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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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Ringe optisch 2axiger Krystalle.
schen die Turmalinzange bringen, um die schöne Erscheinung zu sehen.
Wenn der Winkel der optischen Axen scharf ist, wie beim Weißbleierz
5° 15', Salpeter 5° 20' etc., so sieht man senkrecht gegen die optische
Mittellinie geschnitten, zwei Cur-
vensysteme, welche die Eigenschaf-
ten der Lemniscaten haben, und
deren Form sich bei Drehung der
Krystallplatte nicht ändert, wohl
aber wird die Lage der beiden
schwarzen Curven gegen die Lem-
niscaten stets eine andere. Wenn
die Axenlinie a a der Salpeter-
platte in der Turmalinzange 45°
[Abbildung] schief nach links oder rechts liegt, so ist die Mitte schön gefärbt, und die
schwarzen Striche bilden nach außen offene Hyperbeln, so wie dagegen
die Linie a a aufrecht steht, so erzeugt sich ein schwarzes Kreuz, was die
Mitte gänzlich verdunkelt.

Hierin liegt ein praktisches Mittel, optisch einaxige Minerale von op-
tisch zweiaxigen zu unterscheiden. Denn einaxige bleiben zwischen gekreuzten
Turmalinplatten bei jeder Drehung dunkel, zweiaxige werden dagegen
bei einer Kreisdrehung zwei Mal dunkel und zwei Mal hell. Noch
bequemer hat man es auf dem Polarisationsapparate. Glimmer, To-
pas etc. liefern gute Beispiele. Besonders interessant ist der Glimmer,
weil darunter sich zuweilen auch optisch einaxige Blätter finden.

"Den Charakter der optischen Axen, ob selbe positiv oder negativ
seien, findet man durch Kreuzung mit einer Platte von bekanntem Cha-
rakter. Werden die Ringe kleiner, so besitzen beide Substanzen gleichen
Charakter, denn das Plattenpaar wirkt wie eine einzige dickere Platte.
Werden die Ringe größer, so besitzen sie verschiedene Charaktere, denn das
Plattenpaar wirkt wie eine dünnere Platte."

Die Betrachtung der Farben in den Ringen führt zu den feinern
optischen Unterschieden, die wir nur kurz erwähnen können. Beim Sal-
peter ist der Winkel der rothen Axen kleiner als der blauen, beim Weiß-
bleierz ist es umgekehrt, aber da sie dem 2gliedrigen Systeme angehören,
so sind die Farben rings gleich vertheilt, wofern der Schliff nur senk-
recht gegen die optische Axe geführt ist. Bei den 2+1gliedrigen Syste-
men, wie z. B. beim weinsteinsauren Kalinatron (Seignettesalz), dessen
optische Axen für die rothen Strahlen 76°, für die violetten 56° haben,
fällt der Mittelpunkt der verschiedenfarbigen Ringe nicht mehr zusammen,
dadurch entsteht dann eine Verschiedenheit der Farben zwischen vorn und
hinten, die der Unregelmäßigkeit des Krystallsystemes entspricht.

Farben dünner Krystallblätter. Schleift man optisch ein-
axige
Krystalle parallel der optischen Axen, oder optisch zweiaxige
parallel mit der Ebene der optischen Axen in dünne Blättchen, so zeigen
sie im polarisirten Licht prachtvolle Farbenerscheinungen. Am besten eig-
net sich in dieser Beziehung Gyps, weil sein sehr deutlich blättriger Bruch
parallel der optischen Axenebene liegt. Gleich dicke Blättchen erscheinen
einfarbig, ungleich dicke mehrfarbig, Beweis daß die Farbe von der Dicke
abhängt. Bei senkrecht gekreuzten Schwingungsebenen des Polarisations-

Ringe optiſch 2axiger Kryſtalle.
ſchen die Turmalinzange bringen, um die ſchöne Erſcheinung zu ſehen.
Wenn der Winkel der optiſchen Axen ſcharf iſt, wie beim Weißbleierz
5° 15′, Salpeter 5° 20′ ꝛc., ſo ſieht man ſenkrecht gegen die optiſche
Mittellinie geſchnitten, zwei Cur-
venſyſteme, welche die Eigenſchaf-
ten der Lemniscaten haben, und
deren Form ſich bei Drehung der
Kryſtallplatte nicht ändert, wohl
aber wird die Lage der beiden
ſchwarzen Curven gegen die Lem-
niscaten ſtets eine andere. Wenn
die Axenlinie a a der Salpeter-
platte in der Turmalinzange 45°
[Abbildung] ſchief nach links oder rechts liegt, ſo iſt die Mitte ſchön gefärbt, und die
ſchwarzen Striche bilden nach außen offene Hyperbeln, ſo wie dagegen
die Linie a a aufrecht ſteht, ſo erzeugt ſich ein ſchwarzes Kreuz, was die
Mitte gänzlich verdunkelt.

Hierin liegt ein praktiſches Mittel, optiſch einaxige Minerale von op-
tiſch zweiaxigen zu unterſcheiden. Denn einaxige bleiben zwiſchen gekreuzten
Turmalinplatten bei jeder Drehung dunkel, zweiaxige werden dagegen
bei einer Kreisdrehung zwei Mal dunkel und zwei Mal hell. Noch
bequemer hat man es auf dem Polariſationsapparate. Glimmer, To-
pas ꝛc. liefern gute Beiſpiele. Beſonders intereſſant iſt der Glimmer,
weil darunter ſich zuweilen auch optiſch einaxige Blätter finden.

„Den Charakter der optiſchen Axen, ob ſelbe poſitiv oder negativ
ſeien, findet man durch Kreuzung mit einer Platte von bekanntem Cha-
rakter. Werden die Ringe kleiner, ſo beſitzen beide Subſtanzen gleichen
Charakter, denn das Plattenpaar wirkt wie eine einzige dickere Platte.
Werden die Ringe größer, ſo beſitzen ſie verſchiedene Charaktere, denn das
Plattenpaar wirkt wie eine dünnere Platte.“

Die Betrachtung der Farben in den Ringen führt zu den feinern
optiſchen Unterſchieden, die wir nur kurz erwähnen können. Beim Sal-
peter iſt der Winkel der rothen Axen kleiner als der blauen, beim Weiß-
bleierz iſt es umgekehrt, aber da ſie dem 2gliedrigen Syſteme angehören,
ſo ſind die Farben rings gleich vertheilt, wofern der Schliff nur ſenk-
recht gegen die optiſche Axe geführt iſt. Bei den 2+1gliedrigen Syſte-
men, wie z. B. beim weinſteinſauren Kalinatron (Seignetteſalz), deſſen
optiſche Axen für die rothen Strahlen 76°, für die violetten 56° haben,
fällt der Mittelpunkt der verſchiedenfarbigen Ringe nicht mehr zuſammen,
dadurch entſteht dann eine Verſchiedenheit der Farben zwiſchen vorn und
hinten, die der Unregelmäßigkeit des Kryſtallſyſtemes entſpricht.

Farben dünner Kryſtallblätter. Schleift man optiſch ein-
axige
Kryſtalle parallel der optiſchen Axen, oder optiſch zweiaxige
parallel mit der Ebene der optiſchen Axen in dünne Blättchen, ſo zeigen
ſie im polariſirten Licht prachtvolle Farbenerſcheinungen. Am beſten eig-
net ſich in dieſer Beziehung Gyps, weil ſein ſehr deutlich blättriger Bruch
parallel der optiſchen Axenebene liegt. Gleich dicke Blättchen erſcheinen
einfarbig, ungleich dicke mehrfarbig, Beweis daß die Farbe von der Dicke
abhängt. Bei ſenkrecht gekreuzten Schwingungsebenen des Polariſations-

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[109/0121] Ringe optiſch 2axiger Kryſtalle. ſchen die Turmalinzange bringen, um die ſchöne Erſcheinung zu ſehen. Wenn der Winkel der optiſchen Axen ſcharf iſt, wie beim Weißbleierz 5° 15′, Salpeter 5° 20′ ꝛc., ſo ſieht man ſenkrecht gegen die optiſche Mittellinie geſchnitten, zwei Cur- venſyſteme, welche die Eigenſchaf- ten der Lemniscaten haben, und deren Form ſich bei Drehung der Kryſtallplatte nicht ändert, wohl aber wird die Lage der beiden ſchwarzen Curven gegen die Lem- niscaten ſtets eine andere. Wenn die Axenlinie a a der Salpeter- platte in der Turmalinzange 45° [Abbildung] ſchief nach links oder rechts liegt, ſo iſt die Mitte ſchön gefärbt, und die ſchwarzen Striche bilden nach außen offene Hyperbeln, ſo wie dagegen die Linie a a aufrecht ſteht, ſo erzeugt ſich ein ſchwarzes Kreuz, was die Mitte gänzlich verdunkelt. Hierin liegt ein praktiſches Mittel, optiſch einaxige Minerale von op- tiſch zweiaxigen zu unterſcheiden. Denn einaxige bleiben zwiſchen gekreuzten Turmalinplatten bei jeder Drehung dunkel, zweiaxige werden dagegen bei einer Kreisdrehung zwei Mal dunkel und zwei Mal hell. Noch bequemer hat man es auf dem Polariſationsapparate. Glimmer, To- pas ꝛc. liefern gute Beiſpiele. Beſonders intereſſant iſt der Glimmer, weil darunter ſich zuweilen auch optiſch einaxige Blätter finden. „Den Charakter der optiſchen Axen, ob ſelbe poſitiv oder negativ ſeien, findet man durch Kreuzung mit einer Platte von bekanntem Cha- rakter. Werden die Ringe kleiner, ſo beſitzen beide Subſtanzen gleichen Charakter, denn das Plattenpaar wirkt wie eine einzige dickere Platte. Werden die Ringe größer, ſo beſitzen ſie verſchiedene Charaktere, denn das Plattenpaar wirkt wie eine dünnere Platte.“ Die Betrachtung der Farben in den Ringen führt zu den feinern optiſchen Unterſchieden, die wir nur kurz erwähnen können. Beim Sal- peter iſt der Winkel der rothen Axen kleiner als der blauen, beim Weiß- bleierz iſt es umgekehrt, aber da ſie dem 2gliedrigen Syſteme angehören, ſo ſind die Farben rings gleich vertheilt, wofern der Schliff nur ſenk- recht gegen die optiſche Axe geführt iſt. Bei den 2+1gliedrigen Syſte- men, wie z. B. beim weinſteinſauren Kalinatron (Seignetteſalz), deſſen optiſche Axen für die rothen Strahlen 76°, für die violetten 56° haben, fällt der Mittelpunkt der verſchiedenfarbigen Ringe nicht mehr zuſammen, dadurch entſteht dann eine Verſchiedenheit der Farben zwiſchen vorn und hinten, die der Unregelmäßigkeit des Kryſtallſyſtemes entſpricht. Farben dünner Kryſtallblätter. Schleift man optiſch ein- axige Kryſtalle parallel der optiſchen Axen, oder optiſch zweiaxige parallel mit der Ebene der optiſchen Axen in dünne Blättchen, ſo zeigen ſie im polariſirten Licht prachtvolle Farbenerſcheinungen. Am beſten eig- net ſich in dieſer Beziehung Gyps, weil ſein ſehr deutlich blättriger Bruch parallel der optiſchen Axenebene liegt. Gleich dicke Blättchen erſcheinen einfarbig, ungleich dicke mehrfarbig, Beweis daß die Farbe von der Dicke abhängt. Bei ſenkrecht gekreuzten Schwingungsebenen des Polariſations-

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/121>, abgerufen am 26.11.2024.