Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.Der grübelnde Gelehrte wird von seinem Buche ver- Meine Lampe flackert und ist dem Ausgehen nahe. Seid gegrüßt, alle ihr Herzen bei Tage und bei Der grübelnde Gelehrte wird von ſeinem Buche ver- Meine Lampe flackert und iſt dem Ausgehen nahe. Seid gegrüßt, alle ihr Herzen bei Tage und bei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0271" n="261"/> Der grübelnde Gelehrte wird von ſeinem Buche ver-<lb/> wirrt aufſehen, das junge Mädchen wird von Tanz-<lb/> und Ballmuſik träumen, der arme Kranke wird von<lb/> dem kommenden Tage Geneſung erflehen, die Mutter<lb/> wird im Schlaf ihr kleines Kind feſter an ſich drücken<lb/> und der Herrſcher, die Stirn wund vom Druck einer<lb/> Krone des Zeitalters der Revolution, wird das Haupt<lb/> in die Kiſſen ſenken und ſeufzen: Ein neuer Tag! —</p><lb/> <p>Meine Lampe flackert und iſt dem Ausgehen nahe.<lb/> Mit müder Hand ſchließe ich das Fenſter und ſchreibe<lb/> dieſe letzten Zeilen nieder:</p><lb/> <p>Seid gegrüßt, alle ihr Herzen bei Tage und bei<lb/> Nacht; ſei gegrüßt, du großes, träumendes Vaterland;<lb/> ſei gegrüßt, du kleine, enge, dunkle Gaſſe; ſei gegrüßt,<lb/> du große, ſchaffende Gewalt, die du die ewige <hi rendition="#g">Liebe</hi><lb/> biſt! — Amen! Das ſei das Ende der Chronik der<lb/> Sperlingsgaſſe! — —</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [261/0271]
Der grübelnde Gelehrte wird von ſeinem Buche ver-
wirrt aufſehen, das junge Mädchen wird von Tanz-
und Ballmuſik träumen, der arme Kranke wird von
dem kommenden Tage Geneſung erflehen, die Mutter
wird im Schlaf ihr kleines Kind feſter an ſich drücken
und der Herrſcher, die Stirn wund vom Druck einer
Krone des Zeitalters der Revolution, wird das Haupt
in die Kiſſen ſenken und ſeufzen: Ein neuer Tag! —
Meine Lampe flackert und iſt dem Ausgehen nahe.
Mit müder Hand ſchließe ich das Fenſter und ſchreibe
dieſe letzten Zeilen nieder:
Seid gegrüßt, alle ihr Herzen bei Tage und bei
Nacht; ſei gegrüßt, du großes, träumendes Vaterland;
ſei gegrüßt, du kleine, enge, dunkle Gaſſe; ſei gegrüßt,
du große, ſchaffende Gewalt, die du die ewige Liebe
biſt! — Amen! Das ſei das Ende der Chronik der
Sperlingsgaſſe! — —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |