als 10230000 Rthl. -- -- Hierzu die 50000 Thaler aus der ersten Classe, thut in Summa / 10280000 Thaler.
Jch bin vor Freuden ganz ausser mir! Das hätte ich selber nicht gedacht! Es überfällt mich ein zärtlicher Schauer, wenn ich bedenke, daß Sie ein so reiches Frauenzimmer sind, und daß es so ungewiß ist, ob ich hernach das Glück ha- ben kann, der Jhrige zu werden. Sollte Sie das Schicksal an einen verheiratheten Bankru- tirer bringen, so belohnen Sie meinen Eifer. Es wird alsdann bey Jhnen stehn, ob Sie mich zu dem beneidenswürdigsten Sterblichen unter der Sonne machen wollen. Jch vergesse alle Jhre Abentheuer, vom Hofrathe an bis auf den Würzkrämer; so gar vom Lieutenante weiß ich nicht ein Wort mehr. Daran gedenke ich vollends gar nicht, daß Sie ein Frauenzimmer sind, welches, allem Ansehen nach, dem künfti- gen Ehemanne bey der geringsten Beleidigung beide Augen auskratzen wird. Es gehe mir, wie es der Himmel beschlossen hat. Wer woll- te sich dadurch abhalten lassen, ein Mädchen mit zehn Millionen und 280000 Thlr. -- -- zu hei- rathen? So verliebt bin ich in meinem Leben noch nicht gewesen, als ich in diesem Augenbli- cke bin. Ja, Mademoiselle, alt, krumm, lahm, bucklicht, blind, verbuhlt, herrschsüchtig, und
aber-
Satyriſche Briefe.
als 10230000 Rthl. — — Hierzu die 50000 Thaler aus der erſten Claſſe, thut in Summa / 10280000 Thaler.
Jch bin vor Freuden ganz auſſer mir! Das haͤtte ich ſelber nicht gedacht! Es uͤberfaͤllt mich ein zaͤrtlicher Schauer, wenn ich bedenke, daß Sie ein ſo reiches Frauenzimmer ſind, und daß es ſo ungewiß iſt, ob ich hernach das Gluͤck ha- ben kann, der Jhrige zu werden. Sollte Sie das Schickſal an einen verheiratheten Bankru- tirer bringen, ſo belohnen Sie meinen Eifer. Es wird alsdann bey Jhnen ſtehn, ob Sie mich zu dem beneidenswuͤrdigſten Sterblichen unter der Sonne machen wollen. Jch vergeſſe alle Jhre Abentheuer, vom Hofrathe an bis auf den Wuͤrzkraͤmer; ſo gar vom Lieutenante weiß ich nicht ein Wort mehr. Daran gedenke ich vollends gar nicht, daß Sie ein Frauenzimmer ſind, welches, allem Anſehen nach, dem kuͤnfti- gen Ehemanne bey der geringſten Beleidigung beide Augen auskratzen wird. Es gehe mir, wie es der Himmel beſchloſſen hat. Wer woll- te ſich dadurch abhalten laſſen, ein Maͤdchen mit zehn Millionen und 280000 Thlr. — — zu hei- rathen? So verliebt bin ich in meinem Leben noch nicht geweſen, als ich in dieſem Augenbli- cke bin. Ja, Mademoiſelle, alt, krumm, lahm, bucklicht, blind, verbuhlt, herrſchſuͤchtig, und
aber-
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><divn="2"><divtype="letter"><p><pbfacs="#f0302"n="274"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Satyriſche Briefe.</hi></fw><lb/>
als 10230000 Rthl. —— Hierzu die 50000<lb/>
Thaler aus der erſten Claſſe, thut in<lb/><hirendition="#c">Summa / 10280000 Thaler.</hi></p><lb/><p>Jch bin vor Freuden ganz auſſer mir! Das<lb/>
haͤtte ich ſelber nicht gedacht! Es uͤberfaͤllt mich<lb/>
ein zaͤrtlicher Schauer, wenn ich bedenke, daß<lb/>
Sie ein ſo reiches Frauenzimmer ſind, und daß<lb/>
es ſo ungewiß iſt, ob ich hernach das Gluͤck ha-<lb/>
ben kann, der Jhrige zu werden. Sollte Sie<lb/>
das Schickſal an einen verheiratheten Bankru-<lb/>
tirer bringen, ſo belohnen Sie meinen Eifer.<lb/>
Es wird alsdann bey Jhnen ſtehn, ob Sie mich<lb/>
zu dem beneidenswuͤrdigſten Sterblichen unter<lb/>
der Sonne machen wollen. Jch vergeſſe alle<lb/>
Jhre Abentheuer, vom Hofrathe an bis auf<lb/>
den Wuͤrzkraͤmer; ſo gar vom Lieutenante weiß<lb/>
ich nicht ein Wort mehr. Daran gedenke ich<lb/>
vollends gar nicht, daß Sie ein Frauenzimmer<lb/>ſind, welches, allem Anſehen nach, dem kuͤnfti-<lb/>
gen Ehemanne bey der geringſten Beleidigung<lb/>
beide Augen auskratzen wird. Es gehe mir,<lb/>
wie es der Himmel beſchloſſen hat. Wer woll-<lb/>
te ſich dadurch abhalten laſſen, ein Maͤdchen mit<lb/>
zehn Millionen und 280000 Thlr. —— zu hei-<lb/>
rathen? So verliebt bin ich in meinem Leben<lb/>
noch nicht geweſen, als ich in dieſem Augenbli-<lb/>
cke bin. Ja, Mademoiſelle, alt, krumm, lahm,<lb/>
bucklicht, blind, verbuhlt, herrſchſuͤchtig, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">aber-</fw><lb/></p></div></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[274/0302]
Satyriſche Briefe.
als 10230000 Rthl. — — Hierzu die 50000
Thaler aus der erſten Claſſe, thut in
Summa / 10280000 Thaler.
Jch bin vor Freuden ganz auſſer mir! Das
haͤtte ich ſelber nicht gedacht! Es uͤberfaͤllt mich
ein zaͤrtlicher Schauer, wenn ich bedenke, daß
Sie ein ſo reiches Frauenzimmer ſind, und daß
es ſo ungewiß iſt, ob ich hernach das Gluͤck ha-
ben kann, der Jhrige zu werden. Sollte Sie
das Schickſal an einen verheiratheten Bankru-
tirer bringen, ſo belohnen Sie meinen Eifer.
Es wird alsdann bey Jhnen ſtehn, ob Sie mich
zu dem beneidenswuͤrdigſten Sterblichen unter
der Sonne machen wollen. Jch vergeſſe alle
Jhre Abentheuer, vom Hofrathe an bis auf
den Wuͤrzkraͤmer; ſo gar vom Lieutenante weiß
ich nicht ein Wort mehr. Daran gedenke ich
vollends gar nicht, daß Sie ein Frauenzimmer
ſind, welches, allem Anſehen nach, dem kuͤnfti-
gen Ehemanne bey der geringſten Beleidigung
beide Augen auskratzen wird. Es gehe mir,
wie es der Himmel beſchloſſen hat. Wer woll-
te ſich dadurch abhalten laſſen, ein Maͤdchen mit
zehn Millionen und 280000 Thlr. — — zu hei-
rathen? So verliebt bin ich in meinem Leben
noch nicht geweſen, als ich in dieſem Augenbli-
cke bin. Ja, Mademoiſelle, alt, krumm, lahm,
bucklicht, blind, verbuhlt, herrſchſuͤchtig, und
aber-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/302>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.