und zu brechen hatten, den habe ich mir einmal, aber ganz persönlich, hier gerade vor Deiner Thür einge¬ fangen; er trägt wohl noch die Spur von Deines Oheims Stiefelknecht hinten am Hinterkopf. Also, Kind, Du kannst ganz ruhig schlafen in Amelungsborn, bis ich Dich wecke; dann aber bist Du mir 'raus aus den Federn, oder ich zeige Dir, was 'n wirkliches Gespenste in Fleisch und Blut zu sagen hat". -- Wie gut sich Jungfer Selinde Fegebank in Alles, was in Kloster Amelungsborn ein-, aus- und umging, gefunden hatte, wissen wir also schon: werfen wir jetzt demnach ruhig den besagten Blick in ihre Kemenate. Die Jungfrau schlief ganz behaglich in ihrem Federbett aus dem un¬ ruhevollen Tage voll Lärm, Gezänk und bösen Omina in den neuen Tag hinein und -- lächelte im Traum: die bösen Franzosen, die schon ein paar Male dage¬ wesen waren und nun morgen wiederkommen sollten, hatten ihr bis jetzt eigentlich gar so übel nicht ge¬ fallen.
"Mit mir sind die Herren Offiziers doch ganz honett, galant umgegangen, und es war gar nicht nöthig, daß mich chere tante am liebsten mit dem Silberzeug vergraben hätte," hatte sie beim Zubettgehen gesagt. "Ei, es wird also auch morgen wohl nicht so schlimm mit ihnen ausfallen. Die Luckner'schen neulich waren ganz andere Flegel, und meinethalben lieber das ganze Haus voll von den himmelblauen Dragonern, als ein halb Dutzend von den dunkelblauen Husaren in Stube,
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und zu brechen hatten, den habe ich mir einmal, aber ganz perſönlich, hier gerade vor Deiner Thür einge¬ fangen; er trägt wohl noch die Spur von Deines Oheims Stiefelknecht hinten am Hinterkopf. Alſo, Kind, Du kannſt ganz ruhig ſchlafen in Amelungsborn, bis ich Dich wecke; dann aber biſt Du mir 'raus aus den Federn, oder ich zeige Dir, was 'n wirkliches Geſpenſte in Fleiſch und Blut zu ſagen hat“. — Wie gut ſich Jungfer Selinde Fegebank in Alles, was in Kloſter Amelungsborn ein-, aus- und umging, gefunden hatte, wiſſen wir alſo ſchon: werfen wir jetzt demnach ruhig den beſagten Blick in ihre Kemenate. Die Jungfrau ſchlief ganz behaglich in ihrem Federbett aus dem un¬ ruhevollen Tage voll Lärm, Gezänk und böſen Omina in den neuen Tag hinein und — lächelte im Traum: die böſen Franzoſen, die ſchon ein paar Male dage¬ weſen waren und nun morgen wiederkommen ſollten, hatten ihr bis jetzt eigentlich gar ſo übel nicht ge¬ fallen.
„Mit mir ſind die Herren Offiziers doch ganz honett, galant umgegangen, und es war gar nicht nöthig, daß mich chère tante am liebſten mit dem Silberzeug vergraben hätte,“ hatte ſie beim Zubettgehen geſagt. „Ei, es wird alſo auch morgen wohl nicht ſo ſchlimm mit ihnen ausfallen. Die Luckner'ſchen neulich waren ganz andere Flegel, und meinethalben lieber das ganze Haus voll von den himmelblauen Dragonern, als ein halb Dutzend von den dunkelblauen Huſaren in Stube,
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und zu brechen hatten, den habe ich mir einmal, aber
ganz perſönlich, hier gerade vor Deiner Thür einge¬
fangen; er trägt wohl noch die Spur von Deines
Oheims Stiefelknecht hinten am Hinterkopf. Alſo, Kind,
Du kannſt ganz ruhig ſchlafen in Amelungsborn, bis
ich Dich wecke; dann aber biſt Du mir 'raus aus den
Federn, oder ich zeige Dir, was 'n wirkliches Geſpenſte
in Fleiſch und Blut zu ſagen hat“. — Wie gut ſich
Jungfer Selinde Fegebank in Alles, was in Kloſter
Amelungsborn ein-, aus- und umging, gefunden hatte,
wiſſen wir alſo ſchon: werfen wir jetzt demnach ruhig
den beſagten Blick in ihre Kemenate. Die Jungfrau
ſchlief ganz behaglich in ihrem Federbett aus dem un¬
ruhevollen Tage voll Lärm, Gezänk und böſen Omina
in den neuen Tag hinein und — lächelte im Traum:
die böſen Franzoſen, die ſchon ein paar Male dage¬
weſen waren und nun morgen wiederkommen ſollten,
hatten ihr bis jetzt eigentlich gar ſo übel nicht ge¬
fallen.
„Mit mir ſind die Herren Offiziers doch ganz
honett, galant umgegangen, und es war gar nicht nöthig,
daß mich chère tante am liebſten mit dem Silberzeug
vergraben hätte,“ hatte ſie beim Zubettgehen geſagt.
„Ei, es wird alſo auch morgen wohl nicht ſo ſchlimm
mit ihnen ausfallen. Die Luckner'ſchen neulich waren
ganz andere Flegel, und meinethalben lieber das ganze
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/123>, abgerufen am 21.11.2024.
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