Besatzung von sieben bis achthundert Mann Invaliden und Landmiliz unterm alten Platzmajor von Stummel, sein Nachkomme lebt noch in der Stadt als quiescirter Gerichtsassessor, und man sieht es ihm wahrhaftig nicht an, daß er einen Heros zum Ahnherrn gehabt hat; nach dem Brummersumm geht er, wie ich höre, jeden Nachmittag, und auch Du hast ihn da vielleicht noch wieder angetroffen, Eduard, und auch um seinet- willen, Deinen Freund Stopfkuchen und dessen rothe Schanze bis heute verabsäumt. Es war doch eigentlich nicht hübsch von Dir."
Letzteres mochte sein; aber wenn mir natürlich jetzt Alles an Stopfkuchen und der rothen Schanze von Neuem sehr interessant und sympathisch war, so war ich doch eigentlich nicht um das was er mir bis jetzt von sich und allem Seinigen vorgetragen hatte, nach seiner Festung, seiner Xavers- Quakatzen- und -- Valentinenburg hinausgegangen. Ich hatte wenigstens nach Möglichkeit nachgeholt, was ich un- freundlicher Weise verabsäumt haben mochte an dem fürchterlichen Langweiler, dem feistesten meiner Jugend- freunde.
Dem mochte nun sein wie ihm wollte: in einer Beziehung hatte ich etwas ganz Wunderbares ganz sicher noch vor mir -- Stopfkuchens Mittagessen. Nachdem die Düfte vom Hause her immer nahrhafter und delikater geworden waren, schaute Frau Valentine Schaumann, geborene Quakatz, um den Busch hinter unserer Bank und fragte mit dem liebsten, einladendsten
Beſatzung von ſieben bis achthundert Mann Invaliden und Landmiliz unterm alten Platzmajor von Stummel, ſein Nachkomme lebt noch in der Stadt als quiescirter Gerichtsaſſeſſor, und man ſieht es ihm wahrhaftig nicht an, daß er einen Heros zum Ahnherrn gehabt hat; nach dem Brummerſumm geht er, wie ich höre, jeden Nachmittag, und auch Du haſt ihn da vielleicht noch wieder angetroffen, Eduard, und auch um ſeinet- willen, Deinen Freund Stopfkuchen und deſſen rothe Schanze bis heute verabſäumt. Es war doch eigentlich nicht hübſch von Dir.“
Letzteres mochte ſein; aber wenn mir natürlich jetzt Alles an Stopfkuchen und der rothen Schanze von Neuem ſehr intereſſant und ſympathiſch war, ſo war ich doch eigentlich nicht um das was er mir bis jetzt von ſich und allem Seinigen vorgetragen hatte, nach ſeiner Feſtung, ſeiner Xavers- Quakatzen- und — Valentinenburg hinausgegangen. Ich hatte wenigſtens nach Möglichkeit nachgeholt, was ich un- freundlicher Weiſe verabſäumt haben mochte an dem fürchterlichen Langweiler, dem feiſteſten meiner Jugend- freunde.
Dem mochte nun ſein wie ihm wollte: in einer Beziehung hatte ich etwas ganz Wunderbares ganz ſicher noch vor mir — Stopfkuchens Mittageſſen. Nachdem die Düfte vom Hauſe her immer nahrhafter und delikater geworden waren, ſchaute Frau Valentine Schaumann, geborene Quakatz, um den Buſch hinter unſerer Bank und fragte mit dem liebſten, einladendſten
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Beſatzung von ſieben bis achthundert Mann Invaliden
und Landmiliz unterm alten Platzmajor von Stummel,
ſein Nachkomme lebt noch in der Stadt als quiescirter
Gerichtsaſſeſſor, und man ſieht es ihm wahrhaftig
nicht an, daß er einen Heros zum Ahnherrn gehabt
hat; nach dem Brummerſumm geht er, wie ich höre,
jeden Nachmittag, und auch Du haſt ihn da vielleicht
noch wieder angetroffen, Eduard, und auch um ſeinet-
willen, Deinen Freund Stopfkuchen und deſſen rothe
Schanze bis heute verabſäumt. Es war doch eigentlich
nicht hübſch von Dir.“
Letzteres mochte ſein; aber wenn mir natürlich
jetzt Alles an Stopfkuchen und der rothen Schanze
von Neuem ſehr intereſſant und ſympathiſch war, ſo
war ich doch eigentlich nicht um das was er mir
bis jetzt von ſich und allem Seinigen vorgetragen
hatte, nach ſeiner Feſtung, ſeiner Xavers- Quakatzen-
und — Valentinenburg hinausgegangen. Ich hatte
wenigſtens nach Möglichkeit nachgeholt, was ich un-
freundlicher Weiſe verabſäumt haben mochte an dem
fürchterlichen Langweiler, dem feiſteſten meiner Jugend-
freunde.
Dem mochte nun ſein wie ihm wollte: in einer
Beziehung hatte ich etwas ganz Wunderbares ganz
ſicher noch vor mir — Stopfkuchens Mittageſſen.
Nachdem die Düfte vom Hauſe her immer nahrhafter
und delikater geworden waren, ſchaute Frau Valentine
Schaumann, geborene Quakatz, um den Buſch hinter
unſerer Bank und fragte mit dem liebſten, einladendſten
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/103>, abgerufen am 16.02.2025.
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