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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Abhandlung von Sprüchwörtern.
die wichtigsten Ursachen, warum ich der Meynung
bin, daß man das sechste Gebot als ein Cärimoni-
algesetz ansehen, und es noch einige Zeit, bis sich
die äußerlichen Umstände ändern, beybehalten
möge.

Es wird freylich mehr Beredsamkeit erfodern,
zu beweisen, daß die Ehrlichkeit unentbehrlich sey,
und daß ihre Beybehaltung in unser ganzes Leben
und in unsre oekonomische Glückseligkeit einen so
merklichen Einfluß habe. Dennoch verzweifle ich
nicht ganz an meinem Vorhaben, und ich schmeichle
mir gewiß, da ein jeder nur auf seinen Nutzen
sieht, so werde auch ein jedweder seines eignen Nu-
tzens wegen meinen heilsamen Lehren und Vermah-
nungen Beyfall geben. Es betrifft hier nicht, wie
bey den ersten Puncten, die Seligkeit eines Men-
schen. So viel bescheide ich mich wohl, daß ich von
etwas wichtigerm handeln muß, wenn ich den Bey-
fall meiner Leser gewinnen will, und daß man mit
jenem nur Kinder, und alte Weiber zu fürchten
macht. Jch rede auch von etwas wichtigerm; ich
rede von ihren zeitlichen Vortheilen, von der Ver-
mehrung ihres Vermögens, von der Befestigung
ihres Glücks, mit einem Worte, von allem dem, was
uns in der Welt am nöthigsten, und vor allen Din-
gen, am liebsten ist; von dem rede ich. Wem die-
ses am Herzen liegt, und ich hoffe, es liege allen am
Herzen, der höre auf mich. Durch mich, durch
meine Vorstellungen, durch meine wohlgemeynten
Bemühungen, soll er groß, soll er angesehen, soll er

glück-
F 5

Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
die wichtigſten Urſachen, warum ich der Meynung
bin, daß man das ſechſte Gebot als ein Caͤrimoni-
algeſetz anſehen, und es noch einige Zeit, bis ſich
die aͤußerlichen Umſtaͤnde aͤndern, beybehalten
moͤge.

Es wird freylich mehr Beredſamkeit erfodern,
zu beweiſen, daß die Ehrlichkeit unentbehrlich ſey,
und daß ihre Beybehaltung in unſer ganzes Leben
und in unſre oekonomiſche Gluͤckſeligkeit einen ſo
merklichen Einfluß habe. Dennoch verzweifle ich
nicht ganz an meinem Vorhaben, und ich ſchmeichle
mir gewiß, da ein jeder nur auf ſeinen Nutzen
ſieht, ſo werde auch ein jedweder ſeines eignen Nu-
tzens wegen meinen heilſamen Lehren und Vermah-
nungen Beyfall geben. Es betrifft hier nicht, wie
bey den erſten Puncten, die Seligkeit eines Men-
ſchen. So viel beſcheide ich mich wohl, daß ich von
etwas wichtigerm handeln muß, wenn ich den Bey-
fall meiner Leſer gewinnen will, und daß man mit
jenem nur Kinder, und alte Weiber zu fuͤrchten
macht. Jch rede auch von etwas wichtigerm; ich
rede von ihren zeitlichen Vortheilen, von der Ver-
mehrung ihres Vermoͤgens, von der Befeſtigung
ihres Gluͤcks, mit einem Worte, von allem dem, was
uns in der Welt am noͤthigſten, und vor allen Din-
gen, am liebſten iſt; von dem rede ich. Wem die-
ſes am Herzen liegt, und ich hoffe, es liege allen am
Herzen, der hoͤre auf mich. Durch mich, durch
meine Vorſtellungen, durch meine wohlgemeynten
Bemuͤhungen, ſoll er groß, ſoll er angeſehen, ſoll er

gluͤck-
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[89/0111] Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern. die wichtigſten Urſachen, warum ich der Meynung bin, daß man das ſechſte Gebot als ein Caͤrimoni- algeſetz anſehen, und es noch einige Zeit, bis ſich die aͤußerlichen Umſtaͤnde aͤndern, beybehalten moͤge. Es wird freylich mehr Beredſamkeit erfodern, zu beweiſen, daß die Ehrlichkeit unentbehrlich ſey, und daß ihre Beybehaltung in unſer ganzes Leben und in unſre oekonomiſche Gluͤckſeligkeit einen ſo merklichen Einfluß habe. Dennoch verzweifle ich nicht ganz an meinem Vorhaben, und ich ſchmeichle mir gewiß, da ein jeder nur auf ſeinen Nutzen ſieht, ſo werde auch ein jedweder ſeines eignen Nu- tzens wegen meinen heilſamen Lehren und Vermah- nungen Beyfall geben. Es betrifft hier nicht, wie bey den erſten Puncten, die Seligkeit eines Men- ſchen. So viel beſcheide ich mich wohl, daß ich von etwas wichtigerm handeln muß, wenn ich den Bey- fall meiner Leſer gewinnen will, und daß man mit jenem nur Kinder, und alte Weiber zu fuͤrchten macht. Jch rede auch von etwas wichtigerm; ich rede von ihren zeitlichen Vortheilen, von der Ver- mehrung ihres Vermoͤgens, von der Befeſtigung ihres Gluͤcks, mit einem Worte, von allem dem, was uns in der Welt am noͤthigſten, und vor allen Din- gen, am liebſten iſt; von dem rede ich. Wem die- ſes am Herzen liegt, und ich hoffe, es liege allen am Herzen, der hoͤre auf mich. Durch mich, durch meine Vorſtellungen, durch meine wohlgemeynten Bemuͤhungen, ſoll er groß, ſoll er angeſehen, ſoll er gluͤck- F 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/111>, abgerufen am 23.11.2024.