor, wenn er auf einem verstimmten Instrumente spielet; und bemerke, ob die Uneinigkeit der Stimmung einem feinen musikalischen Gehöre nicht mehr Beleidigung anthun wird, als ihm des Spielers gute Art zu spielen Vergnügen erwecket. Geschieht nun dieses bey einem einzigen Instrumente, wo die Verdoppelung der Töne nur aus zweenen Einklängen und höchstens zwoen Octaven besteht; was für eine üble Wirkung muß es nicht bey einer zahlreichen Musik thun, wo der Einklang so vielmal verdoppelt wird, wenn die Instrumente nicht mit einander übereinstimmen. Es ist zwar wahr, daß ein jeder von den Bogeninstrumentisten sein Instrument nach dem Gehöre spielet, und die Finger nach Gefallen, höher oder tiefer setzen kann: allein die unreine Stimmung wird doch dann und wann durch die bloßen Seyten, welche man nicht zu allen Zeiten vermeiden kann, besonders die tiefsten, auf einem jeden Instrumente verrathen. Ueberdieses ist zu vermuthen, daß derjenige, welcher sich so leichtsinnig gewöhnet, sein Instrument selten recht rein zu stimmen, auch nicht vermögend sey, dasselbe recht rein zu spielen: weil immer aus einem Uebel das andere entspringt. Wäre auch ein Violinist geschikt genug, durch Versetzung der Hände alles zu spielen, ohne die bloßen Seyten zu berühren: so kann er doch nicht vermeiden, die Quintensprünge mit einem Finger zu greifen. Sind nun die Seyten an und für sich nicht rein gestimmet: so bleiben diese Quintensprünge, in geschwinden Stücken, gleichfalls unrein.

4. §.

Um die Violine recht rein zu stimmen, halte ich dafür, daß man nicht übel thun würde, wenn man sich nach der Regel richtete, die bey Stimmung des Claviers beobachtet werden muß, nämlich: wenn man die Quinten, nicht, wie geschieht, ganz rein, oder wohl gar über sich schwebend, sondern vielmehr unter sich schwebend stimmete: damit die bloßen Seyten alle mit dem Claviere übereinträfen. Denn sofern man die Quinten alle scharf und rein stimmen will: so folget natürlicher Weise, daß von vier Seyten nur eine mit dem Claviere gleichlautend ist. Stimmet man aber das A zum Claviere rein, und läßt das E zum A ein wenig unter sich, das D zum A, und das G zum D aber, über sich schweben: so werden beyde Instrumente gegen einander übereinstimmen.

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[240/0254] 3. §. Wer davon Beweis verlanget, der stelle sich einen geschikten Clavierspieler vor, wenn er auf einem verstimmten Instrumente spielet; und bemerke, ob die Uneinigkeit der Stimmung einem feinen musikalischen Gehöre nicht mehr Beleidigung anthun wird, als ihm des Spielers gute Art zu spielen Vergnügen erwecket. Geschieht nun dieses bey einem einzigen Instrumente, wo die Verdoppelung der Töne nur aus zweenen Einklängen und höchstens zwoen Octaven besteht; was für eine üble Wirkung muß es nicht bey einer zahlreichen Musik thun, wo der Einklang so vielmal verdoppelt wird, wenn die Instrumente nicht mit einander übereinstimmen. Es ist zwar wahr, daß ein jeder von den Bogeninstrumentisten sein Instrument nach dem Gehöre spielet, und die Finger nach Gefallen, höher oder tiefer setzen kann: allein die unreine Stimmung wird doch dann und wann durch die bloßen Seyten, welche man nicht zu allen Zeiten vermeiden kann, besonders die tiefsten, auf einem jeden Instrumente verrathen. Ueberdieses ist zu vermuthen, daß derjenige, welcher sich so leichtsinnig gewöhnet, sein Instrument selten recht rein zu stimmen, auch nicht vermögend sey, dasselbe recht rein zu spielen: weil immer aus einem Uebel das andere entspringt. Wäre auch ein Violinist geschikt genug, durch Versetzung der Hände alles zu spielen, ohne die bloßen Seyten zu berühren: so kann er doch nicht vermeiden, die Quintensprünge mit einem Finger zu greifen. Sind nun die Seyten an und für sich nicht rein gestimmet: so bleiben diese Quintensprünge, in geschwinden Stücken, gleichfalls unrein. 4. §. Um die Violine recht rein zu stimmen, halte ich dafür, daß man nicht übel thun würde, wenn man sich nach der Regel richtete, die bey Stimmung des Claviers beobachtet werden muß, nämlich: wenn man die Quinten, nicht, wie geschieht, ganz rein, oder wohl gar über sich schwebend, sondern vielmehr unter sich schwebend stimmete: damit die bloßen Seyten alle mit dem Claviere übereinträfen. Denn sofern man die Quinten alle scharf und rein stimmen will: so folget natürlicher Weise, daß von vier Seyten nur eine mit dem Claviere gleichlautend ist. Stimmet man aber das A zum Claviere rein, und läßt das E zum A ein wenig unter sich, das D zum A, und das G zum D aber, über sich schweben: so werden beyde Instrumente gegen einander übereinstimmen.

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/254>, abgerufen am 24.11.2024.