Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.der lief in der Welt herum und die Leute nannten ihn Und nun höre -- grimme Othelloin das "Liebe der lief in der Welt herum und die Leute nannten ihn Und nun höre — grimme Othelloin das „Liebe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0185" n="175"/> der lief in der Welt herum und die Leute nannten ihn<lb/><hi rendition="#aq">Dr.</hi> Heinrich Wimmer; einige freilich titulirten ihn auch<lb/> „Eſel“ oder ſo. Das waren aber nur die, welchen er<lb/> daſſelbe Epitheton gegeben hatte — was er oft ſogar<lb/> ſchriftlich, Schwarz auf Weiß, that. — Gut; — dieſer<lb/> Menſch hatte eigentlich nur wenig wahre Freunde, (Be-<lb/> kannte genug) denn er war ſo eine Art von Vagabond,<lb/> wenn auch nicht in der ſchlimmſten Bedeutung des Worts.<lb/> Er war ein Literat. Zu den Freunden, die ihn ertru-<lb/> gen und nicht „Eſel“ nannten, gehörte erſtens ein Schul-<lb/> meiſter Namens Roder, zweitens ein ältlicher Herr,<lb/> Wachholder genannt, und drittens — ein junges Mäd-<lb/> chen, (beruhige Dich Nanette, ſie war höchſtens eilf Jahr<lb/> alt, als wir ſchieden) Namens Eliſe Ralff. Wir wohn-<lb/> ten in einer großen Stadt, wo es viel Staub giebt und<lb/> aus der ſie mich wegjagten, weil jener Staub mich ſtets<lb/> zum Huſten brachte, ziemlich dicht zuſammen und<lb/> betrugen uns gegen einander wie gute Freunde ſich be-<lb/> tragen müſſen. Sogar der Pudel Rezenſent, mein vier-<lb/> ter Freund, fühlte oft eine menſchliche Rührung darüber;<lb/> wie es in der That ein vortreffliches Vieh iſt, was Du<lb/> auch ſagen magſt, Nannerl! —</p><lb/> <p>Und nun höre — grimme Othelloin das „Liebe<lb/> und Getreue“ gilt <hi rendition="#g">den drei</hi> Freunden und „halt“<lb/> nicht <hi rendition="#g">einer</hi> Dame, Du Eiferſucht! —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [175/0185]
der lief in der Welt herum und die Leute nannten ihn
Dr. Heinrich Wimmer; einige freilich titulirten ihn auch
„Eſel“ oder ſo. Das waren aber nur die, welchen er
daſſelbe Epitheton gegeben hatte — was er oft ſogar
ſchriftlich, Schwarz auf Weiß, that. — Gut; — dieſer
Menſch hatte eigentlich nur wenig wahre Freunde, (Be-
kannte genug) denn er war ſo eine Art von Vagabond,
wenn auch nicht in der ſchlimmſten Bedeutung des Worts.
Er war ein Literat. Zu den Freunden, die ihn ertru-
gen und nicht „Eſel“ nannten, gehörte erſtens ein Schul-
meiſter Namens Roder, zweitens ein ältlicher Herr,
Wachholder genannt, und drittens — ein junges Mäd-
chen, (beruhige Dich Nanette, ſie war höchſtens eilf Jahr
alt, als wir ſchieden) Namens Eliſe Ralff. Wir wohn-
ten in einer großen Stadt, wo es viel Staub giebt und
aus der ſie mich wegjagten, weil jener Staub mich ſtets
zum Huſten brachte, ziemlich dicht zuſammen und
betrugen uns gegen einander wie gute Freunde ſich be-
tragen müſſen. Sogar der Pudel Rezenſent, mein vier-
ter Freund, fühlte oft eine menſchliche Rührung darüber;
wie es in der That ein vortreffliches Vieh iſt, was Du
auch ſagen magſt, Nannerl! —
Und nun höre — grimme Othelloin das „Liebe
und Getreue“ gilt den drei Freunden und „halt“
nicht einer Dame, Du Eiferſucht! —
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