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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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bedenklich, angsthaft-gläubig oder kopfschüttelnd kund
gegeben hatte.

Er hatte seinerzeit, Alles in Allem in Erwägung
ziehend, nur:

"Hm! hm!"

gesagt; und jetzo, in der Tiefe seiner wunderlich aus¬
staffirten Gelehrten-Seele und ganz heraus aus dem
Geist, Wissen und Glauben der weiland großen Wald-,
Wildniß- und Klosterschule von Amelungsborn, sagte er
wiederum nur:

"Hm! . . . hm, hm, hm, hm! Ahm!"

"Diese dummen Geschichten machen Einen nur immer
nur noch kälter und verklommener, und die letzte auch
noch nasser in der Einbildung," meinte aber jetzt weiner¬
lich-verdrießlich Mademoisell Selinde. "Und heller wird's
auch nicht davon hier im Mordkeller. Man sieht jetzo
wohl seine Hand vor Augen, aber auch weiter nichts;
und wenn ich einmal sterben muß, so will ich's doch
lieber draußen im Lichte. Man vernimmt auch von
draußen her gar nichts mehr von der dummen Bataille.
Das Grummeln und Brummeln hat ja gänzlich aufge¬
hört, und wenn's nach mir ginge, hätten sich nun Alle
die Hälse Einer dem Andern abgeschnitten, daß man
ruhig wieder nach Hause könnte. Jetzt bleibe Er von
mir, Thedel; oder ich spiele Ihm den Butzemann, oder
wilden Mann vom Harz und tachtle Ihm eine Maul¬
schelle hin, daß Er Sein Lebetage bis zum Kopfwackeln
hin an Seine dumme Prinzeß von Kloster Amelungs¬

bedenklich, angſthaft-gläubig oder kopfſchüttelnd kund
gegeben hatte.

Er hatte ſeinerzeit, Alles in Allem in Erwägung
ziehend, nur:

„Hm! hm!“

geſagt; und jetzo, in der Tiefe ſeiner wunderlich aus¬
ſtaffirten Gelehrten-Seele und ganz heraus aus dem
Geiſt, Wiſſen und Glauben der weiland großen Wald-,
Wildniß- und Kloſterſchule von Amelungsborn, ſagte er
wiederum nur:

„Hm! . . . hm, hm, hm, hm! Ahm!“

„Dieſe dummen Geſchichten machen Einen nur immer
nur noch kälter und verklommener, und die letzte auch
noch naſſer in der Einbildung,“ meinte aber jetzt weiner¬
lich-verdrießlich Mademoiſell Selinde. „Und heller wird's
auch nicht davon hier im Mordkeller. Man ſieht jetzo
wohl ſeine Hand vor Augen, aber auch weiter nichts;
und wenn ich einmal ſterben muß, ſo will ich's doch
lieber draußen im Lichte. Man vernimmt auch von
draußen her gar nichts mehr von der dummen Bataille.
Das Grummeln und Brummeln hat ja gänzlich aufge¬
hört, und wenn's nach mir ginge, hätten ſich nun Alle
die Hälſe Einer dem Andern abgeſchnitten, daß man
ruhig wieder nach Hauſe könnte. Jetzt bleibe Er von
mir, Thedel; oder ich ſpiele Ihm den Butzemann, oder
wilden Mann vom Harz und tachtle Ihm eine Maul¬
ſchelle hin, daß Er Sein Lebetage bis zum Kopfwackeln
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[226/0234] bedenklich, angſthaft-gläubig oder kopfſchüttelnd kund gegeben hatte. Er hatte ſeinerzeit, Alles in Allem in Erwägung ziehend, nur: „Hm! hm!“ geſagt; und jetzo, in der Tiefe ſeiner wunderlich aus¬ ſtaffirten Gelehrten-Seele und ganz heraus aus dem Geiſt, Wiſſen und Glauben der weiland großen Wald-, Wildniß- und Kloſterſchule von Amelungsborn, ſagte er wiederum nur: „Hm! . . . hm, hm, hm, hm! Ahm!“ „Dieſe dummen Geſchichten machen Einen nur immer nur noch kälter und verklommener, und die letzte auch noch naſſer in der Einbildung,“ meinte aber jetzt weiner¬ lich-verdrießlich Mademoiſell Selinde. „Und heller wird's auch nicht davon hier im Mordkeller. Man ſieht jetzo wohl ſeine Hand vor Augen, aber auch weiter nichts; und wenn ich einmal ſterben muß, ſo will ich's doch lieber draußen im Lichte. Man vernimmt auch von draußen her gar nichts mehr von der dummen Bataille. Das Grummeln und Brummeln hat ja gänzlich aufge¬ hört, und wenn's nach mir ginge, hätten ſich nun Alle die Hälſe Einer dem Andern abgeſchnitten, daß man ruhig wieder nach Hauſe könnte. Jetzt bleibe Er von mir, Thedel; oder ich ſpiele Ihm den Butzemann, oder wilden Mann vom Harz und tachtle Ihm eine Maul¬ ſchelle hin, daß Er Sein Lebetage bis zum Kopfwackeln hin an Seine dumme Prinzeß von Kloſter Amelungs¬

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/234>, abgerufen am 21.11.2024.