Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

ihrem "seant" sitzend lassend. "Herr, können Sie nicht
sehen, haben Sie keine Augen im Kopfe, Sie ...."

"Halt Krippenstapel!" fällt hier Gustav ein, den
gefallenen Engel des Juristen aufhebend. "Sie sollen
fürchterlich gerächt werden, ich gebe Ihnen mein Ehren-
wort! -- Peter Holzmann, Bamboccio, Ungethüm! ein
schreckliches Loos harrt morgen Deiner! -- Mein Fräu-
lein, Sie haben sich doch nicht weh gethan? Wollen
Sie eine kalte Messerklinge auflegen, das soll gut sein
gegen Beulen? -- Fräulein Julie geben Sie doch ge-
fälligst dem dicken Ungeheuer an Ihrer Seite einen tüch-
tigen Nasenstüber als Vorgeschmack! -- Krippenstapel,
sein Sie ein guter Kerl und fangen Sie keinen Lärm
an; kommen Sie, lassen Sie sich von Ihrer Dame eine
Stecknadel geben, ehe Sie weiter schweben. Vergessen
Sie's nicht, es ist wichtig; ich als Aesthetiker muß das
wissen!" -- -- --

Ein allgemeines Gelächter löst die Sache in Wohl-
gefallen auf. Krippenstapel schleicht mit seiner Steckna-
del ingrimmig in's Gebüsch; seine Dame verkündet hin-
ter ihrem Taschentuch, keine kalte Messerklinge anwenden
zu wollen; Peter Holzmann stolpert mit Fräulein Julie
zu einem Sitz, und alle übrigen Paare ordnen sich zu
einem neuen Tanz.

Schon während des Verlaufs dieser Scene habe ich

ihrem „séant“ ſitzend laſſend. „Herr, können Sie nicht
ſehen, haben Sie keine Augen im Kopfe, Sie ....“

„Halt Krippenſtapel!“ fällt hier Guſtav ein, den
gefallenen Engel des Juriſten aufhebend. „Sie ſollen
fürchterlich gerächt werden, ich gebe Ihnen mein Ehren-
wort! — Peter Holzmann, Bamboccio, Ungethüm! ein
ſchreckliches Loos harrt morgen Deiner! — Mein Fräu-
lein, Sie haben ſich doch nicht weh gethan? Wollen
Sie eine kalte Meſſerklinge auflegen, das ſoll gut ſein
gegen Beulen? — Fräulein Julie geben Sie doch ge-
fälligſt dem dicken Ungeheuer an Ihrer Seite einen tüch-
tigen Naſenſtüber als Vorgeſchmack! — Krippenſtapel,
ſein Sie ein guter Kerl und fangen Sie keinen Lärm
an; kommen Sie, laſſen Sie ſich von Ihrer Dame eine
Stecknadel geben, ehe Sie weiter ſchweben. Vergeſſen
Sie’s nicht, es iſt wichtig; ich als Aeſthetiker muß das
wiſſen!“ — — —

Ein allgemeines Gelächter löſt die Sache in Wohl-
gefallen auf. Krippenſtapel ſchleicht mit ſeiner Steckna-
del ingrimmig in’s Gebüſch; ſeine Dame verkündet hin-
ter ihrem Taſchentuch, keine kalte Meſſerklinge anwenden
zu wollen; Peter Holzmann ſtolpert mit Fräulein Julie
zu einem Sitz, und alle übrigen Paare ordnen ſich zu
einem neuen Tanz.

Schon während des Verlaufs dieſer Scene habe ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0215" n="205"/>
ihrem <hi rendition="#aq">&#x201E;séant&#x201C;</hi> &#x017F;itzend la&#x017F;&#x017F;end. &#x201E;Herr, können Sie nicht<lb/>
&#x017F;ehen, haben Sie keine Augen im Kopfe, Sie ....&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Halt Krippen&#x017F;tapel!&#x201C; fällt hier Gu&#x017F;tav ein, den<lb/>
gefallenen Engel des Juri&#x017F;ten aufhebend. &#x201E;Sie &#x017F;ollen<lb/>
fürchterlich gerächt werden, ich gebe Ihnen mein Ehren-<lb/>
wort! &#x2014; Peter Holzmann, Bamboccio, Ungethüm! ein<lb/>
&#x017F;chreckliches Loos harrt morgen Deiner! &#x2014; Mein Fräu-<lb/>
lein, Sie haben &#x017F;ich doch nicht weh gethan? Wollen<lb/>
Sie eine kalte Me&#x017F;&#x017F;erklinge auflegen, das &#x017F;oll gut &#x017F;ein<lb/>
gegen Beulen? &#x2014; Fräulein Julie geben Sie doch ge-<lb/>
fällig&#x017F;t dem dicken Ungeheuer an Ihrer Seite einen tüch-<lb/>
tigen Na&#x017F;en&#x017F;tüber als Vorge&#x017F;chmack! &#x2014; Krippen&#x017F;tapel,<lb/>
&#x017F;ein Sie ein guter Kerl und fangen Sie keinen Lärm<lb/>
an; kommen Sie, la&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich von Ihrer Dame eine<lb/>
Stecknadel geben, ehe Sie weiter &#x017F;chweben. Verge&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Sie&#x2019;s nicht, es i&#x017F;t wichtig; ich als Ae&#x017F;thetiker muß das<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en!&#x201C; &#x2014; &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ein allgemeines Gelächter lö&#x017F;t die Sache in Wohl-<lb/>
gefallen auf. Krippen&#x017F;tapel &#x017F;chleicht mit &#x017F;einer Steckna-<lb/>
del ingrimmig in&#x2019;s Gebü&#x017F;ch; &#x017F;eine Dame verkündet hin-<lb/>
ter ihrem Ta&#x017F;chentuch, keine kalte Me&#x017F;&#x017F;erklinge anwenden<lb/>
zu wollen; Peter Holzmann &#x017F;tolpert mit Fräulein Julie<lb/>
zu einem Sitz, und alle übrigen Paare ordnen &#x017F;ich zu<lb/>
einem neuen Tanz.</p><lb/>
        <p>Schon während des Verlaufs die&#x017F;er Scene habe ich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0215] ihrem „séant“ ſitzend laſſend. „Herr, können Sie nicht ſehen, haben Sie keine Augen im Kopfe, Sie ....“ „Halt Krippenſtapel!“ fällt hier Guſtav ein, den gefallenen Engel des Juriſten aufhebend. „Sie ſollen fürchterlich gerächt werden, ich gebe Ihnen mein Ehren- wort! — Peter Holzmann, Bamboccio, Ungethüm! ein ſchreckliches Loos harrt morgen Deiner! — Mein Fräu- lein, Sie haben ſich doch nicht weh gethan? Wollen Sie eine kalte Meſſerklinge auflegen, das ſoll gut ſein gegen Beulen? — Fräulein Julie geben Sie doch ge- fälligſt dem dicken Ungeheuer an Ihrer Seite einen tüch- tigen Naſenſtüber als Vorgeſchmack! — Krippenſtapel, ſein Sie ein guter Kerl und fangen Sie keinen Lärm an; kommen Sie, laſſen Sie ſich von Ihrer Dame eine Stecknadel geben, ehe Sie weiter ſchweben. Vergeſſen Sie’s nicht, es iſt wichtig; ich als Aeſthetiker muß das wiſſen!“ — — — Ein allgemeines Gelächter löſt die Sache in Wohl- gefallen auf. Krippenſtapel ſchleicht mit ſeiner Steckna- del ingrimmig in’s Gebüſch; ſeine Dame verkündet hin- ter ihrem Taſchentuch, keine kalte Meſſerklinge anwenden zu wollen; Peter Holzmann ſtolpert mit Fräulein Julie zu einem Sitz, und alle übrigen Paare ordnen ſich zu einem neuen Tanz. Schon während des Verlaufs dieſer Scene habe ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/215
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/215>, abgerufen am 24.11.2024.