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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Geheime Nachricht
diejenigen Fehler zur Last zu legen, welche von eini-
gen wenigen begangen, und an unzählig andern
Personen weltlichen Standes nicht einmal wahrge-
nommen werden. Der sechste Narr war sein
Stiefvater, ein vernünftiger und redlicher Mann,
den er aber um deswillen für einen Narren hielt,
weil er sich hätte entschließen können, in seinem Al-
ter die Thorheit zu begehen, und seine Mutter, eine
mürrische geizige Frau, und abergläubische Bet-
schwester zu heirathen, welche durch ihre verdrießli-
chen Lehren uud altväterischen Klagen über den groß-
müthigen Aufwand der muntern und ehrliebenden
Jugend, wie er es nennte, schon längst verdient
hätte, die siebente Stelle in dieser Narrenrolle ein-
zunehmen. Da dieser rasende Jüngling seines Va-
ters und seiner Mutter nicht geschont hatte: So
dürfen dreye seiner Lehrer sich nicht wundern, wenn
sie erfahren werden, daß er an ihre Versorgung auch
gedacht, und sie unter seine Narrencandidaten ge-
setzt hatte. Er gab sie für unerträgliche Pedanten,
lateinische Wurmkrämer, und ich weis nicht, für
was mehr aus. So viel ich merken konnte, mochte
es wohl eine ganz andre Ursache, und vielleicht diese
seyn, daß sich diese redlichen Männer aus wahrer Liebe
und mit etwas mehr Ernsthaftigkeit, als dieser
Spötter vertragen konnte, hatten angelegen seyn las-
sen, ihn vernünftig zu machen. Jch schließe dieses
unter andern daraus, daß er sich gegen mich be-
schwerte, einer von diesen Lehrern habe das Herz
gehabt, ihm zu sagen, daß die Jugend die Bos-

heit

Geheime Nachricht
diejenigen Fehler zur Laſt zu legen, welche von eini-
gen wenigen begangen, und an unzaͤhlig andern
Perſonen weltlichen Standes nicht einmal wahrge-
nommen werden. Der ſechſte Narr war ſein
Stiefvater, ein vernuͤnftiger und redlicher Mann,
den er aber um deswillen fuͤr einen Narren hielt,
weil er ſich haͤtte entſchließen koͤnnen, in ſeinem Al-
ter die Thorheit zu begehen, und ſeine Mutter, eine
muͤrriſche geizige Frau, und aberglaͤubiſche Bet-
ſchweſter zu heirathen, welche durch ihre verdrießli-
chen Lehren uud altvaͤteriſchen Klagen uͤber den groß-
muͤthigen Aufwand der muntern und ehrliebenden
Jugend, wie er es nennte, ſchon laͤngſt verdient
haͤtte, die ſiebente Stelle in dieſer Narrenrolle ein-
zunehmen. Da dieſer raſende Juͤngling ſeines Va-
ters und ſeiner Mutter nicht geſchont hatte: So
duͤrfen dreye ſeiner Lehrer ſich nicht wundern, wenn
ſie erfahren werden, daß er an ihre Verſorgung auch
gedacht, und ſie unter ſeine Narrencandidaten ge-
ſetzt hatte. Er gab ſie fuͤr unertraͤgliche Pedanten,
lateiniſche Wurmkraͤmer, und ich weis nicht, fuͤr
was mehr aus. So viel ich merken konnte, mochte
es wohl eine ganz andre Urſache, und vielleicht dieſe
ſeyn, daß ſich dieſe redlichen Maͤnner aus wahrer Liebe
und mit etwas mehr Ernſthaftigkeit, als dieſer
Spoͤtter vertragen konnte, hatten angelegen ſeyn laſ-
ſen, ihn vernuͤnftig zu machen. Jch ſchließe dieſes
unter andern daraus, daß er ſich gegen mich be-
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gehabt, ihm zu ſagen, daß die Jugend die Bos-

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[258/0258] Geheime Nachricht diejenigen Fehler zur Laſt zu legen, welche von eini- gen wenigen begangen, und an unzaͤhlig andern Perſonen weltlichen Standes nicht einmal wahrge- nommen werden. Der ſechſte Narr war ſein Stiefvater, ein vernuͤnftiger und redlicher Mann, den er aber um deswillen fuͤr einen Narren hielt, weil er ſich haͤtte entſchließen koͤnnen, in ſeinem Al- ter die Thorheit zu begehen, und ſeine Mutter, eine muͤrriſche geizige Frau, und aberglaͤubiſche Bet- ſchweſter zu heirathen, welche durch ihre verdrießli- chen Lehren uud altvaͤteriſchen Klagen uͤber den groß- muͤthigen Aufwand der muntern und ehrliebenden Jugend, wie er es nennte, ſchon laͤngſt verdient haͤtte, die ſiebente Stelle in dieſer Narrenrolle ein- zunehmen. Da dieſer raſende Juͤngling ſeines Va- ters und ſeiner Mutter nicht geſchont hatte: So duͤrfen dreye ſeiner Lehrer ſich nicht wundern, wenn ſie erfahren werden, daß er an ihre Verſorgung auch gedacht, und ſie unter ſeine Narrencandidaten ge- ſetzt hatte. Er gab ſie fuͤr unertraͤgliche Pedanten, lateiniſche Wurmkraͤmer, und ich weis nicht, fuͤr was mehr aus. So viel ich merken konnte, mochte es wohl eine ganz andre Urſache, und vielleicht dieſe ſeyn, daß ſich dieſe redlichen Maͤnner aus wahrer Liebe und mit etwas mehr Ernſthaftigkeit, als dieſer Spoͤtter vertragen konnte, hatten angelegen ſeyn laſ- ſen, ihn vernuͤnftig zu machen. Jch ſchließe dieſes unter andern daraus, daß er ſich gegen mich be- ſchwerte, einer von dieſen Lehrern habe das Herz gehabt, ihm zu ſagen, daß die Jugend die Bos- heit

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/258>, abgerufen am 21.11.2024.