mehr im Papenbusch getroffen, aber auf mich, seinen Storzhammel, trifft Kienbaum daselbst -- hier -- hier -- an diesem Platze gerade zur richtigen Stunde für seine Gefühle. Er hält seinen Wagen an, und ich bin aufgestanden und habe meine Tasche zurecht gerückt und meinen Stock fest gefaßt. Ich sehe ihn in der Dämmerung sein Gesicht auf seine Weise ver- ziehen, und da schreit er mich schon an: ,Richtig, Storzhammel! Na, sitzt er wieder und brütet An- deren die Eier aus? Hast Dich heute mal wieder für fünf Groschen zum Teckelhund gelaufen, Du Blödbock? Nimmst es mir doch nicht übel? sind ja die besten Kameraden von der Schulbank und dem Regiment her! Da, -- reich mir die Hand mein Leben!' und damit haut er mit seiner Peitsche, was er nach seiner Manier für einen guten Spaß hält, nach mir hin, daß sich die Schwippe mir um den Arm legt und mir einen blutigen Striemen über die Hand zieht. So arg hatte er's wohl nicht im Sinn gehabt; aber was nun kam, das mußte eben dadurch kommen. Ich lasse den Stock fallen und greife im Schmerz nach ihm auf dem Erdboden; aber dafür kommt mir, barmherziger Gott, an seiner Statt, der nächstliegende Feldstein in die Hand. Gedacht habe ich mir nichts bei dem Wurfe und gezielt habe ich auch nicht; aber getroffen hat er -- durch Gottes und des Satans Willen. Ich sehe, wie der Mann nach der Seite schwankt und den Zügel schüttelt. Die Pferde ziehen an, der Wagen fährt an mir vorbei in die nächtliche Dämmerung herein. ,Nimm's mit
mehr im Papenbuſch getroffen, aber auf mich, ſeinen Storzhammel, trifft Kienbaum daſelbſt — hier — hier — an dieſem Platze gerade zur richtigen Stunde für ſeine Gefühle. Er hält ſeinen Wagen an, und ich bin aufgeſtanden und habe meine Taſche zurecht gerückt und meinen Stock feſt gefaßt. Ich ſehe ihn in der Dämmerung ſein Geſicht auf ſeine Weiſe ver- ziehen, und da ſchreit er mich ſchon an: ‚Richtig, Storzhammel! Na, ſitzt er wieder und brütet An- deren die Eier aus? Haſt Dich heute mal wieder für fünf Groſchen zum Teckelhund gelaufen, Du Blödbock? Nimmſt es mir doch nicht übel? ſind ja die beſten Kameraden von der Schulbank und dem Regiment her! Da, — reich mir die Hand mein Leben!‘ und damit haut er mit ſeiner Peitſche, was er nach ſeiner Manier für einen guten Spaß hält, nach mir hin, daß ſich die Schwippe mir um den Arm legt und mir einen blutigen Striemen über die Hand zieht. So arg hatte er's wohl nicht im Sinn gehabt; aber was nun kam, das mußte eben dadurch kommen. Ich laſſe den Stock fallen und greife im Schmerz nach ihm auf dem Erdboden; aber dafür kommt mir, barmherziger Gott, an ſeiner Statt, der nächſtliegende Feldſtein in die Hand. Gedacht habe ich mir nichts bei dem Wurfe und gezielt habe ich auch nicht; aber getroffen hat er — durch Gottes und des Satans Willen. Ich ſehe, wie der Mann nach der Seite ſchwankt und den Zügel ſchüttelt. Die Pferde ziehen an, der Wagen fährt an mir vorbei in die nächtliche Dämmerung herein. ‚Nimm's mit
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mehr im Papenbuſch getroffen, aber auf mich, ſeinen
Storzhammel, trifft Kienbaum daſelbſt — hier —
hier — an dieſem Platze gerade zur richtigen Stunde
für ſeine Gefühle. Er hält ſeinen Wagen an, und
ich bin aufgeſtanden und habe meine Taſche zurecht
gerückt und meinen Stock feſt gefaßt. Ich ſehe ihn in
der Dämmerung ſein Geſicht auf ſeine Weiſe ver-
ziehen, und da ſchreit er mich ſchon an: ‚Richtig,
Storzhammel! Na, ſitzt er wieder und brütet An-
deren die Eier aus? Haſt Dich heute mal wieder
für fünf Groſchen zum Teckelhund gelaufen, Du
Blödbock? Nimmſt es mir doch nicht übel? ſind ja
die beſten Kameraden von der Schulbank und dem
Regiment her! Da, — reich mir die Hand mein
Leben!‘ und damit haut er mit ſeiner Peitſche, was
er nach ſeiner Manier für einen guten Spaß hält,
nach mir hin, daß ſich die Schwippe mir um den
Arm legt und mir einen blutigen Striemen über die
Hand zieht. So arg hatte er's wohl nicht im Sinn
gehabt; aber was nun kam, das mußte eben dadurch
kommen. Ich laſſe den Stock fallen und greife im
Schmerz nach ihm auf dem Erdboden; aber dafür
kommt mir, barmherziger Gott, an ſeiner Statt, der
nächſtliegende Feldſtein in die Hand. Gedacht habe
ich mir nichts bei dem Wurfe und gezielt habe ich
auch nicht; aber getroffen hat er — durch Gottes und
des Satans Willen. Ich ſehe, wie der Mann nach
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/272>, abgerufen am 24.11.2024.
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