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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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lahmen Linken damals denken müssen, und jedesmal
waren dann meine vier sicheren Wände drohend,
beängstigend auf mich eingerückt, es war mir bänglich
und asthmatisch zu Muthe, ich traute auch dem zier¬
lichen Stuck des Plafonds nicht: ja, ich fühlte mich
dann jedesmal recht unbehaglich in meinen vier
Pfählen und im Erdenleben überhaupt.


Er hatte Recht gehabt, der Freund. Am späten
Abend war das Todesathmen eingetreten und gegen
vier Uhr Morgens hatte sich auch "dieses liebe Bild
verflüchtigt". Wer kann ein Lächeln, den Klang
einer Stimme, das Neigen einer Stirn, die Bewegung,
den Druck und die Wärme einer Hand in den --
Akten festhalten?

Als ich gegen neun Uhr zu Velten kam, fand
ich ihn ruhig bereits mit den nöthigen Vorbereitungen
und Formalitäten zur Beerdigung beschäftigt. Ich
wollte ihn, auch im Auftrage meiner Frau, aus
seinem leeren Hause mit in unsere Gastzimmer
nehmen, aber er wollte nicht. Lächelnd wies er die
dringende, wiederholte Bitte ab.

"Ich bin euch dankbar, Kinder," sagte er, "und
könnte wohl auch kommen, wenn die Kleine jetzt nicht

lahmen Linken damals denken müſſen, und jedesmal
waren dann meine vier ſicheren Wände drohend,
beängſtigend auf mich eingerückt, es war mir bänglich
und aſthmatiſch zu Muthe, ich traute auch dem zier¬
lichen Stuck des Plafonds nicht: ja, ich fühlte mich
dann jedesmal recht unbehaglich in meinen vier
Pfählen und im Erdenleben überhaupt.


Er hatte Recht gehabt, der Freund. Am ſpäten
Abend war das Todesathmen eingetreten und gegen
vier Uhr Morgens hatte ſich auch „dieſes liebe Bild
verflüchtigt“. Wer kann ein Lächeln, den Klang
einer Stimme, das Neigen einer Stirn, die Bewegung,
den Druck und die Wärme einer Hand in den —
Akten feſthalten?

Als ich gegen neun Uhr zu Velten kam, fand
ich ihn ruhig bereits mit den nöthigen Vorbereitungen
und Formalitäten zur Beerdigung beſchäftigt. Ich
wollte ihn, auch im Auftrage meiner Frau, aus
ſeinem leeren Hauſe mit in unſere Gaſtzimmer
nehmen, aber er wollte nicht. Lächelnd wies er die
dringende, wiederholte Bitte ab.

„Ich bin euch dankbar, Kinder,“ ſagte er, „und
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[251/0261] lahmen Linken damals denken müſſen, und jedesmal waren dann meine vier ſicheren Wände drohend, beängſtigend auf mich eingerückt, es war mir bänglich und aſthmatiſch zu Muthe, ich traute auch dem zier¬ lichen Stuck des Plafonds nicht: ja, ich fühlte mich dann jedesmal recht unbehaglich in meinen vier Pfählen und im Erdenleben überhaupt. Er hatte Recht gehabt, der Freund. Am ſpäten Abend war das Todesathmen eingetreten und gegen vier Uhr Morgens hatte ſich auch „dieſes liebe Bild verflüchtigt“. Wer kann ein Lächeln, den Klang einer Stimme, das Neigen einer Stirn, die Bewegung, den Druck und die Wärme einer Hand in den — Akten feſthalten? Als ich gegen neun Uhr zu Velten kam, fand ich ihn ruhig bereits mit den nöthigen Vorbereitungen und Formalitäten zur Beerdigung beſchäftigt. Ich wollte ihn, auch im Auftrage meiner Frau, aus ſeinem leeren Hauſe mit in unſere Gaſtzimmer nehmen, aber er wollte nicht. Lächelnd wies er die dringende, wiederholte Bitte ab. „Ich bin euch dankbar, Kinder,“ ſagte er, „und könnte wohl auch kommen, wenn die Kleine jetzt nicht

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/261>, abgerufen am 22.11.2024.