Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.Daß der Mensch trotz seiner einladenden Worte Wie wäre es denn, wenn Du den Kopf aus Mit dem Wort oder vielmehr Gedanken stand "Ich gehe!" sagte ich, und -- ich ging wirklich Daß der Menſch trotz ſeiner einladenden Worte Wie wäre es denn, wenn Du den Kopf aus Mit dem Wort oder vielmehr Gedanken ſtand „Ich gehe!“ ſagte ich, und — ich ging wirklich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0284" n="274"/> <p>Daß der Menſch trotz ſeiner einladenden Worte<lb/> noch einen zweiten Beſuch von mir erwartete, glaubte<lb/> ich nicht mehr. Und ich habe es ſchon geſagt: die<lb/> rothe Schanze war der letzte Ort der Heimath, dem ich<lb/> noch einen Beſuch ſchuldig geweſen war. Geſchäfte<lb/> hatte ich nicht mehr zu Hauſe. Alle lieben und alle<lb/> ſchlimmen Erinnerungen hatte ich von Neuem geweckt<lb/> und konnte ſie aufgefriſcht mit nach Kaffraria nehmen.<lb/> Wenn ich durchging vor den Manen Kienbaums, ließ<lb/> ich kaum ein Bedauern, ſondern nur höchſtens eine<lb/> kurzlebige Verwunderung über den raſchen Aufbruch<lb/> hinter mir zurück. Es war niemand von beiden<lb/> Geſchlechtern vorhanden, der mir den Rock zerriſſen<lb/> haben würde bei dem Verſuche, mich „wenigſtens<lb/> noch ein paar Tage“ zurückzuhalten.</p><lb/> <p>Wie wäre es denn, wenn Du den Kopf aus<lb/> der Geſchichte zögeſt, Eduard; und Dein Theil daran<lb/> ſofort mit auf das Schiff nähmeſt?</p><lb/> <p>Mit dem Wort oder vielmehr Gedanken ſtand<lb/> ich bereits nicht mehr auf dem feſten Boden des<lb/> Vaterlandes, ich ſtand wieder auf meinen Seebeinen<lb/> auf den beweglichen Planken über dem großen Ge-<lb/> woge des Oceans, und es blies mir ein ſehr er-<lb/> friſchender Meerwind ins Geſicht.</p><lb/> <p>„Ich gehe!“ ſagte ich, und — ich ging wirklich<lb/> und wahrhaftig. Stille Vorwürfe ließ ich dabei<lb/> außer Acht, und für laute war ich ja immer noch in<lb/> Afrika zu finden, und hätte da gern Jedem Rechen-<lb/> ſchaft abgelegt, das heißt ihm dies, mein Schiffstage-<lb/> buch zu leſen gegeben.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [274/0284]
Daß der Menſch trotz ſeiner einladenden Worte
noch einen zweiten Beſuch von mir erwartete, glaubte
ich nicht mehr. Und ich habe es ſchon geſagt: die
rothe Schanze war der letzte Ort der Heimath, dem ich
noch einen Beſuch ſchuldig geweſen war. Geſchäfte
hatte ich nicht mehr zu Hauſe. Alle lieben und alle
ſchlimmen Erinnerungen hatte ich von Neuem geweckt
und konnte ſie aufgefriſcht mit nach Kaffraria nehmen.
Wenn ich durchging vor den Manen Kienbaums, ließ
ich kaum ein Bedauern, ſondern nur höchſtens eine
kurzlebige Verwunderung über den raſchen Aufbruch
hinter mir zurück. Es war niemand von beiden
Geſchlechtern vorhanden, der mir den Rock zerriſſen
haben würde bei dem Verſuche, mich „wenigſtens
noch ein paar Tage“ zurückzuhalten.
Wie wäre es denn, wenn Du den Kopf aus
der Geſchichte zögeſt, Eduard; und Dein Theil daran
ſofort mit auf das Schiff nähmeſt?
Mit dem Wort oder vielmehr Gedanken ſtand
ich bereits nicht mehr auf dem feſten Boden des
Vaterlandes, ich ſtand wieder auf meinen Seebeinen
auf den beweglichen Planken über dem großen Ge-
woge des Oceans, und es blies mir ein ſehr er-
friſchender Meerwind ins Geſicht.
„Ich gehe!“ ſagte ich, und — ich ging wirklich
und wahrhaftig. Stille Vorwürfe ließ ich dabei
außer Acht, und für laute war ich ja immer noch in
Afrika zu finden, und hätte da gern Jedem Rechen-
ſchaft abgelegt, das heißt ihm dies, mein Schiffstage-
buch zu leſen gegeben.
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