Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

witterdonner wie Kanonendonner. Für die Mord- und
Raubbande auf dem Klosteramtshofe war das Gekrach
vom Ith wie ein neuer Stein; aber dießmal wie ein
Stein in einen Spatzenhaufen.

"L'ennemi, l'ennemi! Der Feind, der Feind! Les
Prussiens, les Prussiens! Les Anglais, les Anglais!
Le duc Ferdinand!"

Die wüste Menschenwelle, die sich eben gegen das
Haus gewälzt hatte, und über den Magister Buchius
und den Herrn Amtmann, ohne sich um ihre Knochen
zu kümmern, weggegangen war, schlug jetzt zurück. Im
panischen Schrecken stürzte alles Kriegsdiebsgesindel, mit
sich schleppend, was es in der Morgendämmerung und Hast
gegriffen hatte, aus allen Thüren, und wälzte sich,
wiederum über die beiden zu Boden liegenden Herren
weg, gegen das Hof- und Klosterthor.

Binnen fünf Minuten war Amelungsborn rein von
ihm, bis auf den, vom Faustschlag Thedels von Münch¬
hausen immer noch besinnungslos auf dem Stroh
liegenden Korporal oder Sergeanten Ribaudin. Also
so frei von Einquartirung als das an einem Tage wie
dieser und an einer so nahe beim Schlachtfelde gelegenen
Wohnstätte nur irgend der Fall sein konnte!

Neuer Trommelschlag in nicht zu weiter Ferne
kündete bereits den Vor- und Vorbei-Marsch anderer
Truppen des Königs Ludwigs des Fünfzehnten und
der Frau Marquise von Pompadour an; doch der
Klosteramtmann benutzte die kurze Frist seiner Allein¬

witterdonner wie Kanonendonner. Für die Mord- und
Raubbande auf dem Kloſteramtshofe war das Gekrach
vom Ith wie ein neuer Stein; aber dießmal wie ein
Stein in einen Spatzenhaufen.

„L'ennemi, l'ennemi! Der Feind, der Feind! Les
Prussiens, les Prussiens! Les Anglais, les Anglais!
Le duc Ferdinand!“

Die wüſte Menſchenwelle, die ſich eben gegen das
Haus gewälzt hatte, und über den Magiſter Buchius
und den Herrn Amtmann, ohne ſich um ihre Knochen
zu kümmern, weggegangen war, ſchlug jetzt zurück. Im
paniſchen Schrecken ſtürzte alles Kriegsdiebsgeſindel, mit
ſich ſchleppend, was es in der Morgendämmerung und Haſt
gegriffen hatte, aus allen Thüren, und wälzte ſich,
wiederum über die beiden zu Boden liegenden Herren
weg, gegen das Hof- und Kloſterthor.

Binnen fünf Minuten war Amelungsborn rein von
ihm, bis auf den, vom Fauſtſchlag Thedels von Münch¬
hauſen immer noch beſinnungslos auf dem Stroh
liegenden Korporal oder Sergeanten Ribaudin. Alſo
ſo frei von Einquartirung als das an einem Tage wie
dieſer und an einer ſo nahe beim Schlachtfelde gelegenen
Wohnſtätte nur irgend der Fall ſein konnte!

Neuer Trommelſchlag in nicht zu weiter Ferne
kündete bereits den Vor- und Vorbei-Marſch anderer
Truppen des Königs Ludwigs des Fünfzehnten und
der Frau Marquiſe von Pompadour an; doch der
Kloſteramtmann benutzte die kurze Friſt ſeiner Allein¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0154" n="146"/>
witterdonner wie Kanonendonner. Für die Mord- und<lb/>
Raubbande auf dem Klo&#x017F;teramtshofe war das Gekrach<lb/>
vom Ith wie ein neuer Stein; aber dießmal wie ein<lb/>
Stein in einen Spatzenhaufen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">&#x201E;L'ennemi, l'ennemi!</hi> Der Feind, der Feind! <hi rendition="#aq">Les<lb/>
Prussiens, les Prussiens! Les Anglais, les Anglais!<lb/>
Le duc Ferdinand!&#x201C;</hi></p><lb/>
        <p>Die wü&#x017F;te Men&#x017F;chenwelle, die &#x017F;ich eben gegen das<lb/>
Haus gewälzt hatte, und über den Magi&#x017F;ter Buchius<lb/>
und den Herrn Amtmann, ohne &#x017F;ich um ihre Knochen<lb/>
zu kümmern, weggegangen war, &#x017F;chlug jetzt zurück. Im<lb/>
pani&#x017F;chen Schrecken &#x017F;türzte alles Kriegsdiebsge&#x017F;indel, mit<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chleppend, was es in der Morgendämmerung und Ha&#x017F;t<lb/>
gegriffen hatte, aus allen Thüren, und wälzte &#x017F;ich,<lb/>
wiederum über die beiden zu Boden liegenden Herren<lb/>
weg, gegen das Hof- und Klo&#x017F;terthor.</p><lb/>
        <p>Binnen fünf Minuten war Amelungsborn rein von<lb/>
ihm, bis auf den, vom Fau&#x017F;t&#x017F;chlag Thedels von Münch¬<lb/>
hau&#x017F;en immer noch be&#x017F;innungslos auf dem Stroh<lb/>
liegenden Korporal oder Sergeanten Ribaudin. Al&#x017F;o<lb/>
&#x017F;o frei von Einquartirung als das an einem Tage wie<lb/>
die&#x017F;er und an einer &#x017F;o nahe beim Schlachtfelde gelegenen<lb/>
Wohn&#x017F;tätte nur irgend der Fall &#x017F;ein konnte!</p><lb/>
        <p>Neuer Trommel&#x017F;chlag in nicht zu weiter Ferne<lb/>
kündete bereits den Vor- und Vorbei-Mar&#x017F;ch anderer<lb/>
Truppen des Königs Ludwigs des Fünfzehnten und<lb/>
der Frau Marqui&#x017F;e von Pompadour an; doch der<lb/>
Klo&#x017F;teramtmann benutzte die kurze Fri&#x017F;t &#x017F;einer Allein¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0154] witterdonner wie Kanonendonner. Für die Mord- und Raubbande auf dem Kloſteramtshofe war das Gekrach vom Ith wie ein neuer Stein; aber dießmal wie ein Stein in einen Spatzenhaufen. „L'ennemi, l'ennemi! Der Feind, der Feind! Les Prussiens, les Prussiens! Les Anglais, les Anglais! Le duc Ferdinand!“ Die wüſte Menſchenwelle, die ſich eben gegen das Haus gewälzt hatte, und über den Magiſter Buchius und den Herrn Amtmann, ohne ſich um ihre Knochen zu kümmern, weggegangen war, ſchlug jetzt zurück. Im paniſchen Schrecken ſtürzte alles Kriegsdiebsgeſindel, mit ſich ſchleppend, was es in der Morgendämmerung und Haſt gegriffen hatte, aus allen Thüren, und wälzte ſich, wiederum über die beiden zu Boden liegenden Herren weg, gegen das Hof- und Kloſterthor. Binnen fünf Minuten war Amelungsborn rein von ihm, bis auf den, vom Fauſtſchlag Thedels von Münch¬ hauſen immer noch beſinnungslos auf dem Stroh liegenden Korporal oder Sergeanten Ribaudin. Alſo ſo frei von Einquartirung als das an einem Tage wie dieſer und an einer ſo nahe beim Schlachtfelde gelegenen Wohnſtätte nur irgend der Fall ſein konnte! Neuer Trommelſchlag in nicht zu weiter Ferne kündete bereits den Vor- und Vorbei-Marſch anderer Truppen des Königs Ludwigs des Fünfzehnten und der Frau Marquiſe von Pompadour an; doch der Kloſteramtmann benutzte die kurze Friſt ſeiner Allein¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/154
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/154>, abgerufen am 21.11.2024.