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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
wäre: so hätte ich doch bey ihr nicht die ge-
ringste Gelegenheit gehabt, es zu seyn.

Noch eins! Was halten Sie vom alliotischen
Pulver? Jch finde es ganz gut.

Gnädige Tante,

Mein Großvater hat mir diesen Morgen einen
Brief gegeben, den ich der Fräulein L - -
in ihre eignen Hände zustellen soll. Er sagte mir,
daß er sehr wichtige Vormundschaftsrechnungen be-
treffe; dieses sagte er mir mit so viel Zärtlichkeit,
und einer so muntern Mine, daß ich stutzig ward,
und mich vielleicht verfärbte. Jch vermuthe es
daher, weil er mich fragte, was mir fehle. Er
nennte mich sein bestes Kind, und redte von der
vortrefflichen Fräulein, und ihrer wichtigen Vor-
mundschaftssache mit so vielem Feuer, daß ich im-
mer mehr argwöhnisch ward. Sagen Sie mir,
Gnädige Tante, machen die Vormundschaftssa-
chen so lebhaft? Und macht dieses die Fräulein in
seinen Augen so göttlich, und vortrefflich, daß sie
ihn hat lassen ihre Rechnungen calculiren? Jch
weiß nicht, was ich denken soll? Erinnern Sie
Sich der jugendlichen Sorgfältigkeit, die unser
Großvater seit einigen Wochen in seinem Anzuge
gezeigt; einer gewissen Pracht in seiner Equipage,
die uns gleich in die Augen fiel, weil sie ungewöhn-
lich war. Er ist geselliger, als er iemals gewesen
ist, und itzt fällt mir ein, daß er vorgestern die

Fräu-
S 5

Satyriſche Briefe.
waͤre: ſo haͤtte ich doch bey ihr nicht die ge-
ringſte Gelegenheit gehabt, es zu ſeyn.

Noch eins! Was halten Sie vom alliotiſchen
Pulver? Jch finde es ganz gut.

Gnaͤdige Tante,

Mein Großvater hat mir dieſen Morgen einen
Brief gegeben, den ich der Fraͤulein L ‒ ‒
in ihre eignen Haͤnde zuſtellen ſoll. Er ſagte mir,
daß er ſehr wichtige Vormundſchaftsrechnungen be-
treffe; dieſes ſagte er mir mit ſo viel Zaͤrtlichkeit,
und einer ſo muntern Mine, daß ich ſtutzig ward,
und mich vielleicht verfaͤrbte. Jch vermuthe es
daher, weil er mich fragte, was mir fehle. Er
nennte mich ſein beſtes Kind, und redte von der
vortrefflichen Fraͤulein, und ihrer wichtigen Vor-
mundſchaftsſache mit ſo vielem Feuer, daß ich im-
mer mehr argwoͤhniſch ward. Sagen Sie mir,
Gnaͤdige Tante, machen die Vormundſchaftsſa-
chen ſo lebhaft? Und macht dieſes die Fraͤulein in
ſeinen Augen ſo goͤttlich, und vortrefflich, daß ſie
ihn hat laſſen ihre Rechnungen calculiren? Jch
weiß nicht, was ich denken ſoll? Erinnern Sie
Sich der jugendlichen Sorgfaͤltigkeit, die unſer
Großvater ſeit einigen Wochen in ſeinem Anzuge
gezeigt; einer gewiſſen Pracht in ſeiner Equipage,
die uns gleich in die Augen fiel, weil ſie ungewoͤhn-
lich war. Er iſt geſelliger, als er iemals geweſen
iſt, und itzt faͤllt mir ein, daß er vorgeſtern die

Fraͤu-
S 5
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[281/0309] Satyriſche Briefe. waͤre: ſo haͤtte ich doch bey ihr nicht die ge- ringſte Gelegenheit gehabt, es zu ſeyn. Noch eins! Was halten Sie vom alliotiſchen Pulver? Jch finde es ganz gut. Gnaͤdige Tante, Mein Großvater hat mir dieſen Morgen einen Brief gegeben, den ich der Fraͤulein L ‒ ‒ in ihre eignen Haͤnde zuſtellen ſoll. Er ſagte mir, daß er ſehr wichtige Vormundſchaftsrechnungen be- treffe; dieſes ſagte er mir mit ſo viel Zaͤrtlichkeit, und einer ſo muntern Mine, daß ich ſtutzig ward, und mich vielleicht verfaͤrbte. Jch vermuthe es daher, weil er mich fragte, was mir fehle. Er nennte mich ſein beſtes Kind, und redte von der vortrefflichen Fraͤulein, und ihrer wichtigen Vor- mundſchaftsſache mit ſo vielem Feuer, daß ich im- mer mehr argwoͤhniſch ward. Sagen Sie mir, Gnaͤdige Tante, machen die Vormundſchaftsſa- chen ſo lebhaft? Und macht dieſes die Fraͤulein in ſeinen Augen ſo goͤttlich, und vortrefflich, daß ſie ihn hat laſſen ihre Rechnungen calculiren? Jch weiß nicht, was ich denken ſoll? Erinnern Sie Sich der jugendlichen Sorgfaͤltigkeit, die unſer Großvater ſeit einigen Wochen in ſeinem Anzuge gezeigt; einer gewiſſen Pracht in ſeiner Equipage, die uns gleich in die Augen fiel, weil ſie ungewoͤhn- lich war. Er iſt geſelliger, als er iemals geweſen iſt, und itzt faͤllt mir ein, daß er vorgeſtern die Fraͤu- S 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/309>, abgerufen am 27.11.2024.