Ort, allein in den leeren Auditorien und Dormitorien, vor den jetzt so gespenstischen Subsellien und in seiner Cisterciensermönchszelle über dem Hoopthale als das unnützeste, verbrauchteste, überflüssigste Stück ihres Hausraths! Man hatte einfach eben wieder einmal nicht gewußt, was man that -- wer kann denn aber im Tumult des Lebens und eines Hauswechsels sich recht auf Alles besinnen? Freilich hatte man von Wolfenbüttel aus auch sein Wort dazu gegeben. Dort wußten sie noch weniger, was der Magister Buchius werth war und glaubten mit seiner Emeritirung ganz das Richtige zu treffen. Dreißig Reichsthaler des Jahrs ließen sie ihm, und die Zelle des Bruders Philemon bis zu seinem Lebensende. Und mit Kost, Licht und Feuerung wiesen sie ihn leidergottes auf das Klosteramt und den Klosteramtmann an. In An¬ betracht, daß man sich mitten in den Kriegen des Königs Fritzen befand, und Geld rar war, Kost, Licht und Feuerung auch nicht Jedermann vom heiligen römischen Reiche garantirt wurden -- hätte sich der Magister für den undankbarsten Kostgänger des all¬ gütigen Herrgotts erachtet, wenn er darob, nämlich über die Verweisung an den Herrn Klosteramtmann, sich über einem Murren betroffen hätte. Herr Gott, wo bliebe dein Titel Zebaoth, Herr der Heerschaaren, wenn Du allen Deinen Kostgängern das Gemüthe gegeben hättest, ihr Tischgebet und Nachtgebet so zu sagen wie Dein letzter Magister und Quintus von
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Ort, allein in den leeren Auditorien und Dormitorien, vor den jetzt ſo geſpenſtiſchen Subſellien und in ſeiner Ciſtercienſermönchszelle über dem Hoopthale als das unnützeſte, verbrauchteſte, überflüſſigſte Stück ihres Hausraths! Man hatte einfach eben wieder einmal nicht gewußt, was man that — wer kann denn aber im Tumult des Lebens und eines Hauswechſels ſich recht auf Alles beſinnen? Freilich hatte man von Wolfenbüttel aus auch ſein Wort dazu gegeben. Dort wußten ſie noch weniger, was der Magiſter Buchius werth war und glaubten mit ſeiner Emeritirung ganz das Richtige zu treffen. Dreißig Reichsthaler des Jahrs ließen ſie ihm, und die Zelle des Bruders Philemon bis zu ſeinem Lebensende. Und mit Koſt, Licht und Feuerung wieſen ſie ihn leidergottes auf das Kloſteramt und den Kloſteramtmann an. In An¬ betracht, daß man ſich mitten in den Kriegen des Königs Fritzen befand, und Geld rar war, Koſt, Licht und Feuerung auch nicht Jedermann vom heiligen römiſchen Reiche garantirt wurden — hätte ſich der Magiſter für den undankbarſten Koſtgänger des all¬ gütigen Herrgotts erachtet, wenn er darob, nämlich über die Verweiſung an den Herrn Kloſteramtmann, ſich über einem Murren betroffen hätte. Herr Gott, wo bliebe dein Titel Zebaoth, Herr der Heerſchaaren, wenn Du allen Deinen Koſtgängern das Gemüthe gegeben hätteſt, ihr Tiſchgebet und Nachtgebet ſo zu ſagen wie Dein letzter Magiſter und Quintus von
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Ort, allein in den leeren Auditorien und Dormitorien,
vor den jetzt ſo geſpenſtiſchen Subſellien und in ſeiner
Ciſtercienſermönchszelle über dem Hoopthale als das
unnützeſte, verbrauchteſte, überflüſſigſte Stück ihres
Hausraths! Man hatte einfach eben wieder einmal
nicht gewußt, was man that — wer kann denn
aber im Tumult des Lebens und eines Hauswechſels
ſich recht auf Alles beſinnen? Freilich hatte man von
Wolfenbüttel aus auch ſein Wort dazu gegeben. Dort
wußten ſie noch weniger, was der Magiſter Buchius
werth war und glaubten mit ſeiner Emeritirung ganz
das Richtige zu treffen. Dreißig Reichsthaler des
Jahrs ließen ſie ihm, und die Zelle des Bruders
Philemon bis zu ſeinem Lebensende. Und mit Koſt,
Licht und Feuerung wieſen ſie ihn leidergottes auf
das Kloſteramt und den Kloſteramtmann an. In An¬
betracht, daß man ſich mitten in den Kriegen des
Königs Fritzen befand, und Geld rar war, Koſt, Licht
und Feuerung auch nicht Jedermann vom heiligen
römiſchen Reiche garantirt wurden — hätte ſich der
Magiſter für den undankbarſten Koſtgänger des all¬
gütigen Herrgotts erachtet, wenn er darob, nämlich
über die Verweiſung an den Herrn Kloſteramtmann,
ſich über einem Murren betroffen hätte. Herr Gott,
wo bliebe dein Titel Zebaoth, Herr der Heerſchaaren,
wenn Du allen Deinen Koſtgängern das Gemüthe
gegeben hätteſt, ihr Tiſchgebet und Nachtgebet ſo zu
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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