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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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von Buchdruckerstöcken.
Und auf solcher Leute ihr blödes Urtheil gebe ich
nichts, wie billig.

Für die Schriften unsrer starken Geister, habe
ich lange, doch vergebens, nachgedacht, einen Buch-
druckerstock ausfindig zu machen. Ueber Wahrhei-
ten zu spotten, welche wir, kleine Seelen, unter ein-
ander gemeiniglich die wichtigen Wahrheiten der
Religion nennen; dazu gehört eine so besondre Fä-
higkeit, welche man ordentlicher Weise bey vernünf-
tigen Creaturen nicht antrifft. Jch rede gar nicht
von allen. Dem Spinoza will ich, was den tief-
sinnigen Verstand anbetrifft, sein Recht gern wider-
fahren lassen; und unsern starken Geistern gönne
ich das Vergnügen, sich eben so wohl Spinozisten zu
nennen, als ich mich für einen eifrigen Wolfianer
ausgab, da ich noch in Prima saß. Das wäre bar-
barisch, wenn man unsern Freygeistern nicht einmal
diesen Titel einräumen wollte. Ein Geschöpf, wel-
ches sich so viel Gewalt anthut, daß es seine Em-
pfindung verläugnet; welches Sachen behauptet, wor-
innen ihm sein eigner Verstand widerspricht; wel-
ches seiner Vernunft entsagt, um uns die Vernunft,
als das einzige Mittel zur Glückseligkeit, anzuprei-
sen; welches sich der Verachtung aller Welt aussetzt,
um unser Lehrmeister zu werden; welches in dieser
Welt sein Glück von sich stößt, uns zu versichern, daß
wir in jener Welt keines zu hoffen haben; welches
ein Narr wird, um ein Autor zu heißen; ein sol-
ches Geschöpf solte nicht einmal so viel Mitleid ver-
dienen, daß wir ihm den Titel eines Spinozisten zu-
gestünden? Der Einwurf taugt gar nichts, er ist

abge-

von Buchdruckerſtoͤcken.
Und auf ſolcher Leute ihr bloͤdes Urtheil gebe ich
nichts, wie billig.

Fuͤr die Schriften unſrer ſtarken Geiſter, habe
ich lange, doch vergebens, nachgedacht, einen Buch-
druckerſtock ausfindig zu machen. Ueber Wahrhei-
ten zu ſpotten, welche wir, kleine Seelen, unter ein-
ander gemeiniglich die wichtigen Wahrheiten der
Religion nennen; dazu gehoͤrt eine ſo beſondre Faͤ-
higkeit, welche man ordentlicher Weiſe bey vernuͤnf-
tigen Creaturen nicht antrifft. Jch rede gar nicht
von allen. Dem Spinoza will ich, was den tief-
ſinnigen Verſtand anbetrifft, ſein Recht gern wider-
fahren laſſen; und unſern ſtarken Geiſtern goͤnne
ich das Vergnuͤgen, ſich eben ſo wohl Spinoziſten zu
nennen, als ich mich fuͤr einen eifrigen Wolfianer
ausgab, da ich noch in Prima ſaß. Das waͤre bar-
bariſch, wenn man unſern Freygeiſtern nicht einmal
dieſen Titel einraͤumen wollte. Ein Geſchoͤpf, wel-
ches ſich ſo viel Gewalt anthut, daß es ſeine Em-
pfindung verlaͤugnet; welches Sachen behauptet, wor-
innen ihm ſein eigner Verſtand widerſpricht; wel-
ches ſeiner Vernunft entſagt, um uns die Vernunft,
als das einzige Mittel zur Gluͤckſeligkeit, anzuprei-
ſen; welches ſich der Verachtung aller Welt ausſetzt,
um unſer Lehrmeiſter zu werden; welches in dieſer
Welt ſein Gluͤck von ſich ſtoͤßt, uns zu verſichern, daß
wir in jener Welt keines zu hoffen haben; welches
ein Narr wird, um ein Autor zu heißen; ein ſol-
ches Geſchoͤpf ſolte nicht einmal ſo viel Mitleid ver-
dienen, daß wir ihm den Titel eines Spinoziſten zu-
geſtuͤnden? Der Einwurf taugt gar nichts, er iſt

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[91/0091] von Buchdruckerſtoͤcken. Und auf ſolcher Leute ihr bloͤdes Urtheil gebe ich nichts, wie billig. Fuͤr die Schriften unſrer ſtarken Geiſter, habe ich lange, doch vergebens, nachgedacht, einen Buch- druckerſtock ausfindig zu machen. Ueber Wahrhei- ten zu ſpotten, welche wir, kleine Seelen, unter ein- ander gemeiniglich die wichtigen Wahrheiten der Religion nennen; dazu gehoͤrt eine ſo beſondre Faͤ- higkeit, welche man ordentlicher Weiſe bey vernuͤnf- tigen Creaturen nicht antrifft. Jch rede gar nicht von allen. Dem Spinoza will ich, was den tief- ſinnigen Verſtand anbetrifft, ſein Recht gern wider- fahren laſſen; und unſern ſtarken Geiſtern goͤnne ich das Vergnuͤgen, ſich eben ſo wohl Spinoziſten zu nennen, als ich mich fuͤr einen eifrigen Wolfianer ausgab, da ich noch in Prima ſaß. Das waͤre bar- bariſch, wenn man unſern Freygeiſtern nicht einmal dieſen Titel einraͤumen wollte. Ein Geſchoͤpf, wel- ches ſich ſo viel Gewalt anthut, daß es ſeine Em- pfindung verlaͤugnet; welches Sachen behauptet, wor- innen ihm ſein eigner Verſtand widerſpricht; wel- ches ſeiner Vernunft entſagt, um uns die Vernunft, als das einzige Mittel zur Gluͤckſeligkeit, anzuprei- ſen; welches ſich der Verachtung aller Welt ausſetzt, um unſer Lehrmeiſter zu werden; welches in dieſer Welt ſein Gluͤck von ſich ſtoͤßt, uns zu verſichern, daß wir in jener Welt keines zu hoffen haben; welches ein Narr wird, um ein Autor zu heißen; ein ſol- ches Geſchoͤpf ſolte nicht einmal ſo viel Mitleid ver- dienen, daß wir ihm den Titel eines Spinoziſten zu- geſtuͤnden? Der Einwurf taugt gar nichts, er iſt abge-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/91>, abgerufen am 25.11.2024.