Wurmt es Ihm denn immer noch so sehr, Herr, daß Er einen um den andern Tag hier herauslaufen muß, um seiner gottverdamm -- seiner Sauschule nachzubölken wie eine Kuh, der der Schlächter das Kalb abgeholt hat? Er sollte doch wahrhaftig Seinem Herrgott danken, daß Ihm noch Niemand die Stubenthür eingetreten hat und Er dahinter, wenn Er will, in Ruhe sitzen kann mit allen Seinen unturbirten Schrullen, Grillen und Phantasirereien. Wer doch in Seiner Haut steckte, Herr! Herr, nehme Er's mir nicht übel, trifft man Ihn so auf dem Spazierwege, so wird's Einem erst richtig klar, in welchem Elend man selber itzo seine Tage zu ver¬ sorgen hat, einerlei ob man das Haus voll hat von den Völkern Seiner Durchlaucht oder des Marschalls von Broglio. Hu, wer den Caraman und den Chabot schinden wollte, wie sie den Klosteramtmann von Ame¬ lungsborn geschunden haben!"
Der letzte Seufzer stammte noch aus den Tagen des Septembers und Octobers des Jahres, wo der Ge¬ neralmajor von Luckner wohl sein Möglichstes gethan hatte, um dem Grafen von Caraman und dem von Rohan Chabot den Aufenthalt in Amelungsborn zu verleiden, aber noch lange nicht genug, um der Stim¬ mung des Amtmanns gegen die beiden Herren gerecht zu werden.
Die "Geschicklichkeit" des Herrn Generals von Luckner hatte leider nur für kurze Zeit "Mittel gefunden, den Feind aus der schönen Gegend, die er besetzet hatte", zu
Wurmt es Ihm denn immer noch ſo ſehr, Herr, daß Er einen um den andern Tag hier herauslaufen muß, um ſeiner gottverdamm — ſeiner Sauſchule nachzubölken wie eine Kuh, der der Schlächter das Kalb abgeholt hat? Er ſollte doch wahrhaftig Seinem Herrgott danken, daß Ihm noch Niemand die Stubenthür eingetreten hat und Er dahinter, wenn Er will, in Ruhe ſitzen kann mit allen Seinen unturbirten Schrullen, Grillen und Phantaſirereien. Wer doch in Seiner Haut ſteckte, Herr! Herr, nehme Er's mir nicht übel, trifft man Ihn ſo auf dem Spazierwege, ſo wird's Einem erſt richtig klar, in welchem Elend man ſelber itzo ſeine Tage zu ver¬ ſorgen hat, einerlei ob man das Haus voll hat von den Völkern Seiner Durchlaucht oder des Marſchalls von Broglio. Hu, wer den Caraman und den Chabot ſchinden wollte, wie ſie den Kloſteramtmann von Ame¬ lungsborn geſchunden haben!“
Der letzte Seufzer ſtammte noch aus den Tagen des Septembers und Octobers des Jahres, wo der Ge¬ neralmajor von Luckner wohl ſein Möglichſtes gethan hatte, um dem Grafen von Caraman und dem von Rohan Chabot den Aufenthalt in Amelungsborn zu verleiden, aber noch lange nicht genug, um der Stim¬ mung des Amtmanns gegen die beiden Herren gerecht zu werden.
Die „Geſchicklichkeit“ des Herrn Generals von Luckner hatte leider nur für kurze Zeit „Mittel gefunden, den Feind aus der ſchönen Gegend, die er beſetzet hatte“, zu
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Wurmt es Ihm denn immer noch ſo ſehr, Herr, daß
Er einen um den andern Tag hier herauslaufen muß,
um ſeiner gottverdamm — ſeiner Sauſchule nachzubölken
wie eine Kuh, der der Schlächter das Kalb abgeholt
hat? Er ſollte doch wahrhaftig Seinem Herrgott danken,
daß Ihm noch Niemand die Stubenthür eingetreten hat
und Er dahinter, wenn Er will, in Ruhe ſitzen kann
mit allen Seinen unturbirten Schrullen, Grillen und
Phantaſirereien. Wer doch in Seiner Haut ſteckte, Herr!
Herr, nehme Er's mir nicht übel, trifft man Ihn ſo
auf dem Spazierwege, ſo wird's Einem erſt richtig klar,
in welchem Elend man ſelber itzo ſeine Tage zu ver¬
ſorgen hat, einerlei ob man das Haus voll hat von
den Völkern Seiner Durchlaucht oder des Marſchalls
von Broglio. Hu, wer den Caraman und den Chabot
ſchinden wollte, wie ſie den Kloſteramtmann von Ame¬
lungsborn geſchunden haben!“
Der letzte Seufzer ſtammte noch aus den Tagen
des Septembers und Octobers des Jahres, wo der Ge¬
neralmajor von Luckner wohl ſein Möglichſtes gethan
hatte, um dem Grafen von Caraman und dem von
Rohan Chabot den Aufenthalt in Amelungsborn zu
verleiden, aber noch lange nicht genug, um der Stim¬
mung des Amtmanns gegen die beiden Herren gerecht
zu werden.
Die „Geſchicklichkeit“ des Herrn Generals von Luckner
hatte leider nur für kurze Zeit „Mittel gefunden, den
Feind aus der ſchönen Gegend, die er beſetzet hatte“, zu
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/32>, abgerufen am 21.11.2024.
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