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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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Künstliches Glas.
sidian: es gibt einen glasigen (schaumigen) mit mehr runden Poren,
an deren Seitenwänden man auch die Glasnatur noch erkennt. Er ist
wie der Obsidian blaßgrün auf Teneriffa, und dunkelbraun auf Procida
und Ischia, und entspricht der kieselärmern Obsidianabänderung mit
61--62 p. C. Kieselerde; der fasrige (gemeine Bimstein) hat etwas
Seidenglänzendes, besonders wenn die Fasern parallel gehen, und hat
am meisten von seiner Glasnatur eingebüßt. Muster ist besonders der
von den Liparischen Inseln, worin Klaproth (Beitr. II. 65) schon 77,5
Kieselerde, Abich 73,7 Si nachwiesen, neben 4,5 Natron und 4,7 Kali.
Gehört also zur kieselreichen Abänderung des Obsidians. Das Fadige
ist der Bildung der Fäden des sogenannten gesponnenen Glases analog,
und darf nicht mit fasriger Structur verwechselt werden. Viele poröse
sind schwimmend leicht, aber nur in Folge der Poren, denn das Pulver
hat fast das Gewicht des entsprechenden Obsidians.

Ein Licht auf die Bildung werfen manche Hochofenschlacken, dieselben
nehmen mit Wasser schnell abgekühlt ein poröses Gefüge an, ganz dem
des schaumigen Bimsteins ähnlich. Namen wie Bimsteinporphyr, Obsidian-
porphyr etc. erklären sich von selbst.

Es ist mehr als wahrscheinlich, daß die natürlichen Glasflüsse auf
das künstliche Glas geführt haben. Plinius 36. 65 erzählt uns
zwar die berühmte Geschichte Phönicischer Kaufleute, die an den Ufern
des Belus auf den Glasfluß kamen pag. 436, allein man weiß, daß
offenes Feuer zur Erzeugung von Glasflüssen nicht wirksam genug ist.
Der Satz eines guten Glases ist sehr verschieden. Gewöhnlich wendet
man Sand an, weil damit das Pulvern des harten Quarzes erspart ist.
Die Engländer führen sogar einen solchen als Ballast und Rückfracht von
Sidney in Neuholland ein. Das feinste Glas gibt freilich der Feuerstein
und Bergkrystall, die man glüht, ablöscht und dann pulvert. Aber auch
Feldspath, Klingstein, Trachyt, Bimstein, Basalt, Lava, Lehm, Mergel etc.
können gebraucht werden. Kali und Natron befördern die Flüssigkeit;
Kalkerde vermehrt die Härte; Thonerde erhöht die Strengflüssigkeit; Blei-
oxyd macht es weich (schleifbar), glänzend und stark lichtbrechend; Eisen
gibt ihm grüne nicht gern gesehene Färbung; daher sind Thonerde und
Eisen die hauptsächlichsten Feinde eines guten Satzes. Zu dem gemeinsten
Glase (Hohlglas) der Champagner-Flaschen nimmt man 200 Feldspath,
125 Hochofenschlacken, 20 Kalkerde, 15 Kochsalz. Dasselbe ist zwar grün,
kann aber durch Braunstein pag. 537 entfärbt werden. Zum Fenster-
glase
braucht man schon einen feinern Satz von der Formel 3 Na +
5 Ca + 12 Si
, mit etwa 69,6 Kieselerde, 15,2 Natron, 13,3 Kalk,
1,8 Thonerde. Ohne Kalk würde es der Verwitterung nicht widerstehen,
und ohne Natron würde es zu leicht krystallinisch und trüb. Das Doppel-
salz ist viel weniger zum Krystallisiren also zum Entglasen geneigt. Das
ist sehr wichtig, da es wegen der Schwierigkeit der Bereitung öfter an-
gewärmt werden muß. Spiegelglas besteht aus der Formel 2 Na +
Ca + 6 Si
, etwa mit 72 Kieselerde, 17 Natron, 6,4 Kalk, 2,6 Thon-
erde, ist also ein Bisilikat. Das zu Luxuswaaren verschliffene Krystall-
glas
enthält 3 Ka S3 + 4 Pb Si3 mit 59,2 Kieselerde, 9 Kali, 28,2
Bleioxyd, 1 Manganoxydul, wegen des Bleies ist es außerordentlich schwer.

Künſtliches Glas.
ſidian: es gibt einen glaſigen (ſchaumigen) mit mehr runden Poren,
an deren Seitenwänden man auch die Glasnatur noch erkennt. Er iſt
wie der Obſidian blaßgrün auf Teneriffa, und dunkelbraun auf Procida
und Iſchia, und entſpricht der kieſelärmern Obſidianabänderung mit
61—62 p. C. Kieſelerde; der faſrige (gemeine Bimſtein) hat etwas
Seidenglänzendes, beſonders wenn die Faſern parallel gehen, und hat
am meiſten von ſeiner Glasnatur eingebüßt. Muſter iſt beſonders der
von den Lipariſchen Inſeln, worin Klaproth (Beitr. II. 65) ſchon 77,5
Kieſelerde, Abich 73,7 S⃛i nachwieſen, neben 4,5 Natron und 4,7 Kali.
Gehört alſo zur kieſelreichen Abänderung des Obſidians. Das Fadige
iſt der Bildung der Fäden des ſogenannten geſponnenen Glaſes analog,
und darf nicht mit faſriger Structur verwechſelt werden. Viele poröſe
ſind ſchwimmend leicht, aber nur in Folge der Poren, denn das Pulver
hat faſt das Gewicht des entſprechenden Obſidians.

Ein Licht auf die Bildung werfen manche Hochofenſchlacken, dieſelben
nehmen mit Waſſer ſchnell abgekühlt ein poröſes Gefüge an, ganz dem
des ſchaumigen Bimſteins ähnlich. Namen wie Bimſteinporphyr, Obſidian-
porphyr ꝛc. erklären ſich von ſelbſt.

Es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß die natürlichen Glasflüſſe auf
das künſtliche Glas geführt haben. Plinius 36. 65 erzählt uns
zwar die berühmte Geſchichte Phöniciſcher Kaufleute, die an den Ufern
des Belus auf den Glasfluß kamen pag. 436, allein man weiß, daß
offenes Feuer zur Erzeugung von Glasflüſſen nicht wirkſam genug iſt.
Der Satz eines guten Glaſes iſt ſehr verſchieden. Gewöhnlich wendet
man Sand an, weil damit das Pulvern des harten Quarzes erſpart iſt.
Die Engländer führen ſogar einen ſolchen als Ballaſt und Rückfracht von
Sidney in Neuholland ein. Das feinſte Glas gibt freilich der Feuerſtein
und Bergkryſtall, die man glüht, ablöſcht und dann pulvert. Aber auch
Feldſpath, Klingſtein, Trachyt, Bimſtein, Baſalt, Lava, Lehm, Mergel ꝛc.
können gebraucht werden. Kali und Natron befördern die Flüſſigkeit;
Kalkerde vermehrt die Härte; Thonerde erhöht die Strengflüſſigkeit; Blei-
oxyd macht es weich (ſchleifbar), glänzend und ſtark lichtbrechend; Eiſen
gibt ihm grüne nicht gern geſehene Färbung; daher ſind Thonerde und
Eiſen die hauptſächlichſten Feinde eines guten Satzes. Zu dem gemeinſten
Glaſe (Hohlglas) der Champagner-Flaſchen nimmt man 200 Feldſpath,
125 Hochofenſchlacken, 20 Kalkerde, 15 Kochſalz. Daſſelbe iſt zwar grün,
kann aber durch Braunſtein pag. 537 entfärbt werden. Zum Fenſter-
glaſe
braucht man ſchon einen feinern Satz von der Formel 3 Ṅa +
5 Ċa + 12 S⃛i
, mit etwa 69,6 Kieſelerde, 15,2 Natron, 13,3 Kalk,
1,8 Thonerde. Ohne Kalk würde es der Verwitterung nicht widerſtehen,
und ohne Natron würde es zu leicht kryſtalliniſch und trüb. Das Doppel-
ſalz iſt viel weniger zum Kryſtalliſiren alſo zum Entglaſen geneigt. Das
iſt ſehr wichtig, da es wegen der Schwierigkeit der Bereitung öfter an-
gewärmt werden muß. Spiegelglas beſteht aus der Formel 2 Ṅa +
Ċa + 6 S⃛i
, etwa mit 72 Kieſelerde, 17 Natron, 6,4 Kalk, 2,6 Thon-
erde, iſt alſo ein Biſilikat. Das zu Luxuswaaren verſchliffene Kryſtall-
glas
enthält 3 K̇a S⃛3 + 4 Ṗb S̈i3 mit 59,2 Kieſelerde, 9 Kali, 28,2
Bleioxyd, 1 Manganoxydul, wegen des Bleies iſt es außerordentlich ſchwer.

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[685/0697] Künſtliches Glas. ſidian: es gibt einen glaſigen (ſchaumigen) mit mehr runden Poren, an deren Seitenwänden man auch die Glasnatur noch erkennt. Er iſt wie der Obſidian blaßgrün auf Teneriffa, und dunkelbraun auf Procida und Iſchia, und entſpricht der kieſelärmern Obſidianabänderung mit 61—62 p. C. Kieſelerde; der faſrige (gemeine Bimſtein) hat etwas Seidenglänzendes, beſonders wenn die Faſern parallel gehen, und hat am meiſten von ſeiner Glasnatur eingebüßt. Muſter iſt beſonders der von den Lipariſchen Inſeln, worin Klaproth (Beitr. II. 65) ſchon 77,5 Kieſelerde, Abich 73,7 S⃛i nachwieſen, neben 4,5 Natron und 4,7 Kali. Gehört alſo zur kieſelreichen Abänderung des Obſidians. Das Fadige iſt der Bildung der Fäden des ſogenannten geſponnenen Glaſes analog, und darf nicht mit faſriger Structur verwechſelt werden. Viele poröſe ſind ſchwimmend leicht, aber nur in Folge der Poren, denn das Pulver hat faſt das Gewicht des entſprechenden Obſidians. Ein Licht auf die Bildung werfen manche Hochofenſchlacken, dieſelben nehmen mit Waſſer ſchnell abgekühlt ein poröſes Gefüge an, ganz dem des ſchaumigen Bimſteins ähnlich. Namen wie Bimſteinporphyr, Obſidian- porphyr ꝛc. erklären ſich von ſelbſt. Es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß die natürlichen Glasflüſſe auf das künſtliche Glas geführt haben. Plinius 36. 65 erzählt uns zwar die berühmte Geſchichte Phöniciſcher Kaufleute, die an den Ufern des Belus auf den Glasfluß kamen pag. 436, allein man weiß, daß offenes Feuer zur Erzeugung von Glasflüſſen nicht wirkſam genug iſt. Der Satz eines guten Glaſes iſt ſehr verſchieden. Gewöhnlich wendet man Sand an, weil damit das Pulvern des harten Quarzes erſpart iſt. Die Engländer führen ſogar einen ſolchen als Ballaſt und Rückfracht von Sidney in Neuholland ein. Das feinſte Glas gibt freilich der Feuerſtein und Bergkryſtall, die man glüht, ablöſcht und dann pulvert. Aber auch Feldſpath, Klingſtein, Trachyt, Bimſtein, Baſalt, Lava, Lehm, Mergel ꝛc. können gebraucht werden. Kali und Natron befördern die Flüſſigkeit; Kalkerde vermehrt die Härte; Thonerde erhöht die Strengflüſſigkeit; Blei- oxyd macht es weich (ſchleifbar), glänzend und ſtark lichtbrechend; Eiſen gibt ihm grüne nicht gern geſehene Färbung; daher ſind Thonerde und Eiſen die hauptſächlichſten Feinde eines guten Satzes. Zu dem gemeinſten Glaſe (Hohlglas) der Champagner-Flaſchen nimmt man 200 Feldſpath, 125 Hochofenſchlacken, 20 Kalkerde, 15 Kochſalz. Daſſelbe iſt zwar grün, kann aber durch Braunſtein pag. 537 entfärbt werden. Zum Fenſter- glaſe braucht man ſchon einen feinern Satz von der Formel 3 Ṅa + 5 Ċa + 12 S⃛i, mit etwa 69,6 Kieſelerde, 15,2 Natron, 13,3 Kalk, 1,8 Thonerde. Ohne Kalk würde es der Verwitterung nicht widerſtehen, und ohne Natron würde es zu leicht kryſtalliniſch und trüb. Das Doppel- ſalz iſt viel weniger zum Kryſtalliſiren alſo zum Entglaſen geneigt. Das iſt ſehr wichtig, da es wegen der Schwierigkeit der Bereitung öfter an- gewärmt werden muß. Spiegelglas beſteht aus der Formel 2 Ṅa + Ċa + 6 S⃛i, etwa mit 72 Kieſelerde, 17 Natron, 6,4 Kalk, 2,6 Thon- erde, iſt alſo ein Biſilikat. Das zu Luxuswaaren verſchliffene Kryſtall- glas enthält 3 K̇a S⃛3 + 4 Ṗb S̈i3 mit 59,2 Kieſelerde, 9 Kali, 28,2 Bleioxyd, 1 Manganoxydul, wegen des Bleies iſt es außerordentlich ſchwer.

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/697>, abgerufen am 21.11.2024.