das ein R sein, dieses Ungethüm? O, welch ein Klex Schriftstellerin! Welche Dintenverschwendung von den Händen bis auf die Nasenspitze! Wie wird die alte Martha waschen müssen! Du sagst: Du habest nun ge- nug Buchstaben gemalt, Du müssest jetzt herunter; Du meinst: sogar die Fliegen hielten es nicht mehr aus in der Stube, Du sähest wohl, wie sie mit den Köpfen ge- gen die Scheiben stießen?!
Nun so lauf und fall' nicht, Wildfang; ich sehe ein, wir müssen Dich doch wohl zu dem Herrn Roder in die Schule schicken, damit Du Stillsitzen lernst. -- --
Was ist das auf einmal für ein helles Stimmchen, welches drüben aus dem Fenster meiner alten Wohnung in No. 11 ruft:
Quält die kleine Hexe nicht schon wieder den Doc- tor der Philosophie Heinrich Wimmer, der da drüben seine Leitartikel und schlechten Romane schreibt? Wirk- lich es ist so. Eine Baßstimme brummt herüber:
"Wachholder, 's ist 'ne absolute Unmöglichkeit, bei dem Heidenlärm, den Euer Mädchen hier mit dem Buch- druckerjungen und dem Rezensenten -- (Rezensent heißt der Hund des Doctors, ein ehrbarer, schwarzer Pudel) treibt, weiter zu schreiben. Ich bin mitten in einer der
das ein R ſein, dieſes Ungethüm? O, welch ein Klex Schriftſtellerin! Welche Dintenverſchwendung von den Händen bis auf die Naſenſpitze! Wie wird die alte Martha waſchen müſſen! Du ſagſt: Du habeſt nun ge- nug Buchſtaben gemalt, Du müſſeſt jetzt herunter; Du meinſt: ſogar die Fliegen hielten es nicht mehr aus in der Stube, Du ſäheſt wohl, wie ſie mit den Köpfen ge- gen die Scheiben ſtießen?!
Nun ſo lauf und fall’ nicht, Wildfang; ich ſehe ein, wir müſſen Dich doch wohl zu dem Herrn Roder in die Schule ſchicken, damit Du Stillſitzen lernſt. — —
Was iſt das auf einmal für ein helles Stimmchen, welches drüben aus dem Fenſter meiner alten Wohnung in No. 11 ruft:
Quält die kleine Hexe nicht ſchon wieder den Doc- tor der Philoſophie Heinrich Wimmer, der da drüben ſeine Leitartikel und ſchlechten Romane ſchreibt? Wirk- lich es iſt ſo. Eine Baßſtimme brummt herüber:
„Wachholder, ’s iſt ’ne abſolute Unmöglichkeit, bei dem Heidenlärm, den Euer Mädchen hier mit dem Buch- druckerjungen und dem Rezenſenten — (Rezenſent heißt der Hund des Doctors, ein ehrbarer, ſchwarzer Pudel) treibt, weiter zu ſchreiben. Ich bin mitten in einer der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0086"n="76"/>
das ein R ſein, dieſes Ungethüm? O, welch ein Klex<lb/>
Schriftſtellerin! Welche Dintenverſchwendung von den<lb/>
Händen bis auf die Naſenſpitze! Wie wird die alte<lb/>
Martha waſchen müſſen! Du ſagſt: Du habeſt nun ge-<lb/>
nug Buchſtaben gemalt, Du müſſeſt jetzt herunter; Du<lb/>
meinſt: ſogar die Fliegen hielten es nicht mehr aus in<lb/>
der Stube, Du ſäheſt wohl, wie ſie mit den Köpfen ge-<lb/>
gen die Scheiben ſtießen?!</p><lb/><p>Nun ſo lauf und fall’ nicht, Wildfang; ich ſehe ein,<lb/>
wir müſſen Dich doch wohl zu dem Herrn Roder in die<lb/>
Schule ſchicken, damit Du Stillſitzen lernſt. ——</p><lb/><p>Was iſt das auf einmal für ein helles Stimmchen,<lb/>
welches drüben aus dem Fenſter meiner alten Wohnung<lb/>
in No. 11 ruft:</p><lb/><p>„Onkel Wachholder, Onkel Wachholder! Ausgehen,<lb/>
Ausgehen!“</p><lb/><p>Quält die kleine Hexe nicht ſchon wieder den Doc-<lb/>
tor der Philoſophie Heinrich Wimmer, der da drüben<lb/>ſeine Leitartikel und ſchlechten Romane ſchreibt? Wirk-<lb/>
lich es iſt ſo. Eine Baßſtimme brummt herüber:</p><lb/><p>„Wachholder, ’s iſt ’ne abſolute Unmöglichkeit, bei<lb/>
dem Heidenlärm, den Euer Mädchen hier mit dem Buch-<lb/>
druckerjungen und dem Rezenſenten — (Rezenſent heißt<lb/>
der Hund des Doctors, ein ehrbarer, ſchwarzer Pudel)<lb/>
treibt, weiter zu ſchreiben. Ich bin mitten in einer der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[76/0086]
das ein R ſein, dieſes Ungethüm? O, welch ein Klex
Schriftſtellerin! Welche Dintenverſchwendung von den
Händen bis auf die Naſenſpitze! Wie wird die alte
Martha waſchen müſſen! Du ſagſt: Du habeſt nun ge-
nug Buchſtaben gemalt, Du müſſeſt jetzt herunter; Du
meinſt: ſogar die Fliegen hielten es nicht mehr aus in
der Stube, Du ſäheſt wohl, wie ſie mit den Köpfen ge-
gen die Scheiben ſtießen?!
Nun ſo lauf und fall’ nicht, Wildfang; ich ſehe ein,
wir müſſen Dich doch wohl zu dem Herrn Roder in die
Schule ſchicken, damit Du Stillſitzen lernſt. — —
Was iſt das auf einmal für ein helles Stimmchen,
welches drüben aus dem Fenſter meiner alten Wohnung
in No. 11 ruft:
„Onkel Wachholder, Onkel Wachholder! Ausgehen,
Ausgehen!“
Quält die kleine Hexe nicht ſchon wieder den Doc-
tor der Philoſophie Heinrich Wimmer, der da drüben
ſeine Leitartikel und ſchlechten Romane ſchreibt? Wirk-
lich es iſt ſo. Eine Baßſtimme brummt herüber:
„Wachholder, ’s iſt ’ne abſolute Unmöglichkeit, bei
dem Heidenlärm, den Euer Mädchen hier mit dem Buch-
druckerjungen und dem Rezenſenten — (Rezenſent heißt
der Hund des Doctors, ein ehrbarer, ſchwarzer Pudel)
treibt, weiter zu ſchreiben. Ich bin mitten in einer der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/86>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.