Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

Auf dieses Wort hin wendete sich die Frau
Valentine wieder zu mir und sagte:

"Sie haben ja die Thiere jetzt auch wohl per-
sönlich kennen gelernt: sagen Sie doch mal, bester
Herr Freund aus Afrika, haben Sie es zu Ihrer
Zeit, ich meine Ihrer Jung -- jüngern Zeit, wohl
je für möglich gehalten, daß mein Heinrich Löwen-
augen machen könne?"

"Nein!" erwiderte ich sofort und kurzweg. Wenn
es einen Helden gab, den die schroffe Verneinung
nicht kränken konnte, so war das mein Freund
Schaumann.

Er lachte auch nur herzlich; nahm aber doch,
ebenso rasch und kurzweg, seiner Gattin das Wort
wieder vom Munde und sagte:

"Aber ich habe sie gemacht, Eduard. Ich habe
sie um mich herumgeworfen. Löwenaugen! Prinz
Xaver von Sachsen konnte, als er von der rothen
Schanze aus die Kapitulation eures Nestes drunten
entgegen nahm, keine größern in die Welt hinein-
werfen. ,Die Augen wurden Teller', singt ein Dichter
jener Tage, kannte aber natürlich noch nicht die,
mit welchen ich, von unserm Neste da unten aus, Besitz
von der rothen Schanze, Tinchen Quakatz und dem
Vater Quakatz, sammt Knecht, Magd, Kienbaum --
kurz von der ganzen Mordgeschichte nahm. Da reichten
Teller lange nicht. Er soll auch, eurem Komman-
danten gegenüber, auf den Tisch geschlagen haben,
Eduard, dieser erhabene Siebenjährige" Kriegs-Heros;
aber ich bezweifle es, daß er nach dem Schlage so

Auf dieſes Wort hin wendete ſich die Frau
Valentine wieder zu mir und ſagte:

„Sie haben ja die Thiere jetzt auch wohl per-
ſönlich kennen gelernt: ſagen Sie doch mal, beſter
Herr Freund aus Afrika, haben Sie es zu Ihrer
Zeit, ich meine Ihrer Jung — jüngern Zeit, wohl
je für möglich gehalten, daß mein Heinrich Löwen-
augen machen könne?“

„Nein!“ erwiderte ich ſofort und kurzweg. Wenn
es einen Helden gab, den die ſchroffe Verneinung
nicht kränken konnte, ſo war das mein Freund
Schaumann.

Er lachte auch nur herzlich; nahm aber doch,
ebenſo raſch und kurzweg, ſeiner Gattin das Wort
wieder vom Munde und ſagte:

„Aber ich habe ſie gemacht, Eduard. Ich habe
ſie um mich herumgeworfen. Löwenaugen! Prinz
Xaver von Sachſen konnte, als er von der rothen
Schanze aus die Kapitulation eures Neſtes drunten
entgegen nahm, keine größern in die Welt hinein-
werfen. ‚Die Augen wurden Teller‘, ſingt ein Dichter
jener Tage, kannte aber natürlich noch nicht die,
mit welchen ich, von unſerm Neſte da unten aus, Beſitz
von der rothen Schanze, Tinchen Quakatz und dem
Vater Quakatz, ſammt Knecht, Magd, Kienbaum —
kurz von der ganzen Mordgeſchichte nahm. Da reichten
Teller lange nicht. Er ſoll auch, eurem Komman-
danten gegenüber, auf den Tiſch geſchlagen haben,
Eduard, dieſer erhabene Siebenjährige“ Kriegs-Heros;
aber ich bezweifle es, daß er nach dem Schlage ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0195" n="185"/>
        <p>Auf die&#x017F;es Wort hin wendete &#x017F;ich die Frau<lb/>
Valentine wieder zu mir und &#x017F;agte:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie haben ja die Thiere jetzt auch wohl per-<lb/>
&#x017F;önlich kennen gelernt: &#x017F;agen Sie doch mal, be&#x017F;ter<lb/>
Herr Freund aus Afrika, haben Sie es zu Ihrer<lb/>
Zeit, ich meine Ihrer Jung &#x2014; jüngern Zeit, wohl<lb/>
je für möglich gehalten, daß mein Heinrich Löwen-<lb/>
augen machen könne?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein!&#x201C; erwiderte ich &#x017F;ofort und kurzweg. Wenn<lb/>
es einen Helden gab, den die &#x017F;chroffe Verneinung<lb/>
nicht kränken konnte, &#x017F;o war das mein Freund<lb/>
Schaumann.</p><lb/>
        <p>Er lachte auch nur herzlich; nahm aber doch,<lb/>
eben&#x017F;o ra&#x017F;ch und kurzweg, &#x017F;einer Gattin das Wort<lb/>
wieder vom Munde und &#x017F;agte:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber ich habe &#x017F;ie gemacht, Eduard. Ich habe<lb/>
&#x017F;ie um mich herumgeworfen. Löwenaugen! Prinz<lb/>
Xaver von Sach&#x017F;en konnte, als er von der rothen<lb/>
Schanze aus die Kapitulation eures Ne&#x017F;tes drunten<lb/>
entgegen nahm, keine größern in die Welt hinein-<lb/>
werfen. &#x201A;Die Augen wurden Teller&#x2018;, &#x017F;ingt ein Dichter<lb/>
jener Tage, kannte aber natürlich noch nicht die,<lb/>
mit welchen ich, von un&#x017F;erm Ne&#x017F;te da unten aus, Be&#x017F;itz<lb/>
von der rothen Schanze, Tinchen Quakatz und dem<lb/>
Vater Quakatz, &#x017F;ammt Knecht, Magd, Kienbaum &#x2014;<lb/>
kurz von der ganzen Mordge&#x017F;chichte nahm. Da reichten<lb/>
Teller lange nicht. Er &#x017F;oll auch, eurem Komman-<lb/>
danten gegenüber, auf den Ti&#x017F;ch ge&#x017F;chlagen haben,<lb/>
Eduard, die&#x017F;er erhabene Siebenjährige&#x201C; Kriegs-Heros;<lb/>
aber ich bezweifle es, daß er nach dem Schlage &#x017F;o<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0195] Auf dieſes Wort hin wendete ſich die Frau Valentine wieder zu mir und ſagte: „Sie haben ja die Thiere jetzt auch wohl per- ſönlich kennen gelernt: ſagen Sie doch mal, beſter Herr Freund aus Afrika, haben Sie es zu Ihrer Zeit, ich meine Ihrer Jung — jüngern Zeit, wohl je für möglich gehalten, daß mein Heinrich Löwen- augen machen könne?“ „Nein!“ erwiderte ich ſofort und kurzweg. Wenn es einen Helden gab, den die ſchroffe Verneinung nicht kränken konnte, ſo war das mein Freund Schaumann. Er lachte auch nur herzlich; nahm aber doch, ebenſo raſch und kurzweg, ſeiner Gattin das Wort wieder vom Munde und ſagte: „Aber ich habe ſie gemacht, Eduard. Ich habe ſie um mich herumgeworfen. Löwenaugen! Prinz Xaver von Sachſen konnte, als er von der rothen Schanze aus die Kapitulation eures Neſtes drunten entgegen nahm, keine größern in die Welt hinein- werfen. ‚Die Augen wurden Teller‘, ſingt ein Dichter jener Tage, kannte aber natürlich noch nicht die, mit welchen ich, von unſerm Neſte da unten aus, Beſitz von der rothen Schanze, Tinchen Quakatz und dem Vater Quakatz, ſammt Knecht, Magd, Kienbaum — kurz von der ganzen Mordgeſchichte nahm. Da reichten Teller lange nicht. Er ſoll auch, eurem Komman- danten gegenüber, auf den Tiſch geſchlagen haben, Eduard, dieſer erhabene Siebenjährige“ Kriegs-Heros; aber ich bezweifle es, daß er nach dem Schlage ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/195
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/195>, abgerufen am 27.11.2024.