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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
würdet weniger fühlen, wenn Jhr verstockt wäret.
Gebe doch der Himmel, daß Eure Reue nicht zu
spät sey! Der Augenblick wird es entscheiden, da
ich Briefe von unserm Vater bekomme. Bis ich
diese habe, kann ich Euch unmöglich sprechen.
Gebt Euch keine vergebne Mühe. Weder Euch,
noch sonst einen Menschen lasse ich vor mich. Mei-
ne Bedienten wissen die Ursache nicht. Traut mir
die Ueberlegung zu, daß ich ihnen eine Sache nicht
sagen werde, die ich vor meiner vertrautesten
Freundinn geheim halten muß. Auf den Abend
erwarte ich Briefe mit der Post. Jhr sollt den
Augenblick Nachricht davon haben. Gott lasse
sie vergnügt lauten! Wie sehr werde ich mich er-
freuen, wenn meine Sorge vergebens gewesen ist,
und wenn ich keine Ursache behalte, mich zu schämen,
daß ich Euch so aufrichtig geliebt habe.

Gnädige Tante,

Jn diesem Augenblicke kömmt die Post. Lassen
Sie nach Briefen fragen, und reissen Sie
mich aus einer Beängstigung, die mir unerträglich
wird. Jch zittre, wenn ich daran gedenke, daß
unser guter Vater krank oder wohl gar - - -
Nein, das glaube ich nicht; das wird der Him-
mel nicht thun. Es war ja nur eine jugendliche
Thorheit. Sollte die so hart bestraft werden, als
die größte Bosheit? Wie sehr muß ich für meine
Thorheit leiden, und wie groß muß die Angst ei-

nes

Satyriſche Briefe.
wuͤrdet weniger fuͤhlen, wenn Jhr verſtockt waͤret.
Gebe doch der Himmel, daß Eure Reue nicht zu
ſpaͤt ſey! Der Augenblick wird es entſcheiden, da
ich Briefe von unſerm Vater bekomme. Bis ich
dieſe habe, kann ich Euch unmoͤglich ſprechen.
Gebt Euch keine vergebne Muͤhe. Weder Euch,
noch ſonſt einen Menſchen laſſe ich vor mich. Mei-
ne Bedienten wiſſen die Urſache nicht. Traut mir
die Ueberlegung zu, daß ich ihnen eine Sache nicht
ſagen werde, die ich vor meiner vertrauteſten
Freundinn geheim halten muß. Auf den Abend
erwarte ich Briefe mit der Poſt. Jhr ſollt den
Augenblick Nachricht davon haben. Gott laſſe
ſie vergnuͤgt lauten! Wie ſehr werde ich mich er-
freuen, wenn meine Sorge vergebens geweſen iſt,
und wenn ich keine Urſache behalte, mich zu ſchaͤmen,
daß ich Euch ſo aufrichtig geliebt habe.

Gnaͤdige Tante,

Jn dieſem Augenblicke koͤmmt die Poſt. Laſſen
Sie nach Briefen fragen, und reiſſen Sie
mich aus einer Beaͤngſtigung, die mir unertraͤglich
wird. Jch zittre, wenn ich daran gedenke, daß
unſer guter Vater krank oder wohl gar ‒ ‒ ‒
Nein, das glaube ich nicht; das wird der Him-
mel nicht thun. Es war ja nur eine jugendliche
Thorheit. Sollte die ſo hart beſtraft werden, als
die groͤßte Bosheit? Wie ſehr muß ich fuͤr meine
Thorheit leiden, und wie groß muß die Angſt ei-

nes
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[310/0338] Satyriſche Briefe. wuͤrdet weniger fuͤhlen, wenn Jhr verſtockt waͤret. Gebe doch der Himmel, daß Eure Reue nicht zu ſpaͤt ſey! Der Augenblick wird es entſcheiden, da ich Briefe von unſerm Vater bekomme. Bis ich dieſe habe, kann ich Euch unmoͤglich ſprechen. Gebt Euch keine vergebne Muͤhe. Weder Euch, noch ſonſt einen Menſchen laſſe ich vor mich. Mei- ne Bedienten wiſſen die Urſache nicht. Traut mir die Ueberlegung zu, daß ich ihnen eine Sache nicht ſagen werde, die ich vor meiner vertrauteſten Freundinn geheim halten muß. Auf den Abend erwarte ich Briefe mit der Poſt. Jhr ſollt den Augenblick Nachricht davon haben. Gott laſſe ſie vergnuͤgt lauten! Wie ſehr werde ich mich er- freuen, wenn meine Sorge vergebens geweſen iſt, und wenn ich keine Urſache behalte, mich zu ſchaͤmen, daß ich Euch ſo aufrichtig geliebt habe. Gnaͤdige Tante, Jn dieſem Augenblicke koͤmmt die Poſt. Laſſen Sie nach Briefen fragen, und reiſſen Sie mich aus einer Beaͤngſtigung, die mir unertraͤglich wird. Jch zittre, wenn ich daran gedenke, daß unſer guter Vater krank oder wohl gar ‒ ‒ ‒ Nein, das glaube ich nicht; das wird der Him- mel nicht thun. Es war ja nur eine jugendliche Thorheit. Sollte die ſo hart beſtraft werden, als die groͤßte Bosheit? Wie ſehr muß ich fuͤr meine Thorheit leiden, und wie groß muß die Angſt ei- nes

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/338>, abgerufen am 24.11.2024.