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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
dem theile ich auch mein Vermögen. Mit der
Zeit soll beides ganz Jhre seyn. Wären Sie
weniger blöde, so würde ich mehr behutsam seyn,
Jhnen meine Empfindungen zu entdecken. Jhre
Liebe ist mir unschätzbar; wie groß wird das Ver-
gnügen noch alsdann seyn, wenn künftig einmal,
der Himmel gebe, so spät, als möglich, die Zei-
ten kommen, die uns bey einem herannahenden
Alter nöthigen, unsre Liebe in eine ernsthafte
Freundschaft zu verwandeln! Jch brenne vor Ver-
langen, Jhre Entschliessung aus Jhrem Munde
zu hören. Jch werde auf den Abend zu Hause
seyn. Wie jugendlich schlägt mein Herz, da ich
dieses schreibe! Jch zittre, aber nur vor Vergnü-
gen zittre ich. Wie entzückend wird der Augen-
blick seyn - - - Nein, mein Herr, mehr kann
ich nicht sagen. Bey nahe vergesse ich, daß ich
ein Frauenzimmer bin. Mit einem Worte, ich
liebe Sie. Pressen Sie mir kein offenherziger Be-
kenntniß ab.

Jch liebe Sie, und bin ganz
die Jhrige.


Die
Z 2

Satyriſche Briefe.
dem theile ich auch mein Vermoͤgen. Mit der
Zeit ſoll beides ganz Jhre ſeyn. Waͤren Sie
weniger bloͤde, ſo wuͤrde ich mehr behutſam ſeyn,
Jhnen meine Empfindungen zu entdecken. Jhre
Liebe iſt mir unſchaͤtzbar; wie groß wird das Ver-
gnuͤgen noch alsdann ſeyn, wenn kuͤnftig einmal,
der Himmel gebe, ſo ſpaͤt, als moͤglich, die Zei-
ten kommen, die uns bey einem herannahenden
Alter noͤthigen, unſre Liebe in eine ernſthafte
Freundſchaft zu verwandeln! Jch brenne vor Ver-
langen, Jhre Entſchlieſſung aus Jhrem Munde
zu hoͤren. Jch werde auf den Abend zu Hauſe
ſeyn. Wie jugendlich ſchlaͤgt mein Herz, da ich
dieſes ſchreibe! Jch zittre, aber nur vor Vergnuͤ-
gen zittre ich. Wie entzuͤckend wird der Augen-
blick ſeyn ‒ ‒ ‒ Nein, mein Herr, mehr kann
ich nicht ſagen. Bey nahe vergeſſe ich, daß ich
ein Frauenzimmer bin. Mit einem Worte, ich
liebe Sie. Preſſen Sie mir kein offenherziger Be-
kenntniß ab.

Jch liebe Sie, und bin ganz
die Jhrige.


Die
Z 2
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[355/0383] Satyriſche Briefe. dem theile ich auch mein Vermoͤgen. Mit der Zeit ſoll beides ganz Jhre ſeyn. Waͤren Sie weniger bloͤde, ſo wuͤrde ich mehr behutſam ſeyn, Jhnen meine Empfindungen zu entdecken. Jhre Liebe iſt mir unſchaͤtzbar; wie groß wird das Ver- gnuͤgen noch alsdann ſeyn, wenn kuͤnftig einmal, der Himmel gebe, ſo ſpaͤt, als moͤglich, die Zei- ten kommen, die uns bey einem herannahenden Alter noͤthigen, unſre Liebe in eine ernſthafte Freundſchaft zu verwandeln! Jch brenne vor Ver- langen, Jhre Entſchlieſſung aus Jhrem Munde zu hoͤren. Jch werde auf den Abend zu Hauſe ſeyn. Wie jugendlich ſchlaͤgt mein Herz, da ich dieſes ſchreibe! Jch zittre, aber nur vor Vergnuͤ- gen zittre ich. Wie entzuͤckend wird der Augen- blick ſeyn ‒ ‒ ‒ Nein, mein Herr, mehr kann ich nicht ſagen. Bey nahe vergeſſe ich, daß ich ein Frauenzimmer bin. Mit einem Worte, ich liebe Sie. Preſſen Sie mir kein offenherziger Be- kenntniß ab. Jch liebe Sie, und bin ganz die Jhrige. Die Z 2

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/383>, abgerufen am 18.10.2024.