Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.gen Amerika bringen soll; und der Zeichner -- will die Die wenigen, des Mitnehmens werthen Habseligkeiten Es ist nicht mehr die alte germanische Wander- und In englischen Schriften läuft Deutschland öfters als gen Amerika bringen ſoll; und der Zeichner — will die Die wenigen, des Mitnehmens werthen Habſeligkeiten Es iſt nicht mehr die alte germaniſche Wander- und In engliſchen Schriften läuft Deutſchland öfters als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0263" n="253"/> gen Amerika bringen ſoll; und der Zeichner — will die<lb/> Familie begleiten nach Hamburg.</p><lb/> <p>Die wenigen, des Mitnehmens werthen Habſeligkeiten<lb/> der ärmlichen Wohnung waren ſchon zuſammengepackt;<lb/> die bleichen, traurigen Geſichter der Eltern; das theil-<lb/> nahmloſe der alten Großmutter, die auch heute noch am<lb/> gewohnten Platz hinter dem Ofen ſpann; die Kinder,<lb/> welche verwundert in den Winkeln kauerten, alles machte<lb/> einen tiefen wehmüthigen Eindruck auf mich.</p><lb/> <p>Es iſt nicht mehr die alte germaniſche Wander- und<lb/> Abenteuerluſt, welche das Volk forttreibt von Haus und<lb/> Hof, aus den Städten und vom Lande; die den Köhler<lb/> aus ſeinem Walde, den Bergmann aus ſeinem dunkeln<lb/> Schacht reißt, die den Hirten herabzieht von ſeinen Al-<lb/> penweiden und ſie Alle fortwirbelt dem fernen Weſten<lb/> zu: Noth, Elend und Druck ſind’s, welche jetzt das<lb/> Volk geißeln, daß es mit blutendem Herzen die Heimath<lb/> verläßt. Mit blutendem Herzen; denn trotz der Stamm-<lb/> zerriſſenheit, trotz aller Biegſamkeit des Nationalcharak-<lb/> ters, der ſo leicht ſich fremden Eigenthümlichkeiten an-<lb/> ſchmiegt und unterwirft, — worin übrigens in dieſem<lb/> Augenblick vielleicht allein die welthiſtoriſche Bedeutung<lb/> Deutſchlands liegt — trotz alledem hängt kein Volk ſo<lb/> an ſeinem Vaterland, als das deutſche! —</p><lb/> <p>In engliſchen Schriften läuft Deutſchland öfters als<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [253/0263]
gen Amerika bringen ſoll; und der Zeichner — will die
Familie begleiten nach Hamburg.
Die wenigen, des Mitnehmens werthen Habſeligkeiten
der ärmlichen Wohnung waren ſchon zuſammengepackt;
die bleichen, traurigen Geſichter der Eltern; das theil-
nahmloſe der alten Großmutter, die auch heute noch am
gewohnten Platz hinter dem Ofen ſpann; die Kinder,
welche verwundert in den Winkeln kauerten, alles machte
einen tiefen wehmüthigen Eindruck auf mich.
Es iſt nicht mehr die alte germaniſche Wander- und
Abenteuerluſt, welche das Volk forttreibt von Haus und
Hof, aus den Städten und vom Lande; die den Köhler
aus ſeinem Walde, den Bergmann aus ſeinem dunkeln
Schacht reißt, die den Hirten herabzieht von ſeinen Al-
penweiden und ſie Alle fortwirbelt dem fernen Weſten
zu: Noth, Elend und Druck ſind’s, welche jetzt das
Volk geißeln, daß es mit blutendem Herzen die Heimath
verläßt. Mit blutendem Herzen; denn trotz der Stamm-
zerriſſenheit, trotz aller Biegſamkeit des Nationalcharak-
ters, der ſo leicht ſich fremden Eigenthümlichkeiten an-
ſchmiegt und unterwirft, — worin übrigens in dieſem
Augenblick vielleicht allein die welthiſtoriſche Bedeutung
Deutſchlands liegt — trotz alledem hängt kein Volk ſo
an ſeinem Vaterland, als das deutſche! —
In engliſchen Schriften läuft Deutſchland öfters als
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