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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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von geplagten Männern.
Mann. Fällt ihm seine Frau in die Haare, so wird er
sich darüber nicht entrüsten; weil er glaubt, sie thue es
mit zureichendem Grunde. Geht sie auf Eroberungen
aus, und sie ist bemüht, den Haufen ihrer Anbeter zu
vermehren: So wird er sich mit einer philosophischen
Geduld waffnen; denn er weis, es wiederfahre ihm
nichts, wozu er nicht prästabilirt sey. Schlagen sie
alle Schriften der tiefsinnigsten Weltweisen nach, kein
einziger wird eine böse Frau zur besten Welt rechnen;
unsre ganze Gesellschaft aber ist davon überzeugt.

Vielleicht halten Sie diese unsre Glückseligkeit
nicht für beneidenswürdig; ich will ihnen den
Stand der geplagten Männer auch auf der schönen
Seite zeigen.

Niemand kennt den Werth der Gesundheit, der
nicht vorher krank gewesen ist; ein Sklave, der zehen
Jahr auf den Ruderbänken geschmachtet hat, wird
nach seiner Loslassung am besten sagen können, wie
edel die Freyheit sey: Und ein Mann, der eine böse
Frau begräbt, empfindet einen solchen Grad der
Wollust, den niemand beschreiben kann, als wer in
meinen Umständen ist.

Jch halte die Gesellschaft der geplagten Männer
für eine Pflanzschule, in welcher man die geschicktesten
Leute zu den allerbeschwerlichsten Aemtern antrifft.
Jch finde hiervon einen starken Beweis in der glaub-
würdigen Reisebeschreibung des berufnen Klims,
welcher unter andern vernünftigen Gesetzen der Ein-
wohner des Planeten Nazars besonders dieses rühmt,

daß
E 4

von geplagten Maͤnnern.
Mann. Faͤllt ihm ſeine Frau in die Haare, ſo wird er
ſich daruͤber nicht entruͤſten; weil er glaubt, ſie thue es
mit zureichendem Grunde. Geht ſie auf Eroberungen
aus, und ſie iſt bemuͤht, den Haufen ihrer Anbeter zu
vermehren: So wird er ſich mit einer philoſophiſchen
Geduld waffnen; denn er weis, es wiederfahre ihm
nichts, wozu er nicht praͤſtabilirt ſey. Schlagen ſie
alle Schriften der tiefſinnigſten Weltweiſen nach, kein
einziger wird eine boͤſe Frau zur beſten Welt rechnen;
unſre ganze Geſellſchaft aber iſt davon uͤberzeugt.

Vielleicht halten Sie dieſe unſre Gluͤckſeligkeit
nicht fuͤr beneidenswuͤrdig; ich will ihnen den
Stand der geplagten Maͤnner auch auf der ſchoͤnen
Seite zeigen.

Niemand kennt den Werth der Geſundheit, der
nicht vorher krank geweſen iſt; ein Sklave, der zehen
Jahr auf den Ruderbaͤnken geſchmachtet hat, wird
nach ſeiner Loslaſſung am beſten ſagen koͤnnen, wie
edel die Freyheit ſey: Und ein Mann, der eine boͤſe
Frau begraͤbt, empfindet einen ſolchen Grad der
Wolluſt, den niemand beſchreiben kann, als wer in
meinen Umſtaͤnden iſt.

Jch halte die Geſellſchaft der geplagten Maͤnner
fuͤr eine Pflanzſchule, in welcher man die geſchickteſten
Leute zu den allerbeſchwerlichſten Aemtern antrifft.
Jch finde hiervon einen ſtarken Beweis in der glaub-
wuͤrdigen Reiſebeſchreibung des berufnen Klims,
welcher unter andern vernuͤnftigen Geſetzen der Ein-
wohner des Planeten Nazars beſonders dieſes ruͤhmt,

daß
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[71/0145] von geplagten Maͤnnern. Mann. Faͤllt ihm ſeine Frau in die Haare, ſo wird er ſich daruͤber nicht entruͤſten; weil er glaubt, ſie thue es mit zureichendem Grunde. Geht ſie auf Eroberungen aus, und ſie iſt bemuͤht, den Haufen ihrer Anbeter zu vermehren: So wird er ſich mit einer philoſophiſchen Geduld waffnen; denn er weis, es wiederfahre ihm nichts, wozu er nicht praͤſtabilirt ſey. Schlagen ſie alle Schriften der tiefſinnigſten Weltweiſen nach, kein einziger wird eine boͤſe Frau zur beſten Welt rechnen; unſre ganze Geſellſchaft aber iſt davon uͤberzeugt. Vielleicht halten Sie dieſe unſre Gluͤckſeligkeit nicht fuͤr beneidenswuͤrdig; ich will ihnen den Stand der geplagten Maͤnner auch auf der ſchoͤnen Seite zeigen. Niemand kennt den Werth der Geſundheit, der nicht vorher krank geweſen iſt; ein Sklave, der zehen Jahr auf den Ruderbaͤnken geſchmachtet hat, wird nach ſeiner Loslaſſung am beſten ſagen koͤnnen, wie edel die Freyheit ſey: Und ein Mann, der eine boͤſe Frau begraͤbt, empfindet einen ſolchen Grad der Wolluſt, den niemand beſchreiben kann, als wer in meinen Umſtaͤnden iſt. Jch halte die Geſellſchaft der geplagten Maͤnner fuͤr eine Pflanzſchule, in welcher man die geſchickteſten Leute zu den allerbeſchwerlichſten Aemtern antrifft. Jch finde hiervon einen ſtarken Beweis in der glaub- wuͤrdigen Reiſebeſchreibung des berufnen Klims, welcher unter andern vernuͤnftigen Geſetzen der Ein- wohner des Planeten Nazars beſonders dieſes ruͤhmt, daß E 4

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/145>, abgerufen am 24.11.2024.