hervorholen, welches sie auf dem Weihnachtsmarkt er- standen haben. Ein Heidenlärm bricht los; das knarrt und quickt und plärrt und klappert, daß die Wände wiederhallen, und Rosalie, welche beschwörend von einer der kleinen Ratten zur andern lief, die Ohren zuhal- tend in dem fernsten Winkel sich verkriecht. --
Endlich legt sich der Scandal mit dem ausgehenden Athem und der ausgehenden Kraft des Karikaturenzeich- ners, der vor Wonne über das Pandämonium, kaum noch seine Knarre schwingen kann.
Welch' ein Punsch war das! Welche Gesundheiten wurden ausgebracht! Welche Geschichten wurden erzählt! Vom Souffleur Flüstervogel bis zum Balletmeister Spolpato, ja bis zu seiner Excellenz dem Herrn In- tendanten! --
Heute Abend malte Strobel keine Karikaturen, aber sich selbst machte er oft genug zu einer. Beim Versuch, sich auf einer, mit dem Halse auf der Erde stehenden, Flasche sitz'end zu drehen, beim Zuckerreiben, beim Ver- such, den glimmenden Docht eines ausgeputzten Wachs- lichtes wieder anzublasen und bei anderen Kunststücken.
Alfred, der durch Unterlegung von Pfuffendorf's und Bayle's schweinslederner Gelehrsamkeit und verschiedener dickbändiger Erziehungstheorien dazu gebracht war, neben seiner kleinen Mutter sitzend, über den Tisch schauen zu
hervorholen, welches ſie auf dem Weihnachtsmarkt er- ſtanden haben. Ein Heidenlärm bricht los; das knarrt und quickt und plärrt und klappert, daß die Wände wiederhallen, und Roſalie, welche beſchwörend von einer der kleinen Ratten zur andern lief, die Ohren zuhal- tend in dem fernſten Winkel ſich verkriecht. —
Endlich legt ſich der Scandal mit dem ausgehenden Athem und der ausgehenden Kraft des Karikaturenzeich- ners, der vor Wonne über das Pandämonium, kaum noch ſeine Knarre ſchwingen kann.
Welch’ ein Punſch war das! Welche Geſundheiten wurden ausgebracht! Welche Geſchichten wurden erzählt! Vom Souffleur Flüſtervogel bis zum Balletmeiſter Spolpato, ja bis zu ſeiner Excellenz dem Herrn In- tendanten! —
Heute Abend malte Strobel keine Karikaturen, aber ſich ſelbſt machte er oft genug zu einer. Beim Verſuch, ſich auf einer, mit dem Halſe auf der Erde ſtehenden, Flaſche ſitz’end zu drehen, beim Zuckerreiben, beim Ver- ſuch, den glimmenden Docht eines ausgeputzten Wachs- lichtes wieder anzublaſen und bei anderen Kunſtſtücken.
Alfred, der durch Unterlegung von Pfuffendorf’s und Bayle’s ſchweinslederner Gelehrſamkeit und verſchiedener dickbändiger Erziehungstheorien dazu gebracht war, neben ſeiner kleinen Mutter ſitzend, über den Tiſch ſchauen zu
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hervorholen, welches ſie auf dem Weihnachtsmarkt er-
ſtanden haben. Ein Heidenlärm bricht los; das knarrt
und quickt und plärrt und klappert, daß die Wände
wiederhallen, und Roſalie, welche beſchwörend von einer
der kleinen Ratten zur andern lief, die Ohren zuhal-
tend in dem fernſten Winkel ſich verkriecht. —
Endlich legt ſich der Scandal mit dem ausgehenden
Athem und der ausgehenden Kraft des Karikaturenzeich-
ners, der vor Wonne über das Pandämonium, kaum
noch ſeine Knarre ſchwingen kann.
Welch’ ein Punſch war das! Welche Geſundheiten
wurden ausgebracht! Welche Geſchichten wurden erzählt!
Vom Souffleur Flüſtervogel bis zum Balletmeiſter
Spolpato, ja bis zu ſeiner Excellenz dem Herrn In-
tendanten! —
Heute Abend malte Strobel keine Karikaturen, aber
ſich ſelbſt machte er oft genug zu einer. Beim Verſuch,
ſich auf einer, mit dem Halſe auf der Erde ſtehenden,
Flaſche ſitz’end zu drehen, beim Zuckerreiben, beim Ver-
ſuch, den glimmenden Docht eines ausgeputzten Wachs-
lichtes wieder anzublaſen und bei anderen Kunſtſtücken.
Alfred, der durch Unterlegung von Pfuffendorf’s und
Bayle’s ſchweinslederner Gelehrſamkeit und verſchiedener
dickbändiger Erziehungstheorien dazu gebracht war, neben
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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/80>, abgerufen am 18.07.2024.
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