anthun. Auf das Lachen war sie von Natur einge¬ richtet, oder, noch besser, auf das ruhige, stille Sonnen¬ lächeln, das ohne irgend zu Tage liegenden Grund eben aus der Tiefe kommt und also da ist, weil ein¬ mal ein bevorzugtes armes Menschenkind die Welt schön sieht.
Wie muß ich heute mit Helene Trotzendorffs Brief vor Augen daran denken, wie schön die Mutter Velten Andres' die Welt sah!
"Die Frau ist unzurechnungsfähig, der Junge ein verwahrloster Strick, und bei den Leuten Familien¬ freund spielen zu sollen und Vernunft reden zu müssen, eine Aufgabe, die Einen zur Verzweiflung bringen kann!" rief mein Vater, aus dem Nachbarhause nach Hause -- unserm -- seinem Hause heimkommend und den Hut verdrießlich doch sorgsam neben meinen Cornelius Nepos auf den Tisch stellend. "Karl, was ist das wieder gewesen und was für eine Rolle hast Du bei dieser neuen Albernheit gespielt? Sie haben das Hartlebensche Gartenhaus beinahe in Brand gesteckt, Frau."
Ja, ich hatte den Cornelius Nepos und das Leben des Alkibiades, des Klinias Sohn, vor mir
W. Raabe. Die Akten des Vogelsangs. 2
anthun. Auf das Lachen war ſie von Natur einge¬ richtet, oder, noch beſſer, auf das ruhige, ſtille Sonnen¬ lächeln, das ohne irgend zu Tage liegenden Grund eben aus der Tiefe kommt und alſo da iſt, weil ein¬ mal ein bevorzugtes armes Menſchenkind die Welt ſchön ſieht.
Wie muß ich heute mit Helene Trotzendorffs Brief vor Augen daran denken, wie ſchön die Mutter Velten Andres' die Welt ſah!
„Die Frau iſt unzurechnungsfähig, der Junge ein verwahrloſter Strick, und bei den Leuten Familien¬ freund ſpielen zu ſollen und Vernunft reden zu müſſen, eine Aufgabe, die Einen zur Verzweiflung bringen kann!“ rief mein Vater, aus dem Nachbarhauſe nach Hauſe — unſerm — ſeinem Hauſe heimkommend und den Hut verdrießlich doch ſorgſam neben meinen Cornelius Nepos auf den Tiſch ſtellend. „Karl, was iſt das wieder geweſen und was für eine Rolle haſt Du bei dieſer neuen Albernheit geſpielt? Sie haben das Hartlebenſche Gartenhaus beinahe in Brand geſteckt, Frau.“
Ja, ich hatte den Cornelius Nepos und das Leben des Alkibiades, des Klinias Sohn, vor mir
W. Raabe. Die Akten des Vogelſangs. 2
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richtet, oder, noch beſſer, auf das ruhige, ſtille Sonnen¬
lächeln, das ohne irgend zu Tage liegenden Grund
eben aus der Tiefe kommt und alſo da iſt, weil ein¬
mal ein bevorzugtes armes Menſchenkind die Welt
ſchön ſieht.
Wie muß ich heute mit Helene Trotzendorffs
Brief vor Augen daran denken, wie ſchön die Mutter
Velten Andres' die Welt ſah!
„Die Frau iſt unzurechnungsfähig, der Junge
ein verwahrloſter Strick, und bei den Leuten Familien¬
freund ſpielen zu ſollen und Vernunft reden zu müſſen,
eine Aufgabe, die Einen zur Verzweiflung bringen
kann!“ rief mein Vater, aus dem Nachbarhauſe nach
Hauſe — unſerm — ſeinem Hauſe heimkommend
und den Hut verdrießlich doch ſorgſam neben meinen
Cornelius Nepos auf den Tiſch ſtellend. „Karl, was
iſt das wieder geweſen und was für eine Rolle haſt
Du bei dieſer neuen Albernheit geſpielt? Sie haben
das Hartlebenſche Gartenhaus beinahe in Brand
geſteckt, Frau.“
Ja, ich hatte den Cornelius Nepos und das
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W. Raabe. Die Akten des Vogelſangs. 2
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/27>, abgerufen am 09.11.2024.
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