[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Noten ohne Text. "boren, und erzogen. Niemals habe ich die ge-"ringste Neigung gehabt, mich in die Händel der "Welt zu m[i]schen, oder mit dem Degen in der "Faust dasjenige zu thun, was die meisten mei- "ner unruhigen Nachbarn, fürs Vaterland fechten, "nennen. Jch habe allemal geglaubt, es sey besser, "bey gesundem Körper unbekannt, als bey verstüm- "meltem Körper berühmt zu seyn. Der Lorbeer "auf dem Haupte, und ein hölzerner Arm oder Fuß "ist für mich niemals eine so reizende Vorstellung "gewesen, daß ich mich hätte bewegen lassen, mei- "ner Ruhe, und Bequemlichkeit zu entsagen. Das "ganze Dorf weis, und mein Pfarrer wird es sub "fide pastorali, und manu propria bezeugen kön- "nen, daß ich nichts weniger, als blutdürstig bin; ich "nehme diejenige Zeit aus, da die Jagd offen ist." So redet unser Junker. Kritisch und gelehrt) Dieses ist ein Pleonas- Die Zweyter Theil. J
Noten ohne Text. „boren, und erzogen. Niemals habe ich die ge-„ringſte Neigung gehabt, mich in die Haͤndel der „Welt zu m[i]ſchen, oder mit dem Degen in der „Fauſt dasjenige zu thun, was die meiſten mei- „ner unruhigen Nachbarn, fuͤrs Vaterland fechten, „nennen. Jch habe allemal geglaubt, es ſey beſſer, „bey geſundem Koͤrper unbekannt, als bey verſtuͤm- „meltem Koͤrper beruͤhmt zu ſeyn. Der Lorbeer „auf dem Haupte, und ein hoͤlzerner Arm oder Fuß „iſt fuͤr mich niemals eine ſo reizende Vorſtellung „geweſen, daß ich mich haͤtte bewegen laſſen, mei- „ner Ruhe, und Bequemlichkeit zu entſagen. Das „ganze Dorf weis, und mein Pfarrer wird es ſub „fide paſtorali, und manu propria bezeugen koͤn- „nen, daß ich nichts weniger, als blutduͤrſtig bin; ich „nehme diejenige Zeit aus, da die Jagd offen iſt.„ So redet unſer Junker. Kritiſch und gelehrt) Dieſes iſt ein Pleonas- Die Zweyter Theil. J
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Noten ohne Text.
„boren, und erzogen. Niemals habe ich die ge-
„ringſte Neigung gehabt, mich in die Haͤndel der
„Welt zu miſchen, oder mit dem Degen in der
„Fauſt dasjenige zu thun, was die meiſten mei-
„ner unruhigen Nachbarn, fuͤrs Vaterland fechten,
„nennen. Jch habe allemal geglaubt, es ſey beſſer,
„bey geſundem Koͤrper unbekannt, als bey verſtuͤm-
„meltem Koͤrper beruͤhmt zu ſeyn. Der Lorbeer
„auf dem Haupte, und ein hoͤlzerner Arm oder Fuß
„iſt fuͤr mich niemals eine ſo reizende Vorſtellung
„geweſen, daß ich mich haͤtte bewegen laſſen, mei-
„ner Ruhe, und Bequemlichkeit zu entſagen. Das
„ganze Dorf weis, und mein Pfarrer wird es ſub
„fide paſtorali, und manu propria bezeugen koͤn-
„nen, daß ich nichts weniger, als blutduͤrſtig bin; ich
„nehme diejenige Zeit aus, da die Jagd offen iſt.„
So redet unſer Junker.
Kritiſch und gelehrt) Dieſes iſt ein Pleonas-
mus. Man denke ja nicht, als waͤren es zwoganz
unterſchiedne Sachen, kritiſch und gelehrt zu ſchrei-
ben. Keineswegs! Ein Critikus von der Art, de-
ren unſer Text erwaͤhnt, iſt ein Mann, welcher al-
lemal Recht hat, und ein Gelehrter, nach meinem
Begriffe, darf niemals andern Recht geben. Jener iſt
mit keinem Menſchen, mit ſich ſelbſt aber gar wohl
zufrieden; ein Gelehrter auch. Kurz die Critik
iſt von der Gelehrſamkeit ſo unzertrennlich, als die
gruͤndliche Wiſſenſchaft der Rechte von einem con-
ſultiſſimo Juris utriusque Doctore, oder Verſtand
und Tugend von einem Capitaliſten.
Die
Zweyter Theil. J
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