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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Versuch
dem Munde das Thörichte an den Menschen ent-
decken. Nichts erbittert mehr, als eine solche Wahr-
heit, die man uns mit einer spöttischen Miene sagt;
denn oftmals sind wir hierinnen den Affen gleich,
welche nie grimmiger werden, als wenn man ihnen
spottend nachahmet, und die Zähne blökt.

Zum ewigen Ruhme unsers schönen Geschlechts,
muß ich erinnern, daß alles, was ich bisher gesagt
habe, von ihm nicht zu verstehen ist. Nichts auf
der Welt ist ihm angenehmer, als eine ungeheuchel-
te Wahrheit, und bey ihm ist nur der ein Men-
schenfeind, welcher schmeichelt. Brigitte ist aber-
gläubisch, neidisch, und verläumdet ihren Nächsten;
Flavia ist verbult, und überläßt ihre Gunst an den
Meistbietenden; Cälie ist so hochmüthig, daß sie ih-
rer reichen Nachbarinn im Stande nicht im gering-
sten nachgeben würde, und sollte sie mit ihrem Man-
ne auch Bettelbrod essen müssen. Dennoch habe ich
das Herz, alles dieses Brigitten, Flavien und Cälien
trocken unter die Augen zu sagen, ohne von ihnen
ein Menschenfeind genannt zu werden. Sie wer-
den sich schämen, sie werden sich bessern, sie werden
mir für meine Wahrheiten unendlichen Dank sagen.
So merklich sind die Vorzüge, welche solches Frau-
enzimmer vor uns, eingebildeten Männern, hat,
welches wir doch aus einem lächerlichen Stolze nur
schwaches Werkzeug nennen.

Pflicht.

Verſuch
dem Munde das Thoͤrichte an den Menſchen ent-
decken. Nichts erbittert mehr, als eine ſolche Wahr-
heit, die man uns mit einer ſpoͤttiſchen Miene ſagt;
denn oftmals ſind wir hierinnen den Affen gleich,
welche nie grimmiger werden, als wenn man ihnen
ſpottend nachahmet, und die Zaͤhne bloͤkt.

Zum ewigen Ruhme unſers ſchoͤnen Geſchlechts,
muß ich erinnern, daß alles, was ich bisher geſagt
habe, von ihm nicht zu verſtehen iſt. Nichts auf
der Welt iſt ihm angenehmer, als eine ungeheuchel-
te Wahrheit, und bey ihm iſt nur der ein Men-
ſchenfeind, welcher ſchmeichelt. Brigitte iſt aber-
glaͤubiſch, neidiſch, und verlaͤumdet ihren Naͤchſten;
Flavia iſt verbult, und uͤberlaͤßt ihre Gunſt an den
Meiſtbietenden; Caͤlie iſt ſo hochmuͤthig, daß ſie ih-
rer reichen Nachbarinn im Stande nicht im gering-
ſten nachgeben wuͤrde, und ſollte ſie mit ihrem Man-
ne auch Bettelbrod eſſen muͤſſen. Dennoch habe ich
das Herz, alles dieſes Brigitten, Flavien und Caͤlien
trocken unter die Augen zu ſagen, ohne von ihnen
ein Menſchenfeind genannt zu werden. Sie wer-
den ſich ſchaͤmen, ſie werden ſich beſſern, ſie werden
mir fuͤr meine Wahrheiten unendlichen Dank ſagen.
So merklich ſind die Vorzuͤge, welche ſolches Frau-
enzimmer vor uns, eingebildeten Maͤnnern, hat,
welches wir doch aus einem laͤcherlichen Stolze nur
ſchwaches Werkzeug nennen.

Pflicht.
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[198/0198] Verſuch dem Munde das Thoͤrichte an den Menſchen ent- decken. Nichts erbittert mehr, als eine ſolche Wahr- heit, die man uns mit einer ſpoͤttiſchen Miene ſagt; denn oftmals ſind wir hierinnen den Affen gleich, welche nie grimmiger werden, als wenn man ihnen ſpottend nachahmet, und die Zaͤhne bloͤkt. Zum ewigen Ruhme unſers ſchoͤnen Geſchlechts, muß ich erinnern, daß alles, was ich bisher geſagt habe, von ihm nicht zu verſtehen iſt. Nichts auf der Welt iſt ihm angenehmer, als eine ungeheuchel- te Wahrheit, und bey ihm iſt nur der ein Men- ſchenfeind, welcher ſchmeichelt. Brigitte iſt aber- glaͤubiſch, neidiſch, und verlaͤumdet ihren Naͤchſten; Flavia iſt verbult, und uͤberlaͤßt ihre Gunſt an den Meiſtbietenden; Caͤlie iſt ſo hochmuͤthig, daß ſie ih- rer reichen Nachbarinn im Stande nicht im gering- ſten nachgeben wuͤrde, und ſollte ſie mit ihrem Man- ne auch Bettelbrod eſſen muͤſſen. Dennoch habe ich das Herz, alles dieſes Brigitten, Flavien und Caͤlien trocken unter die Augen zu ſagen, ohne von ihnen ein Menſchenfeind genannt zu werden. Sie wer- den ſich ſchaͤmen, ſie werden ſich beſſern, ſie werden mir fuͤr meine Wahrheiten unendlichen Dank ſagen. So merklich ſind die Vorzuͤge, welche ſolches Frau- enzimmer vor uns, eingebildeten Maͤnnern, hat, welches wir doch aus einem laͤcherlichen Stolze nur ſchwaches Werkzeug nennen. Pflicht.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/198>, abgerufen am 24.11.2024.