lich da und sah nun stumm zu mir hinauf, und das Wetterglas schien auf Sturm zu weisen. ,Vater, er will nur unsere Befestigung verstudiren,' sagte Tinchen, vielleicht doch auch etwas zaghaft. ,Er kommt mit den Geschichtsbüchern von der Belagerung her und sie haben sein Haus von hieraus beschossen.' -- ,Komm lieber doch erst mal da herunter,' sagte Vater Quakatz. Und wie rasch selbst ein Bradypus, ein Faulthier, von einem Baum herabsteigen kann, das bewies ich jetzt. Da stand ich vor Kienbaums Mörder, und wenn ich nicht erwartete, nun gleichfalls todtgeschlagen zu werden, so war doch auch Tinchen der Meinung: der alte Herr werde wenigstens über den Graben ins freie Feld deuten und mit Nachdruck sagen: ,Jetzt scher Dich.' -- Es kam aber anders, er sagte nur: ,Meinetwegen;' was sich doch nur auf mein Ver- studiren seines Anwesens beziehen konnte. Nachher dachten wir, er werde sich nun wieder nach seiner Art umdrehen und weg gehen; aber auch das kam anders. Er blieb und fragte: ,Du gehst auf die Lateinschule? -- ,J, j, j, ja, Herr Quakatz.' -- ,Kannst Du es lesen? das Lateinische meine ich.' -- ,J, j, ja,' stotterte ich und dachte an nichts Böses. -- ,Dann theilt Euch die Aepfel, und nachher komm mal in die Stube. Du sollst mir was aus dem Latein übersetzen.' -- Da saß ich denn freilich fest drin. So hatte ich das Wort vom Latein-Lesen nicht verstanden. Da rufe ich den gelehrten Afrikaner, den Eduard, zum Zeugniß auf, wie gründlich ich von Papa mißverstanden worden war, Frau! Wer aber
lich da und ſah nun ſtumm zu mir hinauf, und das Wetterglas ſchien auf Sturm zu weiſen. ‚Vater, er will nur unſere Befeſtigung verſtudiren,‘ ſagte Tinchen, vielleicht doch auch etwas zaghaft. ‚Er kommt mit den Geſchichtsbüchern von der Belagerung her und ſie haben ſein Haus von hieraus beſchoſſen.‘ — ‚Komm lieber doch erſt mal da herunter,‘ ſagte Vater Quakatz. Und wie raſch ſelbſt ein Bradypus, ein Faulthier, von einem Baum herabſteigen kann, das bewies ich jetzt. Da ſtand ich vor Kienbaums Mörder, und wenn ich nicht erwartete, nun gleichfalls todtgeſchlagen zu werden, ſo war doch auch Tinchen der Meinung: der alte Herr werde wenigſtens über den Graben ins freie Feld deuten und mit Nachdruck ſagen: ‚Jetzt ſcher Dich.‘ — Es kam aber anders, er ſagte nur: ‚Meinetwegen;‘ was ſich doch nur auf mein Ver- ſtudiren ſeines Anweſens beziehen konnte. Nachher dachten wir, er werde ſich nun wieder nach ſeiner Art umdrehen und weg gehen; aber auch das kam anders. Er blieb und fragte: ‚Du gehſt auf die Lateinſchule? — ‚J, j, j, ja, Herr Quakatz.‘ — ‚Kannſt Du es leſen? das Lateiniſche meine ich.‘ — ‚J, j, ja,‘ ſtotterte ich und dachte an nichts Böſes. — ‚Dann theilt Euch die Aepfel, und nachher komm mal in die Stube. Du ſollſt mir was aus dem Latein überſetzen.‘ — Da ſaß ich denn freilich feſt drin. So hatte ich das Wort vom Latein-Leſen nicht verſtanden. Da rufe ich den gelehrten Afrikaner, den Eduard, zum Zeugniß auf, wie gründlich ich von Papa mißverſtanden worden war, Frau! Wer aber
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lich da und ſah nun ſtumm zu mir hinauf, und das
Wetterglas ſchien auf Sturm zu weiſen. ‚Vater, er
will nur unſere Befeſtigung verſtudiren,‘ ſagte Tinchen,
vielleicht doch auch etwas zaghaft. ‚Er kommt mit den
Geſchichtsbüchern von der Belagerung her und ſie
haben ſein Haus von hieraus beſchoſſen.‘ — ‚Komm
lieber doch erſt mal da herunter,‘ ſagte Vater Quakatz.
Und wie raſch ſelbſt ein Bradypus, ein Faulthier, von
einem Baum herabſteigen kann, das bewies ich jetzt.
Da ſtand ich vor Kienbaums Mörder, und wenn ich
nicht erwartete, nun gleichfalls todtgeſchlagen zu
werden, ſo war doch auch Tinchen der Meinung: der
alte Herr werde wenigſtens über den Graben ins
freie Feld deuten und mit Nachdruck ſagen: ‚Jetzt
ſcher Dich.‘ — Es kam aber anders, er ſagte nur:
‚Meinetwegen;‘ was ſich doch nur auf mein Ver-
ſtudiren ſeines Anweſens beziehen konnte. Nachher
dachten wir, er werde ſich nun wieder nach ſeiner
Art umdrehen und weg gehen; aber auch das kam
anders. Er blieb und fragte: ‚Du gehſt auf die
Lateinſchule? — ‚J, j, j, ja, Herr Quakatz.‘ —
‚Kannſt Du es leſen? das Lateiniſche meine ich.‘ —
‚J, j, ja,‘ ſtotterte ich und dachte an nichts Böſes.
— ‚Dann theilt Euch die Aepfel, und nachher komm
mal in die Stube. Du ſollſt mir was aus dem
Latein überſetzen.‘ — Da ſaß ich denn freilich feſt
drin. So hatte ich das Wort vom Latein-Leſen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/128>, abgerufen am 21.11.2024.
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