Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.was erzählen, was lange nachher geschah und doch mit Gut, eines Tages gegen Abend stand ein schreckba- was erzählen, was lange nachher geſchah und doch mit Gut, eines Tages gegen Abend ſtand ein ſchreckba- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0160" n="150"/> was erzählen, was lange nachher geſchah und doch mit<lb/> dazu gehört! — Wenn die Fenſterſcheiben nicht ſo ge-<lb/> froren wären, könntet Ihr den Thurm der neuen So-<lb/> phienkirche ſehen, die gebaut iſt, nachdem die alte ab-<lb/> gebrannt iſt. In der alten war’s, wo eine Tafel an<lb/> der Wand hing, wo die Namen aller der drauf ſtanden,<lb/> welche in dem Franzoſenkriege aus unſerm Viertel ge-<lb/> fallen waren und worunter auch meine Jungen waren:<lb/> Ludwig Friedrich Karl Karſten und Wilhelm Johannes<lb/> Albert Karſten. Die Tafel hatten wir unſerm Kirchſtuhl<lb/> grade gegenüber, und des Sonntags ſchauten wir immer<lb/> darauf und dachten an unſre brave Jungen und mein<lb/> Alter war ſtolz auf die Tafel und ich auch, wenn ich<lb/> auch genug darüber geweint hatte und noch weinte. —<lb/> Aber es blieb nicht ſo bei meinem Gottfried. — Es<lb/> kam eine Zeit, da ſchlich er an der Tafel vorbei, ohne<lb/> aufzukucken, und wenn wir an unſerm Platze ſaßen<lb/> und ſein Blick fiel mal drauf hin, ſchaute er ſchnell<lb/> weg, oder auf den Boden, oder murmelte etwas, was ich<lb/> nicht verſtand.</p><lb/> <p>Gut, eines Tages gegen Abend ſtand ein ſchreckba-<lb/> res Gewitter über die Stadt; es donnerte und blitzte<lb/> unbändig und auf einmal hieß es: in der Sophienkirche<lb/> hat’s eingeſchlagen! — Richtig, — da brannte ſie lich-<lb/> terloh. Mein Alter, der ſonſt bei ſo was immer vorn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [150/0160]
was erzählen, was lange nachher geſchah und doch mit
dazu gehört! — Wenn die Fenſterſcheiben nicht ſo ge-
froren wären, könntet Ihr den Thurm der neuen So-
phienkirche ſehen, die gebaut iſt, nachdem die alte ab-
gebrannt iſt. In der alten war’s, wo eine Tafel an
der Wand hing, wo die Namen aller der drauf ſtanden,
welche in dem Franzoſenkriege aus unſerm Viertel ge-
fallen waren und worunter auch meine Jungen waren:
Ludwig Friedrich Karl Karſten und Wilhelm Johannes
Albert Karſten. Die Tafel hatten wir unſerm Kirchſtuhl
grade gegenüber, und des Sonntags ſchauten wir immer
darauf und dachten an unſre brave Jungen und mein
Alter war ſtolz auf die Tafel und ich auch, wenn ich
auch genug darüber geweint hatte und noch weinte. —
Aber es blieb nicht ſo bei meinem Gottfried. — Es
kam eine Zeit, da ſchlich er an der Tafel vorbei, ohne
aufzukucken, und wenn wir an unſerm Platze ſaßen
und ſein Blick fiel mal drauf hin, ſchaute er ſchnell
weg, oder auf den Boden, oder murmelte etwas, was ich
nicht verſtand.
Gut, eines Tages gegen Abend ſtand ein ſchreckba-
res Gewitter über die Stadt; es donnerte und blitzte
unbändig und auf einmal hieß es: in der Sophienkirche
hat’s eingeſchlagen! — Richtig, — da brannte ſie lich-
terloh. Mein Alter, der ſonſt bei ſo was immer vorn
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