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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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amerika. Dem wollte es noch immer nicht wieder
recht glücken, und aus meines Vaters Munde schnappte
ich das Wort auf: "Gieb acht, Adolfine, und erinnere
mich seiner Zeit an mein heutiges Wort: demnächst
hören wir gar nichts mehr von ihm. Wir und die
Stadt haben die Frau und das Mädchen allein auf
dem Halse. Von Heimathberechtigung kann ja wohl
nicht die Rede sein, aber wohin sollte die Kommune
sie abschieben, wenn der Gauner seinen Verpflichtungen
gegen seine Familie genügend nachgekommen zu sein
glaubt, oder, was mir wahrscheinlicher ist, wenn sie
ihn irgendwo da drüben an einem Strick an einem
Baume in die Höhe gezogen haben werden. Nach
oben strebte er ja auch schon hier zu Lande, aber
hier hatte er doch nur mit den ordentlichen Behörden,
Gerichten und nicht mit dem Lynchsystem zu thun."

In einem Hause, in welchem solche Reden über
ihren Papa geführt wurden, fühlte sich weder die
Mutter noch das Kind des exotischen Sünders so
wohl und in verhältnißmäßiger Sicherheit, wie es
sich für eine treue Nachbarschaft im Vogelsang eigent¬
lich gebührte. Da bot das Häuschen und Stübchen
der Nachbarin Andres einen behaglicheren Unterschlupf.
Es wurde dorten allen Sündern viel leichter ver¬
geben als -- bei uns. Ich habe eben wahr zu
sein, wenn ich durch diese Blätter bei meiner Nach¬

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amerika. Dem wollte es noch immer nicht wieder
recht glücken, und aus meines Vaters Munde ſchnappte
ich das Wort auf: „Gieb acht, Adolfine, und erinnere
mich ſeiner Zeit an mein heutiges Wort: demnächſt
hören wir gar nichts mehr von ihm. Wir und die
Stadt haben die Frau und das Mädchen allein auf
dem Halſe. Von Heimathberechtigung kann ja wohl
nicht die Rede ſein, aber wohin ſollte die Kommune
ſie abſchieben, wenn der Gauner ſeinen Verpflichtungen
gegen ſeine Familie genügend nachgekommen zu ſein
glaubt, oder, was mir wahrſcheinlicher iſt, wenn ſie
ihn irgendwo da drüben an einem Strick an einem
Baume in die Höhe gezogen haben werden. Nach
oben ſtrebte er ja auch ſchon hier zu Lande, aber
hier hatte er doch nur mit den ordentlichen Behörden,
Gerichten und nicht mit dem Lynchſyſtem zu thun.“

In einem Hauſe, in welchem ſolche Reden über
ihren Papa geführt wurden, fühlte ſich weder die
Mutter noch das Kind des exotiſchen Sünders ſo
wohl und in verhältnißmäßiger Sicherheit, wie es
ſich für eine treue Nachbarſchaft im Vogelſang eigent¬
lich gebührte. Da bot das Häuschen und Stübchen
der Nachbarin Andres einen behaglicheren Unterſchlupf.
Es wurde dorten allen Sündern viel leichter ver¬
geben als — bei uns. Ich habe eben wahr zu
ſein, wenn ich durch dieſe Blätter bei meiner Nach¬

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[35/0045] amerika. Dem wollte es noch immer nicht wieder recht glücken, und aus meines Vaters Munde ſchnappte ich das Wort auf: „Gieb acht, Adolfine, und erinnere mich ſeiner Zeit an mein heutiges Wort: demnächſt hören wir gar nichts mehr von ihm. Wir und die Stadt haben die Frau und das Mädchen allein auf dem Halſe. Von Heimathberechtigung kann ja wohl nicht die Rede ſein, aber wohin ſollte die Kommune ſie abſchieben, wenn der Gauner ſeinen Verpflichtungen gegen ſeine Familie genügend nachgekommen zu ſein glaubt, oder, was mir wahrſcheinlicher iſt, wenn ſie ihn irgendwo da drüben an einem Strick an einem Baume in die Höhe gezogen haben werden. Nach oben ſtrebte er ja auch ſchon hier zu Lande, aber hier hatte er doch nur mit den ordentlichen Behörden, Gerichten und nicht mit dem Lynchſyſtem zu thun.“ In einem Hauſe, in welchem ſolche Reden über ihren Papa geführt wurden, fühlte ſich weder die Mutter noch das Kind des exotiſchen Sünders ſo wohl und in verhältnißmäßiger Sicherheit, wie es ſich für eine treue Nachbarſchaft im Vogelſang eigent¬ lich gebührte. Da bot das Häuschen und Stübchen der Nachbarin Andres einen behaglicheren Unterſchlupf. Es wurde dorten allen Sündern viel leichter ver¬ geben als — bei uns. Ich habe eben wahr zu ſein, wenn ich durch dieſe Blätter bei meiner Nach¬ 3 *

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/45>, abgerufen am 03.12.2024.