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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Bücherfach (mit einem letzten wehmüthigen Abschieds¬
blick auf seine Curiositäten und Raritäten) schob Anicii
Manlii Torquati Severini Boetii
Buch, Consolatio philo¬
sophiae
, in die hintere Rocktasche und ging ihnen (den
Galliern) und ihm (seinem heutigen Tagesschicksal) ent¬
gegen, von dem einfachen classisch-unclassischen Bedürf¬
niß getrieben, seinen bösesten und besten Plagegeist der
weiland großen Schule von Amelungsborn am Rock¬
schooß zu fassen und zwar mit beiden magern, harten,
haarigen Schulmeisterpfoten. Bloß, um nochmal den
vergeblichen Versuch zu machen, ihn vom Abgrund
zurückzureißen.

Mit dem Seufzer: "Was wird es helfen?" schloß er
die Thür seiner Zelle hinter sich ab und schob den
Schlüssel zu dem Boetius. Draußen noch vollständig
Nacht; erst in den untern Gängen vor den Classen¬
zimmern erste Tagesdämmerung durch die höheren Cor¬
ridorfenster, -- dann Lichter, Fackeln, Feuerbrände und
-- zwanzig Fäuste zugleich in seiner Perücke, an
seinem Kragen, an Arm und Brust! Dazu Fußtritte
und Kolbenstöße von allen Seiten!

"Le voila! le voila! Hier haben wir die Canaille!
Chien! cochon! Her mit dem Strick! Wo ist der
Profoß? Au diable le prevot!

"Venons, saignons,
Venons, pendons,
Venons a cinquante, cinq-cents!"

Bücherfach (mit einem letzten wehmüthigen Abſchieds¬
blick auf ſeine Curioſitäten und Raritäten) ſchob Anicii
Manlii Torquati Severini Boëtii
Buch, Consolatio philo¬
sophiae
, in die hintere Rocktaſche und ging ihnen (den
Galliern) und ihm (ſeinem heutigen Tagesſchickſal) ent¬
gegen, von dem einfachen claſſiſch-unclaſſiſchen Bedürf¬
niß getrieben, ſeinen böſeſten und beſten Plagegeiſt der
weiland großen Schule von Amelungsborn am Rock¬
ſchooß zu faſſen und zwar mit beiden magern, harten,
haarigen Schulmeiſterpfoten. Bloß, um nochmal den
vergeblichen Verſuch zu machen, ihn vom Abgrund
zurückzureißen.

Mit dem Seufzer: „Was wird es helfen?“ ſchloß er
die Thür ſeiner Zelle hinter ſich ab und ſchob den
Schlüſſel zu dem Boëtius. Draußen noch vollſtändig
Nacht; erſt in den untern Gängen vor den Claſſen¬
zimmern erſte Tagesdämmerung durch die höheren Cor¬
ridorfenſter, — dann Lichter, Fackeln, Feuerbrände und
— zwanzig Fäuſte zugleich in ſeiner Perücke, an
ſeinem Kragen, an Arm und Bruſt! Dazu Fußtritte
und Kolbenſtöße von allen Seiten!

„Le voila! le voila! Hier haben wir die Canaille!
Chien! cochon! Her mit dem Strick! Wo iſt der
Profoß? Au diable le prêvot!

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Venons, pendons,
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[140/0148] Bücherfach (mit einem letzten wehmüthigen Abſchieds¬ blick auf ſeine Curioſitäten und Raritäten) ſchob Anicii Manlii Torquati Severini Boëtii Buch, Consolatio philo¬ sophiae, in die hintere Rocktaſche und ging ihnen (den Galliern) und ihm (ſeinem heutigen Tagesſchickſal) ent¬ gegen, von dem einfachen claſſiſch-unclaſſiſchen Bedürf¬ niß getrieben, ſeinen böſeſten und beſten Plagegeiſt der weiland großen Schule von Amelungsborn am Rock¬ ſchooß zu faſſen und zwar mit beiden magern, harten, haarigen Schulmeiſterpfoten. Bloß, um nochmal den vergeblichen Verſuch zu machen, ihn vom Abgrund zurückzureißen. Mit dem Seufzer: „Was wird es helfen?“ ſchloß er die Thür ſeiner Zelle hinter ſich ab und ſchob den Schlüſſel zu dem Boëtius. Draußen noch vollſtändig Nacht; erſt in den untern Gängen vor den Claſſen¬ zimmern erſte Tagesdämmerung durch die höheren Cor¬ ridorfenſter, — dann Lichter, Fackeln, Feuerbrände und — zwanzig Fäuſte zugleich in ſeiner Perücke, an ſeinem Kragen, an Arm und Bruſt! Dazu Fußtritte und Kolbenſtöße von allen Seiten! „Le voila! le voila! Hier haben wir die Canaille! Chien! cochon! Her mit dem Strick! Wo iſt der Profoß? Au diable le prêvot! „Venons, saignons, Venons, pendons, Venons à cinquante, cinq-cents!“

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/148>, abgerufen am 09.11.2024.